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Kleine Bibliotheken
„Raumqualität spielt eine entscheidende Rolle“

Bibliothek des Goethe-Instituts Brastislava
Bibliothek des Goethe-Instituts Brastislava | © Michal Hustaty

Wie lässt sich aus kleinen Räumen ein Maximum herausholen? Gespräch mit Jana Binder, Leiterin des Goethe-Instituts Bratislava, über den Umbau der Bibliothek an ihrem Institut.

Frau Binder, wie ist die Idee entstanden, die Räume der Bibliothek des Goethe-Instituts in Bratislava einer Generalüberholung zu unterziehen?

Die Bibliothek hatte noch die 25 Jahre alte Erstausstattung, das hat man ihr auch angesehen. Der Raum war nicht einladend, auch schlecht isoliert, er hatte kein angenehmes Ambiente. Raumqualität spielt aber gerade bei einer nur 100 Quadratmeter großen Bibliothek wie unserer eine entscheidende Rolle. Unser Ziel war es auch, neue Nutzergruppen zu erschließen. Dafür muss man aber einen Ort zum Verweilen schaffen. Bibliotheken sind ja heute keine Büchersafes mehr, sondern Begegnungszentren, in denen man neue Lernerfahrungen macht und im besten Fall mit überraschenden Angeboten und Informationen konfrontiert wird.

Wie sind Sie bei der Neugestaltung vorgegangen?

Zunächst einmal haben wir unseren Bestand verkleinert: von 17.000 physischen Medien auf 9.000. Wir haben jedes Buch aussortiert, das zehn Jahre lang nicht ausgeliehen worden war. Das hat uns auch die Freiheit gegeben, Regale zu entfernen und die verbleibenden Regale ringsherum an den Wänden anzuordnen. So haben wir in der Mitte eine Freifläche gewonnen, in der neue Nutzungsformen möglich sind. Außerdem haben wir ein Büro aufgelöst und Wände herausgebrochen, um einen neuen Eingangsbereich mit Café zu schaffen. Dort gibt es WLAN und guten Kaffee – es ist ein Ort geworden, der auch Menschen anzieht, die noch nicht Kunden bei uns sind.

Hatten Sie bei der Konzeption Vorbilder?

Dr. Jana Binder, Leiterin des Goethe-Instituts Brasislava Dr. Jana Binder, Leiterin des Goethe-Instituts Brasislava | © Michal Hustaty Nein, wir haben ein Brainstorming mit Spezialisten aus Deutschland veranstaltet, darunter das Architekturbüro Stankovic. Man benötigt für so einen Umbau ja Know-how. Die Architekten haben zum Beispiel Drehregale für uns erfunden, Bücherregale, die sich öffnen lassen wie eine Geheimtür. Dadurch gelangt man in eine Art Salon, in dem ringsherum Bücher an den Wänden sind, das Tageslicht kommt durch die Decke. Wir haben auch neue Tische eigens für unsere Bedürfnisse anfertigen lassen. Sie sind sowohl mit Steckdosen für Laptops, als auch mit Rollen ausgestattet, so dass auch eine Person sie ohne Hilfe schnell zu neuen Formationen zusammenfügen kann. Wir haben ja nicht so viel Personal.

Welche Nutzer wollen Sie ansprechen?

Im Wesentlichen vier Zielgruppen: zunächst Studierende der Germanistik sowie Lehrer und Dozenten, daneben erwachsene Deutschlerner, außerdem Kinder, die in der Schule Deutsch als Fremdsprache haben, und zu guter Letzt Vertreter des Verlagswesens. Die muss man aktiv gewinnen, was wir mit verschiedenen Veranstaltungen versuchen. Wir haben jetzt auch eine Präsentationsleinwand und einen fest installierten Beamer. Die Bibliothek wird auch für Pressekonferenzen genutzt – unlängst für die Präsentation eines Theaterfestivals. Wenn man experimentierfreudig ist, erzeugt das Kettenreaktionen in verschiedene Richtungen. Den Journalisten stehen wir als Ansprechpartner zur Verfügung, etwa für Hintergrundinformationen zu einem deutschen Stück, das eingeladen ist. Auf die Weise kann man als kleine Bibliothek überhaupt seine Existenz bekannter machen.

Inwiefern wird die Bibliothek als Lernort genutzt?

In vielfacher Weise: zum einen von Schulen und Kindergärten. Wir veranstalten auch Fortbildungen mit Deutschlehrern, für die wir die entsprechende Literatur zum jeweiligen Thema bereithalten. Wir sind Kooperationen mit verschiedenen Universitäten eingegangen, zum Beispiel mit der Film- und der Theaterakademie in Bratislava, die sich in der Nähe des Goethe-Instituts befinden. Die Studenten sehen, dass wir einen großen Bestand an DVDs haben, auch an Theaterverfilmungen oder Fachzeitschriften wie Theater heute – ein erster Schritt vielleicht, sie fürs Deutschlernen zu interessieren.

Haben Sie sich auch hinsichtlich der Präsentation der Bestände Neues einfallen lassen?

Bevor wir umgebaut haben, waren digitale Angebote wie der E-Book-Bestand überhaupt nicht im Raum sichtbar. Dafür gibt es zwar meiner Meinung nach auch noch keine Lösungen, die der Weisheit letzter Schluss wären – an QR-Codes glaube ich nicht. Aber wir haben jetzt immerhin digitale Bilderrahmen, die den Bestand präsentieren. Außerdem gibt es E-Reader, auf denen die deutschen Klassiker gespeichert sind, iPods, auf denen man sich die aktuellen Playlists mit deutschem Pop im Spotify-Angebot des Goethe-Instituts anhören kann, oder iPads mit allen Apps zum Thema Deutschlernen, die wir für qualitätsvoll halten. Außerdem sprechen wir gezielter jene Nutzer an, die Deutsch nur auf Anfängerniveau beherrschen, zum Beispiel mit Graphic Novels.

Welches Feedback haben Sie auf die Neugestaltung bekommen?

Unsere Testphase nach dem halbjährigen Umbau endet gerade erst, aber bislang waren die Reaktionen überwiegend positiv. Wobei hier ein Graben zwischen den Generationen besteht. Bis dato wurde die Bibliothek überwiegend von Rentnern genutzt, vielfach die Generation, die in Bratislava, vormals Pressburg, noch dreisprachig aufgewachsen ist und sich das Deutsche ein bisschen bewahren will. Die sind längst nicht alle begeistert. Dafür sind die Reaktionen der Jüngeren umso positiver. Sie schätzen vor allem die lockere Atmosphäre, die sich nicht nach klassischer Bibliothek anfühlt.

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