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Hanna Makowka: Mode in Düsseldorf
​Düsseldorf - die geheime Modehauptstadt?

Modegeschäft
© Colourbox

Von Hanna Makowka

Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts drehte sich in Sachen Mode in Deutschland alles um Berlin. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Hauptstadt in Schutt und Asche. 80% der Berliner Modebetriebe waren zerstört, ihre größtenteils jüdischen Besitzer*innen waren geflohen oder ermordet – und spätestens mit der Blockade Berlins durch die Sowjetunion war im Jahr 1948 klar, dass die Stadt nicht mehr der Nabel der Modewelt sein konnte.

Es wurde ein neuer Standort gesucht und gefunden: Düsseldorf. Im Jahr 1949 fand hier eine große Modenschau unter freiem Himmel statt. So eine Straßenmodenschau hatte es vorher noch nie gegeben. 120 Models präsentierten auf Düsseldorfs schicker Einkaufsmeile, der „Kö“ (Königsallee), die neueste Mode und mehr als 15.000 Besucher*innen schauten ihnen dabei zu.
 
Düsseldorf ein Modestandort

Im gleichen Jahr veranstaltete die Düsseldorfer „Interessengemeinschaft Damenoberbekleidung“, kurz: Igedo, die erste Mode-Fachmesse der Welt. Mit gerade mal 24 Aussteller*innen war die Düsseldorfer Messe nicht besonders groß, aber die Botschaft war klar: Düsseldorf wollte sich als Modestadt etablieren.
 
In den Jahren darauf vervielfachte sich die Anzahl an Aussteller*innen, 1969 waren es erstmals mehr als 1.000. Als 1982 die Modemesse „Collections Premieren Düsseldorf“ (CDP) in Düsseldorf eingeführt wurde, machte sich die Rhein-Metropole auch international einen Namen in der Modebranche. Zu Hochzeiten kamen zur CPD mehr als 2.700 Aussteller*innen.
 
2012 erkannte die Düsseldorfer Modeindustrie, dass Showrooms den traditionellen Messen den Rang abliefen. Kurzerhand wurde 2012 die CPD eingestellt und das Konzept in Düsseldorf angepasst. Seither gibt es die „Düsseldorf Fashion Days“ (DFD). Unter diesem Namen empfängt Düsseldorf eine Woche lang internationale Mode-Einkäufer*innen, die hier in einem der 600 Showrooms Ware für die nächste Saison ordern können.
 
Düsseldorf und die Textilregion

Düsseldorf als Modestandort ist noch jung, aber die Textilgeschichte des umliegenden Rheinlands dafür umso länger. Die Nachbarstadt Krefeld trägt stolz den Namen „Seidenstadt“.  Im 18. Jahrhundert hatte Krefeld sogar eine Monopolstellung in der Seidenverarbeitung und im Seidenhandel. Die Hälfte der Bevölkerung lebte damals von der Seidenindustrie.
 
Das benachbarte Mönchengladbach steht für einen anderen besonderen Stoff: Leinen. Hier wurde jahrhundertelang Flachs gesponnen, später verarbeitete man Baumwolle. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts liefen in Mönchengladbach zeitweise 1,2 Millionen Spindeln und 20.000 mechanische Webstühle. Noch heute ist die Stadt ein wichtiger Textilstandort. An der Hochschule wird beispielsweise der deutschlandweit einzigartige Studiengang „Textil- und Bekleidungstechnik“ gelehrt.
 
Düsseldorf liegt also inmitten einer Textilregion – es ist daher nicht verwunderlich, dass es sich nach und nach zu einer Modestadt entwickelte.

Mode als Wirtschaftsfaktor
 
Einige namenhafte Textilunternehmen haben Düsseldorf, die Mode-Stadt am Rhein, als Standort gewählt, so zum Beispiel C&A oder P&C Düsseldorf. Laut eines Rankings des Fachmagazins Textilwirtschaft ist C&A sogar der drittgrößte Textilhändler Deutschlands, P&C Düsseldorf liegt auf Platz acht. Die beiden Unternehmen haben allein im Jahr 2019 zusammen mehr als 3,5 Milliarden Euro umgesetzt. Für Düsseldorf ist die Modeindustrie ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor.
 
Das zeigt sich auch im direkten Vergleich zur anderen deutschen Modestadt Berlin: Rund 18 Milliarden Euro setzte die gesamte Modeindustrie 2019 in Düsseldorf um – fast dreimal so viel wie Berlin.
 
