Moskau│Ausstellung Die idealen Räume von Julian Faulhaber

Julian Faulhaber. Tankstelle, 2008 © Julian Faulhaber/VG Bildkunst Bonn/RAO

Mi, 31.01.2018 –
So, 15.04.2018

Zentrum für Fotografie „Brüder Lumiere“

Erstmals in Russland präsentiert das Zentrum für Fotografie „Gebrüder-Lumière“ mit Unterstützung des Goethe-Instituts eine Einzelausstellung des deutschen Fotografen Julian Faulhaber. Gezeigt werden Arbeiten aus dem Projekt „LDPE“, an dem Julian Faulhaber seit 2003 arbeitet. Schon der Titel verweist auf die Künstlichkeit der fotografierten Räume. Das synthetische Material LDPE (Low Density Polyethylene) wird vor allem für Plastiktüten und -folien verwendet und beherrscht unseren Alltag, in dem die Verpackung oft wichtiger ist als der Inhalt. „Es ist der Lebensstil, der unser Heute definiert“, so der Fotokünstler.

Im Blickfeld Faulhabers befinden sich real existente öffentliche Räume in Deutschland, Japan und den USA: Tankstellen, Handelscenter, Kinos, Parkplätze — Orte, die uns tagtäglich umgeben. Er fotografiert diese Objekte zu einem Zeitpunkt, an dem der Bau abgeschlossen, die Konstruktion aber noch nicht ihrer Bestimmung übergeben ist und die ideale Form des Errichteten noch nicht vom Benutzer beeinträchtigt.

Julian Faulhabers Vorgehensweise beruht auf einer zeitintensiven Recherche. Der Fotograf wählt seine Foto-Objekte mit äußerster Sorgfalt, indem er durch die Stadt streift, in Architektur- und Designzeitschriften blättert und im Internet surft. Nach der Auswahl des Ortes verfolgt er alle Bauetappen, bis das Objekt fertig ist. „Es ist auch ein Teil des Arbeitsprozesses: Ich beobachte, wie sich der Bau entwickelt und wie sich die Oberflächen verändern. Das erinnert an die Studioarbeit an einem Gemälde, das sich jeden Tag verändert."

Die vollendeten, jedoch noch nicht benutzten Konstruktionen muten so perfekt an, dass man den Eindruck hat, sie seien am Computer entwickelt worden. Die Objekte, die die Fotos von Faulhaber zeigen, sind dennoch in ihrem natürlichen Zustand festgehalten. Der Künstler verzichtet auf jegliche digitale Bearbeitung und benutzt auch keine zusätzlichen Lichtquellen. Er fotografiert mit einer Großbildkamera und einer langen Expositionszeit, wodurch sich alle Details äußerst genau festhalten lassen. Die menschenleeren Räume erinnern an Bühnenbilder, die auf Schauspieler warten. Die geometrische Präzision und der Linienrhythmus, die satten Farben und das hermetisch leere Bild verleihen den Arbeiten kompositorische Spannung und innere Dramatik. 

Die Arbeiten des jungen Fotokünstlers werden gerne mit dem Schaffen von Thomas Demand oder bekannter Vertreter der Düsseldorfer Schule wie Andreas Gursky und Thomas Struth verglichen. Die Klasse von Bernd und Hilla Becher prägte den Werdegang vieler herausragender Vertreter der konzeptuellen Fotografie. In Faulhabers Arbeiten findet der Betrachter ein ähnliches Interesse für die Baukunst und den öffentlichen Raum, eine besondere Einstellung zur Farbe und zum Rhythmus der Komposition, die Liebe zum Detail und die maximale Detaillierung, die den „Düsseldorfern“ eigen sind, die in den 1970/80er-Jahren die Welt der Kunstfotografie umorientiert und in den Kontext der modernen Kunst integriert haben.

Julian Faulhaber ist Inhaber vieler Preise in der Sparte Fotografie, darunter der Reinhart-Wolf-Preis (2006), der Körber Photo Award (2007), der Saar-Förderpreis für junge Kunst (2006) und der Real Photography Award (2006) sowie Preise der Deutschen Börse (2011). Bilder Julian Faulhabers erschienen in vielen Magazinen, darunter in Art Forum, The New York Times Magazine, DamnMagazine, Foam Magazine und Departure Magazine, und wurden in Andres Mario Zervigons Buch  „Photography and Germany“ (2017) aufgenommen. Seine Arbeiten befinden sich in privaten und staatlichen Fotosammlungen, darunter im Metropolitan Museum (New York, USA) und in den Kunstmuseen von Harvard (Cambridge, USA) und Princeton (Princeton, USA).

 Kuratiert von Natalia Gerassina

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