Internationales Symposium Museal Episodes (Museumsepisoden)

Museal Episodes © Moderna galerija

Mi, 06.11.2019 –
Do, 07.11.2019

15:00 Uhr – 13:00 Uhr

Moderna galerija

Museal Episodes

Kunst und ihre Institutionen im Kampf gegen Populismus

Museal Episodes (Museumsepisoden), Ljubljana
Internationales Symposium
 
DIE KUNST UND IHRE INSTITUTIONEN IM KAMPF GEGEN DEN POPULISMUS
 
6. und 7. November 2019
Moderna galerija, Ljubljana
 
 
Im November findet in der Moderna galerija in Ljubljana in Kooperation mit der Slowenischen Buchagentur JAKRS das Symposium „Die Kunst und ihre Institutionen im Kampf gegen den Populismus“ statt. Museumsdirektoren, Kustoden und andere Akteure auf dem Gebiet der modernen und zeitgenössischen Kunst werden sich daran beteiligen.
 
Die Slowenische Buchagentur JAKRS hatte im Rahmen der Vorbereitungen für das Projekt „Slowenien – Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2022“ die Idee für eine internationale Konferenz, weswegen auch Museumsdirektoren und Kustoden aus Frankfurt eingeladen wurden. Bei der Konferenz werden vor allem aktuelle Probleme der zeitgenössischen Kunstwelt erörtert, während im Zuge eines Workshops auch praktischere Fragen der internationalen Zusammenarbeit von verschiedenen Akteuren auf dem Gebiet der zeitgenössischen Kunst behandelt werden sollen.
 
Das Symposium ist angelehnt an die Resultate des dreijährigen Austauschprojekts verschiedener Akteure auf dem Gebiet der zeitgenössischen Kunst und ihrer Institutionen weltweit, Museal Episodes, ins Leben gerufen vom Goethe-Institut São Paulo. Die Debatten im Rahmen dieses Projekts fanden auf mehreren Kontinenten statt, um somit einen konkreten Kontext zu schaffen. Der rote Faden lautete „Süden“, ein Begriff, der über die politische Dimension hinausgeht. Den Süden beschreiben einige Mitwirkende der Museal Episodes auch als „Geisteszustand“, man könnte auch sagen als Erfahrung jedes Einzelnen, der außerhalb des hyperregulierten und hyperprofessionalisierten Nordens aktiv ist, wo sich nach wie vor die Wirtschafts- und Kulturmachtzentren befinden.
 
Das Symposium in Ljubljana wird versuchen, die Themen der Museal Episodes fortzuführen und auszubauen, vor allem im Hinblick auf die aktuellen Umstände, in denen wir in Europa und in der Welt leben und die wir mit immer dramatischeren Worten beschreiben. Der Begriff Faschismus steht mittlerweile schon auf der Tagesordnung, weshalb verstärkt Kritik an seinem übermäßigen Gebrauch laut wird. Doch auch wenn man das Wort Faschismus zur Umschreibung der aktuellen Lage als Übertreibung empfindet, kann man nicht widersprechen, dass der Begriff Populismus passt wie die Faust aufs Auge, darüber herrscht breiter Konsens. Der Populismus ist der Geist unserer Zeit, er vereint fast alle aktuellen Problematiken, mit denen wir konfrontiert sind. Der Populismus, besonders der von rechts, beruft sich auf alles, was „das Unsere“ ist: auf ein ethnisch sauberes Volk, deren Vertreter nur Populisten sein können; nur das Unsere kann auch moralisch sein, weswegen wir gegen Ausländer sein müssen (wie die EU), die uns diktieren, was wir zu tun haben, oder gegen jene, die unser Sicherheitsgefühl und unsere Werte bedrohen. Populisten treten augenscheinlich auch gegen die korrumpierten Eliten auf, wegen denen sie die Arbeit demokratischer Institutionen, unabhängiger Gerichte und freier Medien beschneiden. Populisten mögen keine zeitgenössische Kunst, weil sie viel zu international und offen gegenüber anderen Geschlechtern, Rassen und Klassen ist. Populisten mögen kein kritisches Denken, weil es analytisch ist und nicht versucht, uns in die Irre zu führen.
 
