Ausstellung Freiraum - Ausstellung

Freiraum 2019 © Goethe-Institut

Mi, 30.10.2019 –
Mo, 24.02.2020

18:00 Uhr – 22:00 Uhr

Goethe-Institut - Garten

Freiraum 2019

Internationales Projekt

Internationales Kooperationsprojekt zum Thema des Freiheitsbegriffs in europäischen Städten

Die Kunstinterventionen von Boris Beja (Slowenien) und Edouard Burgeat (Frankreich) im öffentlichen Raum + Abschlussparty


Das internationale Projekt FREIRAUM des Netzwerks von Goethe-Instituten und Partnerinstitutionen untersucht die Frage des öffentlichen Raums und den Freiheitsbegriff in europäischen Städten. Es steht für einen multikulturellen Raum und Werte wie Offenheit, Inklusion und Bewegungsfreiheit ein. An dem zweijährigen Projekt wirken mehr als 40 Goethe-Institute mit, und per Losentscheid – dessen einzige Bedingung es war, dass die Städte mindestens 1000 Kilometer voneinander entfernt sein müssen – wurden die Außenstellen in Ljubljana und Paris als Partnerinstitute ausgewählt. Zur Mitarbeit wurden die Künstler Edouard Burgeat und Boris Beja geladen, die sich mit ihrer vielschichtigen Medienpraxis dem Thema Raum sowohl auf formaler als auch inhaltlicher Ebene widmen. Im Dialog mit zwei Kuratoren haben die Künstler im Tivoli-Park Ljubljana ein Projekt entworfen, das – den Regeln der Organisatoren entsprechend – „den Freiheitsbegriff in der Stadt thematisiert“.

Die Installation Jusqu'ici tout va bien (so far, so good, 2019) von Edouard Burgeat (Paris, 1988), gebaut aus halbtransparenten Ziegelsteinen aus Harz stellt auf subtile Weise die Familiengeschichte des Künstlers dar. In den einzelnen Bausteinen sind Fragmente von Briefen und Briefumschlägen archiviert, die Burgeats französischer Großvater von der Front des Zweiten Weltkriegs an seine Familie schickte. Die eingefrorenen Erinnerungen aus einer anderen Zeit und einem anderen Raum bekommen in Form einer Mauer, die sich vor uns erhebt, eine neue Symbolbedeutung.
 
Wird Erinnerung zur Ermahnung und Warnung? Boris Beja (Trbovlje, 1984) versucht in seiner Serie aus vier größeren Holzobjekten mit dem Titel Fresh Pain (2019) ebenfalls, Inspiration in der Vergangenheit zu finden. Er greift die sogenannten Strandkörbe auf, die Ende des 19. Jahrhunderts als mobiles Möbelstück für die Dünen der Nordsee konzipiert wurden. Sie bieten Besuchern Schutz vor Sonne, Wind und Sand sowie einen intimen Rückzugsort vom restlichen Strandtreiben. Der Beigeschmack des voyeuristischen, lebenslustigen Beobachtens geht in dieser Installation verloren, da Beja die mobilen Sitzgelegenheiten in Beobachtungsstationen, schwarze Bollwerke verwandelt. Vorbeigehende können zwar darin Platz nehmen, doch die Aufschriften „ACHTUNG“ auf der Hinter- sowie „FRESH PAIN“ auf der Innenseite der Objekte erzeugen Distanz und Skepsis, ob es überhaupt sicher ist, darin zu sitzen und Schutz zu suchen.

Die Frage des öffentlichen Raums – wie öffentlich bzw. gemeinschaftlich öffentlicher Raum überhaupt noch ist, wem er gehört, wer ihn verwaltet und welchen persönlichen Interessen er untergeordnet ist – sowie des Raums, der der Kunst zugehörig ist, wurde seit den Neunzigerjahren auch im slowenischen Kontext bereits häufiger diskutiert. Die Kunst im urbanen Kontext außerhalb von traditionellen, institutionellen Ausstellungsräumen, (nicht-)künstlerische Handlungen, Mahn- und Denkmäler im öffentlichen Raum wurden sowohl im Rahmen von Kunst- und Ausstellungsprojekten als auch bei fachlichen Beratungen thematisiert. Das Künstler-Kuratoren-Quartett sprach sich eingangs kritisch gegenüber „großen Worten“ aus, die das Projekt FREIRAUM als zentrale Problemfelder herausstreicht. Historisch vorbelastet, gehen sie nämlich in Form von gefährlichen Simplifizierungen zu schnell verloren, sind wegen ihrer Bedeutungsoffenheit schwer zu definieren und noch schwerer in Kategorien und Konzepte zu pressen. Es scheint, dass die großen Worte „Freiheit“, „Gerechtigkeit“ und „Offenheit“ heutzutage immer wieder Ausgangspunkt neuer ideologischer Projekte sind. Im Hinblick darauf wählten die Künstler als Basis für ihre Kunstinterventionen zwei Stereotypen – Mauer und Beobachtungsstation als jene Symbole, die deutlich auf das physische und mentale Abschotten beziehungsweise Abgrenzen von Staaten und Gesellschaften hinweisen.

Mit der Co-Installation zweier temporärer Kunstinterventionen sowie einer tatsächlichen physischen Erfahrung – Abgrenzung, Einfriedung, Schutz, Rückzug, Distanz – möchte die französisch-slowenische Variante des Projekts FREIRAUM bei zufälligen Besuchern des Tivoli-Parks ein, wenn auch nur flüchtiges, Nachdenken über die Inklusion beziehungsweise Exklusion aus dem öffentlichen Raum der Stadt Ljubljana – und darüber hinaus – anregen.
 

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