Neuer Jazz SCHLIPPENBACH TRIO
beim Festival Jazz im Herbst / 7+

Schlippenbach-Trio © Caroline Forbes

Sa, 07.10.2017

20:00 Uhr

Kulturzentrum „Dom“ Moskau

Das dritte Konzert des Festivals „Jazz im Herbst“

Lebendige Geschichte
 

Das Alexander von Schlippenbach Trio ist im Epizentrum der Neuen Musikszene entstanden, die durch Freie Improvisation geprägt war. Diese Musik löste in den 1960еr- und 1970еr-Jahren Hysterie, Zorn, Angst, Verachtung, Ekstase aus, sie ließ niemanden kalt. Dabei ist das Schlippenbach Trio bis heute ein lebendiges, sich entwickelndes Ensemble und versetzt sein Publikum zu jedem Zeitpunkt seines Auftritts in Erstaunen. Trotz seiner langen Geschichte hat das Trio nicht viele Alben veröffentlicht, dabei erschien der größte Teil davon erst in den letzten Jahren.

Jazz ist in der DNA des Trios enthalten. Dank der kompositorischen Gabe Schlippenbachs vermischen sich Freie Improvisation, Bebop, Blues, Geräusche, «Soundwalls» in der markanten musikalischen Textur des Trios. Die Geschichte der Freien Improvisation ist ohne das Alexander von Schlippenbach Trio einfach unvorstellbar.

Alexander von Schlippenbach (geb. 1938) ist einer der Gründerväter der europäischen Freien Improvisation. Er studierte Komposition bei Bernd Alois Zimmermann, spielte mit dem Vibraphonisten Gunter Hampel und dem Trompeter Manfred Schoof zusammen. 1966 kam es im Rahmen der Berliner Jazztage zur ersten Aufführung des anarchistischen und gleichzeitig elitären Globe Unity Orchestra. Das war etwas ganz Neues, Unerhörtes. Dort trafen Musiker aus Europa und Amerika aufeinander: Evan Parker, Peter Brötzmann, Peter Kowald, Sven-Åke Johansson, Willem Breuker, Albert Mangelsdorff, Derek Bailey, Han Bennink, Paul Litten und sogar Jaki Liebezeit, der anschließend die Band Can mitgründete.
 
Ende der 1980er-Jahre gründete Schlippenbach das Berlin Contemporary Jazz Orchestra, das Kompositionen von seinen Mitgliedern Misha Mengelberg, Kenny Wheeler, Willem Breuker und natürlich von Schlippenbach selbst spielte. In den letzten zwanzig Jahren faszinieren den Musiker Kompositionen von Thelonious Monk. Schlippenbach ließ Monk-Themen in seine Solokonzerte ebenso wie in das Spielen mit diversen Kleinformationen einfließen. Die Magie von Monk führte Alexander von Schlippenbach auch zu „Monk’s Casino“. Bei Schlippenbach verflechten sich oft einander widersprechende Eigenschaften: vielfältige kompositorische Denkweise, wahre Liebe zur Jazz- Syntax und fast  punk-artige, durch nichts behinderte Manifestation musikalischer Freiheit auf der Bühne.
 
Der britische Saxophonist Evan Parker (geb. 1944) ist einer der angesehensten europäischen Musiker, die Freie Improvisation aus der Taufe gehoben und einen bedeutenden Beitrag  zu  ihrer Geschichte geleistet haben. Evan Parker hat sein Spiel in einer Vielzahl unterschiedlicher Konstellationen entwickelt. Er zählt zum „Stamm“ großer Ensembles improvisierender Musiker wie dem „Globe Unity Orchestra“ von Schlippenbach, dem niederländischen „Instant Composers Pool“ um den Schlagzeuger Han Bennink, dem Londoner „Spontaneous Music Ensemble“ um John Stevens und Trevor Watts. Evans nahm an der Aufnahme des Albums „Machine Gun“ des Peter Brötzmann Oktett teil. Die Kollaborationen Parkers mit anderen Musikern stellen ein Kaleidoskop der Extreme dar: Er arbeitete mit Keith Rowe und Eddie Prévost, Michael Nyman und John Zorn, Kenny Wheeler und Anthony Braxton,  Thurston Joseph Moore und Spring Heel Jack zusammen. 1992 gründete der britische Saxophonist sein Electro-Acoustic Ensemble. Parker experimentiert ständig am Saxophon und hat bei der Erforschung der Saxophontechniken die vorstellbaren Grenzen überschritten. Seine ganz eigene Klangwelt, experimentelle Denkweise und unverwechselbare Spielart machen Parker zu einem der gefragtesten Improvisatoren weltweit.

Der deutsche Schlagzeuger und Perkussionist Paul Lovens (geb. 1949) wirkte zunächst in verschieden Jazz- und Populärmusikgruppen mit. Von 1969 an arbeitete er ausschließlich als Improvisator. Lovens entwickelte seinen eigenen einmaligen Stil und eigene perkussionistische Signatur. Auf vornehmlich selbstgebautem oder eigens zusammengestelltem Instrumentarium bereichert er die Free Jazz-Landschaft um melodische Perkussion, schafft sich auch Zusatzklangquellen, bis hin zur „singenden Säge“. Lovens hat – neben Alexander von Schlippenbach – mit nahezu allen führenden Musikern des Free Jazz und der freien Improvisation zusammengearbeitet. Legendär sind seine Duos mit Cecil Taylor, Toshinori Kondo, Eudgene Chadborne, Paul Lytton, Thomas Lehn, Frank Gratkowski und Mats Gustafsson. In diesen Kollaborationen präsentiert sich Lovens als echter Meister seines Handwerks, schafft faszinierende Klangbilder und leistet ohne Mühe seine Millimeterarbeit.
Text von D. Burygin

Besetzung:
Alexander von Schlippenbach - Klavier
Evan Parker - Saxophon
Paul Lovens - Schlagzeug

Zur Festivalseite „Jazz im Herbst"
 

Zurück