Diskussion Beuys will be Beuys Die Veranstaltung wird auf Herbst verschoben

Beuys will be Beuys #6 © Eugen Korda

Do, 06.05.2021

18:00 Uhr

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„Warum geht sie nicht?“ oder „Ist es wichtig, wie wir über Gewalt sprechen?“


Auch wenn Beuys kein expliziter Feminist war, in seinen Ansätzen in den 60er und 70er Jahren, vor allem in seiner Forderung der absoluten Gleichberechtigung (z. B. documenta 5 und 6) können wir konkrete Ideenzusammenhänge mit manchen öko-feministischen Tendenzen sehen. Natürlich muss man solche Parallelen kritisch untersuchen, aber in unserem Fall würde die Brücke heißen: seit der documenta 5 sind das fast 50 Jahre her und wie sieht die Situation heute aus? Schauen wir uns die Situation in der Demokratischen Republik Kongo an. Oder schauen wir uns die Situation in Polen oder in der Slowakei an. Die Antwort würde sehr ähnlich einer Äußerung von Valie Export und Elfriede Jelinek lauten: es wendet sich wieder gegen Frauen. Auf der einen Seite beobachten wir drastische Gewalt an Frauen, die sich physisch und psychisch manifestiert. Auf der anderen Seite beobachten wir politische und rechtliche Aggression gegen Frauen, die sich kommunikativ manifestiert. Beide Manifestationen sind nur zwei Seiten einer Münze, nämlich: der kulturalistisch bedingten, naturalisierten Genderasymmetrie und der fortlaufenden Entdemokratisierung der Gesellschaft.

 
„Warum geht sie nicht?“ oder „Ist es wichtig, wie wir über Gewalt sprechen?“
 
Angeblich existieren keine schlechten Fragen, davon kann jedoch vorliegend wohl nicht gesprochen werden. Denn die Frage „Warum geht sie nicht?“ ist keine wirkliche Frage, sondern eine Anschuldigung. Diese „Frage“ überträgt die Verantwortung für die Gewalt auf die Frau, obwohl doch ihr Partner der Täter ist. Es unterstreicht die Erwartung, dass eine Frau, die Gewalt erlebt, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Sicherheit ihrer Kinder zu sorgen habe. Sie bewertet die Richtig- oder Unrichtigkeit ihres Verhaltens, weist jedoch nicht auf den Täter und seine alleinige Verantwortung für die von ihm begangene Gewalt hin. Insbesondere seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre haben feministische NGOs angefangen sich mit geschlechtsspezifischer Gewalt auseinanderzusetzen. Die scheinbar private Angelegenheit wurde allmählich zu einer öffentlichen Angelegenheit, der sogenannte "Familienstreit" wurde endlich als Verletzung der Menschenrechte der Frau entlarvt. Auch in der Slowakei wurde die Erkenntnis westlicher Feministinnen bestätigt, dass wirklich informative Untersuchungen zum Ausmaß von Gewalt gegen Frauen nur durchgeführt werden können, wenn Gewalt als soziales Problem wahrgenommen wird und Hilfsangebote für Betroffene offen stehen. Die Art und Weise, wie man über Gewalt in Medien, Politik, Fachkreisen oder in der Gesellschaft spricht, hat sich im Allgemeinen verändert.
 
Der einleitende Satz der feministischen Zeitschrift Aspekt 1/1998, welcher besagte, dass Gewalt gegen Frauen in intimen Beziehungen und in der Öffentlichkeit ein Tabuthema in der Slowakei sei, würde wohl heute nicht mehr gelten. Zu dieser Zeit war es jedoch, mit Hilfe landesweiten Kampagnen wie etwa „Die Fünfte Frau“, am wichtigsten, das bis dahin unerwartete Ausmaß dieser Gewalt, ihre verheerenden Folgen und mögliche Versuche, sie als soziales Problem zu lösen, aufzuzeigen. Heute erscheint es fast so, als würde jedes Problem nur durch eine persönliche Geschichte ernstgenommen werden. Doch was bedeutet dies für die Wahrnehmung geschlechtsspezifischer Gewalt? In Bezug auf Medien, Politik, Unterstützer*innen und ihre Opfer?
 
Wir laden Sie zu einer generationsübergreifenden Debatte über die Geburt, Transformation und Gegenwart des öffentlichen Diskurses über geschlechtsspezifische Gewalt ein.
- in Zusammenarbeit mit ASPEKT
http://www.aspekt.sk/

Moderation: Jana Cviková

www.goethe.de/slowakei/beuys2021 

 

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