FESTIVAL LA GRANDE PAROLE INVITE
Wenn die Rede den öffentlichen Raum einnimmt

La Grande Parole Invite...
©Stéphanie Nikolaïdis

Vom 3. bis 6. Juni 2019 wurde erstmals das Kultur-Festival  « La Grande Parole Invite …  » in Kooperation von « Kër Leyti, La Maison de l’Oralité et du Patrimoine » und dem Goethe-Institut Senegal unter künstlerischer Leitung  von Dr. Massamba Gueye in Dakar abgehalten.

Unter dem Veranstaltungsmotto Racontons la citoyenneté legten Kunstschaffende aus dem Senegal, Burkina Faso, Guinea, Deutschland und den Komoren die Bedeutsamkeit von immateriellem Kulturerbe für die Entstehung und den Erhalt von Identität und Traditionen innerhalb einer Gesellschaft dar. Außerdem sollte es als eine Ausbildungs- und Unterhaltungsplattform dienen und die mündlichen und darstellenden Künste in ihren verschiedenen Formen würdigen. Hierzu gehören: Leseshows, Geschichten erzählen, Poetry Slam, Theater, und andere künstlerischen Gestaltungsformen, wie Graffiti, Malerei, Musik und Tanz. Die Veranstaltung richtete sich unter anderem an Kinder.  Diese nahmen an verschiedenen Workshops bezüglich künstlerischen und kulturellen Bereichen, aber auch der Leseförderung oder Reden und Artikulation in der Öffentlichkeit teil.

Eingeleitet wurde das Festival durch die Live-Veranstaltung Le livre au marché auf dem Marché Sandaga. Im Rahmen dieser öffentlichen Lesung präsentierten verschiedene Künstler ihre literarischen Werke sowohl auf der mobilen Bühne eines LKWs als auch auf der Straße, auf der sie Passanten und Verkäufer einluden, Auszüge aus ihren Texten vorzulesen. Viele von ihnen nahmen daran teil. Anschließend wurde die Weiterfahrt durch den Bezirk Medina Richtung RTS-Promenade fortgesetzt. Vor dem RTS-Hauptgebäude beendete schließlich eine Tanzchoreographie den Straßenumzug. Bei einem gemeinsamen Essen auf dem Gelände des Blaise Senghor-Kulturzentrums ließen die Veranstalter und alle anderen Beteiligten die Veranstaltung ausklingen. Für den deutschen Maler und Designer Julio Rölle vom Berliner Künstlerkollektiv 44FLAVOURS war der Tag jedoch noch nicht beendet: In «  Kër Leyti », im Dakarer Vorort Keur Massar, verzierte er mehrere aus Pappe angefertigte Masken im Rahmen eines Live-Paintings, welches online übertragen wurde.

Öffentliche Lesung auf dem Sandaga Market ©Stéphanie Nikolaïdis Am nächsten Tag veranstalte Julio am selben Ort einen Workshop mit Jungen und Mädchen, die ebenfalls aus Pappe Masken herstellten und diese nach ihren Vorstellungen gestalteten. Am Nachmittag bemalte der deutsche Künstler die Frontfassade des  Kër Leyti-Gebäudekomplexes. Dafür musste er auf ein Gerüst steigen und seine künstlerischen Fähigkeiten mit seinem Equipment wie Teleskopverlängerung und Farbwalze kombinieren, um jeden einzelnen Winkel der Hauswand mit verschiedenen Formen und Farben zu gestalten. Einige Anwohner schauten ihm dabei zu und freuten sich, über die neue Farbpracht in ihrer Nachbarschaft. Als die Arbeit vollendet war und die Farbe an der Hauswand zu trocknen begann, hatte Julio jedoch nicht sehr viel Zeit, sein Werk zu begutachten: Er war bereits auf dem Weg nach Dakar zum Musée Théodore Monod.

Die Masken von Julio Rölle ©Julio Rölle Der erste Abend der Vorstellungen fand im Garten des Museums statt. Die Künstler traten unter dem wachsamen Auge von Dr. Massamba Gueye, der diesen schöne Veranstaltung inszenierte und unter dem Lachen und Applaus des Publikums auf der Bühne auf, welches von den Geschichten von Petit Tonton aus Guinea begeistert war, der die Mythen und Legenden des Mandingos, aber auch die von KPG aus Burkina Faso voller Humor und Wendungen teilte. El Hadji Leeboon komplettierte das Trio der fröhlichen Geschichtenerzähler. Die ergreifenden Texte der Slammer Samira und Bangwe schärften zudem das Bewusstsein und die Gedanken des Publikums.

Die Compagnie Artcots Pikine veranstaltete den Abschlussabend im Leopold Sedar Senghor Kulturkomplex. Der Kinderchor von Kër Leyti trug den Masken, die während des Workshops mit Julio angefertigt wurden und gab eine sehr bewegende Vorführung, während Kader Diarra und Matar Diouf die Zuschauer laut lachen ließen. Die Compagnie Artcots Pikine unterhielt das Publikum mit einer atemberaubenden Vorstellung der Traditionen und Bräuche des Senegals, indem sie die ndeup (Lébous Exorzismus-Zeremonie), die traditionelle Serer Hochzeit, den Kassak (Gesang der Beschnittenen) sowie eine Hommage an die Linguisten darboten.