Krasnojarsk | Ausstellung Fabrik. Zirkulation von Daten, Waren und Menschen

Fabrik_Kras © Goethe-Institut

Do, 19.04.2018 –
So, 01.07.2018

Museumszentrum "Platz des Friedens"

Vom 19. April bis 5. August präsentiert das Krasnojarsker Museumszentrum "Platz des Friedens" die Ausstellung "Fabrik", die zunächst im deutschen Nationalpavillon auf der Internationalen Biennale für zeitgenössische Kunst in Venedig (2015) zu sehen war.

Zu den Exponaten gehört ein Computerspiel, das sich mit dem ideologischen Versprechen auseinandersetzt, das Internet sei ein offenes Medium, zu dem jeder etwas beitragen könne. Stattdessen werden die Spieler zur Marionetten der Technologie. Eine Installation thematisiert das Recht afrikanischer Flüchtlinge auf den Verbleib im Land ihrer Auswanderung. Ein weiteres Projekt zeugt im Film und Zeichnungen von den Demütigungen der Bevölkerung durch die Behörden. Eine Filmarbeit dokumentiert die Theateraufführung auf dem Dach eines Hauses: hier wird die Dialektik von Freiheit und Bedrohung sichtbar gemacht – an der Grenze zwischen Spiel und Realität.

Das Rotationsmotiv ist ein roter Faden, der sich durch alle Werke der Ausstellung zieht: es geht um die Zirkulation von Bildern, Menschen und Gütern. In diesem Sinne greift auch die Präsentationsform des "mobilen Pavillons" das Motiv der Bewegung auf.

Darüber hinaus stellen alle Projekte die Frage nach den Möglichkeiten von Partizipation: Wie ist es jedem Einzelnen möglich, an gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben? Wie gelingt politische Repräsentation? Das wirkt umso dringlicher, als die Vormachtstellung der Ökonomie längst etabliert scheint. Bietet das Internet noch einen Spielraum für freies Handeln? Welche Formen kann gesellschaftlicher Protest annehmen – heute und in der Zukunft? Vor diesem Hintergrund entfalten die Arbeiten von Hito Steyerl, Tobias Zielony, Jasmina Metwaly / Philip Rizk und Olaf Nicolai ihre Brisanz. Sie zeigen zugleich, wie unterschiedlich sich die Probleme in den verschiedenen Regionen der Welt darstellen.
 
  • Fabrik_Krasnojarsk1 © Goethe-Institut Nowosibirsk/Georgij Golosow
  • Fabrik_Krasnojarsk 2 © Goethe-Institut Nowosibirsk/Georgij Golosow
  • Fabrik_Krasnojarsk 2 © Goethe-Institut Nowosibirsk/Georgij Golosow
  • Fabrik_Krasnojarsk 4 © Goethe-Institut Nowosibirsk/Georgij Golosow
  • Fabrik_Krasnojarsk 5 © Goethe-Institut Nowosibirsk/Dmitrij Stifonow
  • Fabrik_Krasnojarsk 6 © Goethe-Institut Nowosibirsk/Dmitrij Stifonow
  • Fabrik_Krasnojarsk 7 © Goethe-Institut Nowosibirsk/Dmitrij Stifonow
Olaf Nicolai (geb. 1962, Halle (Saale), lebt und arbeitet in Berlin) hat eine Reihe interdisziplinärer Projekte entwickelt, die die elementaren Erfahrungen von Raum, Zeit und Körperlichkeit hinterfragen. Sei es ein Science-Fiction-Roman, ein Musikstück oder Prozesse des Industriehandwerks – Nicolai agiert als Grenzgänger zwischen einem bestimmten Raum und konzeptionellen Formen, um so soziales Verhalten in der Spannung zwischen konkreter Erfahrung und abstrahierender Kontextualisierung zu thematisieren. Indem er mit Wiederholung und Sequenzierung arbeitet, entwickelt er seine eigene Repräsentationskritik und macht unvertraute Kontexte sichtbar.
 
Jasmina Metwaly (geb. 1982, Warschau, Polen, lebt und arbeitet in Kairo, Ägypten) ist Mitbegründerin des Medienkollektivs Mosireen, das sich während der Revolution 2011 in Ägypten formierte, um eine Plattform für den Bürgerjournalismus und ein Archiv der Revolution zu etablieren. In ihrer gemeinsamen Arbeiten geht es um neue Wege der Partizipation des Menschen als Subjekt seiner Geschichte und um neue Formen der filmischen und politischen Repräsentation.
 
Philip Rizk (geb. 1982, Limassol, Zypern, lebt und arbeitet in Kairo, Ägypten) ist Filmemacher und Autor. Zusammen mit Jasmina Metwaly gründete Rizk 2011 das Videokollektiv "intifadat intifadat" und produzierte eine Reihe von Videos mit dem Titel Remarking January 25. Seit 2011 ist Rizk ein Mitglied des Medienkollektivs Mosireen. Seine Texte sind in verschiedenen Sammelbänden, dem Journal of Human Geography und auf verschiedenen Websites erschienen.

Tobias Zielony (geb. 1973, Wuppertal, lebt und arbeitet in Berlin) studierte Dokumentarfotografie an der University of Wales und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Ausgangspunkt seiner Arbeit war zunächst die Beobachtung einer globalen Jugendkultur. In den vergangenen Jahren setzen sich seine Fotografien und Filme mit marginalisierten  Gruppen in kapitalistischen Gesellschaften auseinander. Sie reflektieren tradierte fotografische Erzählweisen und lassen sich als Alternative zu den hergebrachten Formen der dokumentarischen Präsentation lesen. Die Kamera begreift Zielony als Bühne für seine Protagonisten.
 
Hito Steyerl (geb.1966) lebt und arbeitet als Kunstlerin, Filmemacherin und Autorin in Berlin. Filme und Essays nehmen das digitale Bild zum Ausgangspunkt, um in eine Welt vorzudringen, in der die Strategien der Blendung sich als kollektives Verlangen manifestieren. Wenn also Krieg, Genozid, Kapitalstrom, Digitalmüll und Klassenkampf immer teilweise innerhalb von Bildern stattfinden, haben wir es nicht mehr länger mit der Virtualität, sondern mit einer irritierenden und potenziell fremden Dinglichkeit zu tun, die wir gerade erst zu begreifen beginnen.

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