Neues Leben für eine ruhige Oase

Eine Straße umringt von Häusern. Dort laufen mehrere Menschen, E-Roller stehen auf dem Bürgersteig. An einer Häuserwand hängen die Fahne des Goethe-Instituts. © Naseem Quraishi-Larsson

Obwohl die Bryggargatan nur eine kleine Nebenstraße zur beliebten Drottninggatan ist, liegt sie dennoch „mittendrin“. Eine Gegend, in der schon vor hunderten von Jahren Menschen zusammengekommen sind. Ein buntes Treiben mit vielen Handwerksbetrieben. Auch heute noch ist die Handwerkstradition in Form von Schneidereien und Friseursalons lebendig. Viele Menschen, die sich heute auf der Straße angesiedelt haben, sind oft weitgereist und vermitteln begeistert ihre Kultur.

Die Gegend spiegelt auch die Entwicklung zu einem gehobeneren Viertel für Besucher*innen wider, mit Veranstaltungsorten, Hotels und Restaurants, die zahlreich auf der Straße vertreten sind. Früher gab es hier auch Kinos und Theater sowie den Sitz des Tempelordens, der als Treffpunkt diente. Heute trifft man sich zu kulturellen Veranstaltungen in der Bibliothek, die sich das spanische Instituto Cervantes und das deutsche Goethe-Institut teilen. Auch andere Orte auf der zentral gelegenen Straße laden zum gemeinsamen Verweilen ein.

Die stilvollen Gebäude sind jedoch erst nach und nach dazugekommen. Mehrere große Brände haben das Stadtbild stark verändert, aber dadurch auch den Boden für Modernisierungen bereitet. Zu Beginn gehörte zu den Straßenzügen in diesem Viertel eine Kirche, die stattliche Klarakirche ist noch immer von der Bryggargatan aus zu sehen. Obwohl sie während einer der Stadtbrände inwendig ausbrannte, ist das imposante Gebäude noch immer eine Sehenswürdigkeit, die dem Klara-Viertel seinen Charakter verleiht.

Geschichte der Straße


Die alten Holzhäuser, die organisch gewachsen waren, wurden nach dem ersten großen Brand im 17. Jahrhundert durch eine geradlinige Stadtplanung sowie eindrucksvolle Steinhäuser ersetzt. Der letzte Brand 1751 war dann der Auftakt für mehr Glanz und Glamour. Die Drottninggatan mit ihren Bekleidungsgeschäften wurde immer beliebter und im Volksmund „Schickimickimeile“ genannt. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Gegend zu einem Hotel- und Restaurantviertel - eine Tradition, die weiterhin wächst und gedeiht. In den 60er- und 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurden trotz großer Proteste viele alte Häuser abgerissen, um den heutigen modernen Gebäuden Platz zu machen.

Das Hotel Freys auf der Bryggargatan wurde 1989 eröffnet. Sein Aushängeschild ist das belgische Restaurant „Belgobaren“, in dem man alle Mahlzeiten – vom Frühstück bis zum Abendessen – verzehren kann. Damals war es noch recht ruhig in der Straße gewesen, aber mittlerweile finden immer mehr Tourist*innen zum Hotel und zu den Restaurants auf der Bryggargatan. Glücklicherweise haben sowohl das Hotel, die Restaurants als auch andere Unternehmen die herausfordernde Corona-Pandemie überlebt. Alles etablierte und erfolgreiche Orte, die um ihr Bestehen kämpfen mussten. Für viele Besitzer*innen war die Bryggargatan ein fester Bestandteil ihres Alltags geworden. Trotz familiären Veränderungen und Umzügen, die Bryggargatan blieb ihr zu Hause. Denn warum sollte man ein erfolgreiches Konzept verwerfen!

Es ist schon lange her, dass das Viertel aufgrund von Prostitution in der näheren Umgebung verrufen war. Und noch viel früher war es der Sitz für schmutzige und übel riechende Betriebe, wie Schlachtereien und Gerbereien. Die Bryggargatan hat ihren Namen aber natürlich von der Brauereibranche, da viele Braumeister in der Straße wohnten.

Sie war allerdings nicht immer eine ruhige Straße im Verborgenen. Die Bryggargatan wurde auch allgemein bekannt, weil sich hier 1889 die erste Ärztin mit eigener Praxis ansiedelte. Die Schlange der Patient*innen reichte hinaus bis auf die Straße vor der Hausnummer 6, in der Karolina Widerström ihre gynäkologische Sprechstunde anbot. Das war nicht von allen gern gesehen, denn sie war ihrer Zeit voraus, und scheute sich nicht vor Tabuthemen. Sie setzte sich ebenfalls für sexuelle Aufklärung und das Frauenwahlrecht ein.

Das Hotel Hellman auf der Bryggargatan wurde berühmt, weil der junge Dichter Dan Andersson 1920 während einer Bettwanzenausräucherung versehentlich an einer Zyanidvergiftung starb. Das Klara-Viertel war damals ein Zeitungsviertel gewesen, und Dan Andersson hielt sich im Hotel auf, weil er sich bei der Zeitung Socialdemokraten um eine Stelle beworben hatte.

Auf der Bryggargatan endet 2010 ein missglückter Terroranschlag, wobei der Täter von seiner eigenen Bombe getötet wurde. Man geht jedoch davon aus, dass die Bombe für die belebte Drottninggatan gedacht war, der Täter sich jedoch in die Nebenstraße zurückgezogen hatte, um ein Detail mit der Sprengladung zu kontrollieren. Das Ereignis hat jedoch keine tieferen Spuren in der Straße hinterlassen.

Hier in der Bryggargatan fühlt man sich sicher, und man möchte gerne hier bleiben. Eine kleine Gemeinschaft, in der sich viele über die Jahre persönlich kennengelernt haben. Viele wollen außerdem expandieren. Auch für die Restaurants und Außengastronomie läuft es gut, die der Straße mehr Leben eingehaucht haben. Und es sind noch weitere Lichtblicke und Aktivitäten für die Zukunft geplant.

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