Düsseldorf als Einkaufsstadt beliebt

Nicht nur bei Einzelhändler*innen, sondern auch unter Shopping-Begeisterten, ist Düsseldorf beliebt, wie eine Studie zur Passantenfrequenz von 2018 zeigt: In den Top-Ten der beliebtesten deutschen Einkaufsstraßen befanden sich gleich zwei in Düsseldorf. Die Flinger Straße in der Altstadt und die Schadowstraße im Zentrum kommen jeweils auf über 9000 Besucher*innen pro Stunde. Etwas ruhiger geht es auf der Düsseldorfer Königsallee zu, denn hier setzt man auf Kaufkraft statt auf Masse. Mit knapp 5000 Passant*innen pro Stunde war die „Kö“, nach der Stuttgarter Stiftstraße, die zweitbeliebteste Luxusmeile in Deutschland. Hier finden sich zahlreiche Designer- und Luxusgeschäfte. Nicht zuletzt ein Grund für Düsseldorfs Ruf, „versnobt“ daher zu kommen, vor allem im Vergleich zu anderen Großstädten wie Köln oder Berlin.
 
Düsseldorf vs. Berlin: Wer ist Deutschlands „Modehauptstadt“?

Unterschiedlicher könnten beide Mode-Städte kaum sein. Berlin gilt als hippe, schnelllebige Stadt, wo coole Trends gesetzt werden. Düsseldorf hingegen ist elegant und vornehm, kleiner als Berlin und eher familiär. So stehen beide Metropolen auch für verschiedene Dinge. „In Berlin wird gefeiert, in Düsseldorf gearbeitet“, heißt es in der Modewelt scherzhaft. Während es in Berlin um große Modenschauen und aufwändige Inszenierungen von neuen Kollektionen geht, dreht sich in Düsseldorf viel mehr um das Geschäftliche. In Berlin können Einzelhändler*innen einen ersten Blick auf die Mode werfen – und in Düsseldorf kann sie dann geordert werden. Letztendlich funktionieren sie nebeneinander als „Modehauptstadt“-Konkurrenten ganz gut und stehen gemeinsam an Deutschlands Mode-Spitze.
  
Quellenverzeichnis:

Aus „CPD“ werden die „Düsseldorf Fashion Days“: Neue Dachmarke bündelt Ordergeschäft und Kommunikation am Modestandort Düsseldorf, aufgerufen am 21.06.2021.

Berndt, Marcel: Berlin hat den Glamour, Düsseldorf das Geld, in: Welt, 26.07.2014, aufgerufen am 21.06.2021.

Die größten Bekleidungseinzelhändler in Deutschland 2019, in: Textilwirtschaft, aufgerufen am 21.06.2021.

Haas-Pilwat, Dagmar: Die Vergangenheit der Modemesse, in: Rheinische Post, aufgerufen am
21.06.2021.

Igedo Company: Historie, aufgerufen am 21.06.2021,

Wie die Mode nach Düsseldorf kam, aufgerufen am 21.06.2021.

JLL: Deutschlands beliebteste Einkaufsmeilen. Ergebnisse der JLL-Passantanzählung 2018, aufgerufen am 21.06.2021.

Oxford Economics: Status Deutscher Mode 2021, aufgerufen am 21.06.2021.

Posny, Harald: Die bedeutendste Modemesse der Welt in Düsseldorf wird 50, in: Welt, 31.07.1999, aufgerufen am 21.06.2021.

Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Berlin: Mode made in Berlin, aufgerufen am 21.06.2021.

Stadt Düsseldorf: CPD-Ordertage, 09.01.2019, aufgerufen am 21.06.2021.

Stadt Düsseldorf: Wirtschaftsstandort, Daten&Fakten. Mode und Beauty, aufgerufen am 21.06.2021.

Statista Research Department: Städte mit dem höchsten Einzelhandelsumsatz mit Damenbekleidung in Deutschland 2011, aufgerufen am 21.06.2021.

Tageeschau24: Wie die Mode nach Düsseldorf kam, aufgerufen am 21.06.2021.

Textil e.v.: Seidenstadt Krefeld, aufgerufen am 21.06.2021.

TextilTechnikum. Eine Sammlung der Stadt Mönchengladbach: Textile Vergangenheit, aufgerufen am 20.06.2021.

Wiessner, Karsten: Historisches Mönchengladbach. Die Textilindustrie, aufgerufen am 21.06.2021. 
 

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