Vortrag in der Reihe: Die Kunst des Erinnerns Das Ende des Terrors / Veranstaltung verschoben

Jörg Baberowski auf der Leipziger Buchmesse 2014 © Thomas Springer / CC0

Sa, 21.03.2020

19:00 Uhr

MMOMA Moskau Bildungszentrum

Im Fokus der Veranstaltungsreihe „Die Kunst des Erinnerns“ – ausgerichtet vom MMOMA mit Unterstützung des Goethe-Instituts – steht die Frage nach der kollektiven Erinnerung und ihrer Reflexion in der Kunst. Am 21. März beleuchtet der bekannte deutsche Historiker Jörg Baberowski die Ära Chruschtschows, der den Stalinismus beendete und zu einer gesellschaftlichen Liberalisierung beitrug.

 

Um die Gesundheit unserer Besucherinnen und Besucher zu schützen, verschieben wir alle für März und April geplanten Veranstaltungen auf ein späteres Datum. Sobald ein neuer Termin feststeht, informieren wir Sie umgehend. Wo möglich, stellen wir unsere Angebote auf Online-Formate um. Vielen Dank für Ihr Verständnis!

Anmeldung Am Anfang war das schlechte Gewissen. Auf dieser Grundlage vollbrachte Nikita Chruschtschow eine zivilisatorische Leistung, die ihresgleichen sucht. Chruschtschow war Handlanger Stalins gewesen, hatte sich mit Blut befleckt, aber er brachte den Mut auf, dem Schrecken ins Gesicht zu sehen und über ihn zu sprechen. Er handelte aus moralischem Impuls heraus, konnte aber nur erfolgreich sein, weil er nicht Diktator, sondern Moderator sein wollte. Vom Ende des Terrors hatten am Ende auch die Altstalinisten einen Gewinn.

Chruschtschow befreite die Sowjetunion vom Terror und der Allgegenwärtigkeit der Gewalt, gründete eine Herrschaftsform auf dem Prinzip der kollektiven Führung, auf Erwartungssicherheit und Berechenbarkeit. Millionen wurden aus den Lagern entlassen und kehrten aus der Verbannung zurück, überhaupt kam das Leiden von Millionen erstmals zur Sprache, wenngleich auf eine Weise, die der Frage der Zuweisung von Verantwortung und den Tätern selbst nicht nachging.

Als die Parteiführung eingestand, dass auch sie nicht unfehlbar ist, wurde sie eben durch ihr Eingeständnis fehlbar. Und so brachte die Entstalinisierung auch Kritiker und Dissidenten in die Welt. Der Stalinismus war gestorben, als es möglich wurde, über die Führungsebene zu lachen. „Er gab uns das Lachen zurück“, so hat es der Schriftsteller Andrej Bitow über Chruschtschow gesagt.

PROF. DR. JÖRG BABEROWSKI

24.03.1961 geboren in Radolfzell, Kreis Konstanz
1982 Abitur am Campe-Gymnasium in Holzminden, Niedersachsen
1982-1988 Studium der Geschichte und Philosophie an der Universität Göttingen
1988 Magisterexamen in den Fächern Geschichte und Philosophie. Thema der Magisterarbeit: "Politische Justiz im ausgehenden Zarenreich 1864-1917"
1989-1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Osteuropäische Geschichte an der Universität Frankfurt am Main
1994 Promotion zum Doktor der Philosophie an der Historischen Fakultät der Universität Frankfurt am Main. Titel der Dissertation: "Autokratie und Justiz. Zum Verhältnis von Rechtsstaatlichkeit und Rückständigkeit im ausgehenden Zarenreich 1864-1914", erschien 1996 als Buch

1994-2000
Assistent am Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde der Universität Tübingen
2000 Annahme der Habilitationsschrift „Auf der Suche nach Eindeutigkeit. Zivilisatorische Mission, Nationalismus und die Ursprünge des Stalinismus in Azerbajdžan
1828-1941“ durch die Geschichtswissenschaftliche Fakultät der Universität Tübingen. Erschien 2003 als Buch unter dem Titel: "Der Feind ist überall. Stalinismus im Kaukasus"

2001 Habilitationscolloquium und Verleihung der Venia Legendi für Osteuropäische Geschichte durch die Geschichtswissenschaftliche Fakultät der Universität Tübingen
2001/2002 Vertretung des Lehrstuhls für Osteuropäische
Geschichte an der Universität Leipzig

seit 2002 Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin
2012 Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie "Sachbuch/Essayistik" für das 2012 erschienene Buch "Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt"
 
Prof. Baberowski ist Mitglied im Herausgeberkreis zahlreicher historischer Fachzeitschriften und Buchreihen, in Fachbeiräten und wissenschaftlichen Institutionen sowie bekannter Buchautor.

 

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