Der Populismus nimmt in den Ländern, die einst hinter dem Eisernen Vorhang lagen, noch beängstigendere Formen an: Alte Symbole kehren zurück, die Ideen nationaler und „sauberer“ Kulturen werden immer beliebter. Der Populismus reagiert auf die Enttäuschung der Völker, die sich nach dem Fall des Sozialismus dem Kapitalismus zuwandten, in dem sie das Versprechen von Demokratie und Wohlstand sahen. Die Menschen des ehemaligen Sozialismus, die mehr oder weniger isoliert gelebt haben und aus ihrer Heimat fliehen wollten, sind jetzt die Ersten, die Grenzzäune hochziehen; Menschen, die in säkularen und zumindest deklarativ gleichberechtigten Gesellschaften lebten, wenden sich verstärkt der Religion, dem männlichen Chauvinismus, der Homophobie zu. Nicht nur in Osteuropa, nein, weltweit gibt es immer mehr autokratische Führer, diverse Trumps schießen wie Pilze aus dem Boden. Die Optimisten unter uns sind der Ansicht, dass die gesellschaftlichen und politischen Revolutionen des 20. Jahrhunderts nicht umsonst waren, dass die demokratischen Werte zu stark ins uns verankert sind, als dass wir sie verlieren könnten. Und bei der Bewusstmachung all dessen, was wir bereits erreicht haben, spielen die zeitgenössische Kunst und ihre Institutionen eine ganz besondere Rolle.
 
Im Licht der aktuellen, von sowohl rechtem als auch linkem Populismus beherrschten Situation wird sich das Symposium Fragen stellen, die im Rahmen eines Einführungsvortrags und zweier Runder Tische ausgearbeitet werden.
 
Der erste Runde Tisch wird sich mit den Fragen des Populismus und der nationalen Kultur im Verhältnis zu Kunstinstitutionen, die als nationale Institutionen gegründet wurden, beschäftigen. Was bedeutet die Bezeichnung „Nationalmuseum“ heute, wen repräsentiert ein Nationalmuseum und wem gehört es? Unsere Gesellschaften sind ethnisch immer stärker durchmischt, und auch nationale Institutionen sind nicht nur lokal aktiv, sondern stehen mit Akteuren auf der ganzen Welt im Austausch. Angesichts der Tatsache, dass es heutzutage weltweit so viele Ausstellungen, Biennalen, Kunstmessen, internationale Kultur- und Kunstkooperationen und Netzwerke wie nie zuvor gibt, stellt sich die Frage, was für eine Macht das bedeutet und wer mit ihr spielt. Einerseits sind wir Zeugen der Gefangenschaft in einem globalen Kunstsystem und seiner Instrumentalität, andererseits ist die Globalisierung auch Gelegenheit und Instrument für die Verbreitung anderer Ideen und unter Umständen auch für die Organisation von Widerstand gegen die immer größere Macht des Populismus auf globaler Ebene.
 
Der zweite runde Tisch wird sich der Frage widmen, inwieweit moderne Kunst die Sprache des Populismus enttarnen kann. Der Populismus bedient sich in hohem Maße verschiedener Symbole und Begriffe aus der Geschichte oder der Popkultur. Zeitgenössische Kunst kann sehr viel zur Demaskierung der Mechanismen, die diesen Symbolen und Begriffen Bedeutung verleihen, beitragen. Für wen ist diese Kunst gedacht und welchen Einfluss hat sie überhaupt noch auf die Gestaltung von öffentlichem Raum? Zeitgenössische Kunst ist zum Synonym für gesellschaftskritische Kunst geworden, die aber von bestehenden Kunstsystemen offenkundig laufend domestiziert wird. Mehr noch: Kritik ist zum Instrument des Populismus geworden. Wie ist also Kritik von „Kritik“ zu unterscheiden?
 
 
Mitwirkende:
Zdenka Badovinac, Direktorin Moderna galerija, Ljubljana; Ekaterina Degot, Intendatin und Chefkuratorin steirischer herbst in Graz; Iris Dressler, Direktorin Württembergischer Kunstverein Stuttgart; Övül Ö. Durmusoglu, Kustodin und Theoretikerin (Berlin, Istanbul), Marina Fokidis, Direktorin Kunsthalle Athena und Redakteurin des South Magazine; Anna-Catharina Gebbers, Kustodin Hamburger Bahnhof/Nationalgalerie/Staatliche Museen zu Berlin; Matthias Mühling; Museumsdirektor Lenbachhaus in München; Blaž Peršin, Direktor MGML Muzej in galerie Mesta Ljubljana; Philippe Pirotte, Direktor Städelschule und Galerie Portikus, Frankfurt am Main (Zuschaltung per Skype); Luiza Proença, Kustodin, Theoretikerin und Redakteurin aus São Paulo; Marcelo Rezende, Leiter Archiv der Avantgarden in Dresden; Jelena Vesić, Kuratorin, Theoretikerin, Redakteurin und Vortragende aus Beograd.
 
 
Einführungsvortrag: Rastko Močnik, Soziologe, Ljubljana
 
Moderatoren: Jela Krečič, Publizistin und Philosophin, und Holger Volland, Vice President Frankfurter Buchmesse

Programm

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