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Die Hyundai Card Libraries in Seoul
Buchklub 2.0

Turntables in der Hyundai Card Music Library
Turntables in der Hyundai Card Music Library | Foto: Malte Kollenberg

Wer in eine Hyundai Card Library möchte, der muss Mitglied sein. Ein PR-Coup für das Unternehmen. Doch was macht eigentlich die Coolness der Mitgliederbibliotheken aus?

Der koreanische Kreditkartenanbieter Hyundai Card ist in Sachen Design und Trends eines der innovativsten Unternehmen auf dem koreanischen Markt. Ein junges Image haben die Karten des Unternehmens zum begehrten Accessoire für junge Menschen gemacht. 2010 nutzte das Unternehmen die Musik des Berliner Künstlers und Seeed-Frontmannes Peter Fox für einen Werbespot für ihre Karte. Schon damals Vorreiter, hat sich das Unternehmen nun in ganz andere Werbesphären vorgewagt: private Bibliotheken.

EMOTIONALE MARKENBINDUNG

Öffentliche Bibliotheken sind ein eher neues Phänomen. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war der Zugang zu Literatur und Schriften nur einem auserwählten Personenkreis möglich. Zunächst Geistlichen, dann weltlichen Gelehrten, schließlich Mitgliedern privater Klubs. Die drei Bibliotheken der Hyundai Card  in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul – die Design Library, die Music Library und die Travel Library – reihen sich also in eine traditionsreiche Bibliothekskultur ein. Ted Chung, Geschäftsführer von Hyundai Card, hatte die Idee. Er wollte Finanzdienstleistungen „visualisieren“. Eine emotionale Bindung zur Bibliothek und damit zur Marke Hyundai Card sollte her. Wer nun die Bibliotheken nutzen möchte, der muss eine Hyundai Card sein Eigen nennen. Dafür winken neben dem Zutritt zu den bislang drei Bibliotheken allerhand Vergünstigungen bei Konzerttickets und andere Rabatte.
 
Und diese Kulturangebote, die Hyundai Card verspricht, sind es, die viele junge Menschen in Korea zu dem Finanzdienstleister locken. „Ich habe mich für Hyundai Card entschieden, weil sie das gesamte Jahr über viele Kulturveranstaltungen nach Korea bringen“, sagt Danny Kim, ein junger koreanischer Videojournalist. Und die Rabatte, die die Karte bei Einkäufen ermögliche, seien auch nicht schlecht, fügt er hinzu.

Die Hyundai Card Design Library: modernes Design in traditioneller Architektur Die Hyundai Card Design Library: modernes Design in traditioneller Architektur | Foto: Malte Kollenberg Danny Kim’s Favorit unter den Hyundai Card Libraries ist die Design Library. Im Bukchon Hanok-Dorf, der Seouler Altstadt, ist die ganz auf Design ausgerichtete Bibliothek seit 2013 in einem von der traditionellen koreanischen Architektur inspirierten Haus untergebracht. „Ich habe mich in die Architektur und die umfangreiche Büchersammlung verliebt.“ Die offene Gestaltung mit all dem Lichteinfall von außen sorge für eine ganz besondere Atmosphäre, schwärmt Kim.
 
Danny Kim gehört genau zu der jungen Zielgruppe, die Hyundai Card ansprechen möchte. Jung, erfolgreich, und mit einem Einkommen, das ihnen einen Lifestyle gestattet, bei dem eine Kreditkarte nur behilflich sein kann.

EINE BIBLIOTHEK WIE EIN ELITEKLUB

Hyundai Card ist mit den Bibliotheken ein PR- und Werbeschachzug gelungen, der auch über Koreas Grenzen hinaus Beachtung erfahren hat. Und doch erklärt das Unternehmen die Bibliotheken aus einer ganz anderen Motivation heraus. „Wir haben die Bibliotheken eröffnet, um den Leuten einen Mehrwert zu bieten“, erläutert Hah Young Jin, verantwortlich für die globale PR des Unternehmens. Und Unrecht hat Hyundai Card nicht, wenn es seine Bibliotheken derart vorstellt.
 
Die Design Library beispielsweise ist laut Hyundai Card die größte ihrer Art weltweit. Doch nur 50 Besucher werden auf einmal hineingelassen. Man habe den Leuten in einer schnellen digitalen Welt einen Rückzugsort bieten wollen, in dem sie im alten, analogen Stil nachdenken können, wird der damalige Chief Marketing Officer von Hyundai Card in einem Artikel zur Eröffnung der Bibliothek im Jahre 2013 zitiert.
 
Das Viertel um die Design Library herum spiegelt genau dieses Alte, Analoge wider. Nur in der Entfernung sind die gläsernen Bürotürme Seouls und das neue, digitale und hektische Korea sichtbar. In der Bibliothek spiegelt sich die Gediegenheit und Ruhe der umliegenden traditionellen koreanischen Häuser, der Hanok, wider. Und sehr ähnlich ist auch die Gestaltung der Bibliothek ausgefallen. Der Grundriss des Gebäudes ist wie bei einem Hanok angeordnet. In der Mitte ein kleiner Innenhof, der die Bibliothek mit Tageslicht flutet.
 
Die rund 12.000 Bücher in der Bibliothek wurden von den international renommierten Kritikern und Kuratoren Justin McGuirk und Alexandra Lange kuratiert. Jeden Monat wird ein Thema besonders aufgearbeitet – im Dezember 2015 waren es die „Books of Fantasy“ zur Sexualität. „Es ist der Coolness-Faktor, den andere Bibliotheken nicht bieten“, erklärt Danny Kim.

Die 2015 eröffnete Hyundai Card Music Library in Itaewon Die 2015 eröffnete Hyundai Card Music Library in Itaewon | Foto: Malte Kollenberg Während die Design Library in Bukchon noch weitestgehend dem althergebrachten Bibliothekskonzept folgt, ist in der Music Library in Seouls internationalstem Viertel Itaewon davon nicht mehr viel zu sehen. Die Music Library ist eher so etwas wie ein „Eventspace“. Mit Außenbereich, Club im Untergeschoss und selbstverständlich auch einer Bibliothek. Doch viel wichtiger als die Bücher zur modernen Musikgeschichte sind die alten Vinyl-Platten, die die Wände des Bibliotheksbereichs zieren. In langen Reihen stehen Teile der rund 10.000 Exemplare umfassenden Schallplattenkollektion an den Wänden. In der Mitte des Raumes Turntables (Schallplattenspieler), davor kleine Hocker und Kopfhörer. Hier wird sozusagen Musik studiert. Nicht das Internet und der klare Klang von hochwertigen MP3-Dateien, sondern das alte Kratzen und der Geruch von Vinylschallplatten machen den Charme der Bibliothek aus. Und hier befindet sich auch das, was viele junge Leute in Scharen zu Hyundai Card treibt. Die Bühne im Keller, auf der schon Größen wie Elton John gespielt haben.

DEUTSCHES DESIGN ALS i-TÜPFELCHEN

Der Lesesaal der Hyundai Card Travel Library Der Lesesaal der Hyundai Card Travel Library | Foto: Malte Kollenberg In der Music Library stehen auch alle Ausgaben des Rolling Stone Magazins zur Einsicht. Hyundai Card nimmt für sich in Anspruch, die einzige komplette Kollektion des Magazins zu besitzen. Nicht einmal Rolling Stone selber könne das von sich behaupten, verkünden Mitarbeiter des Unternehmens stolz. Doch die am weitesten zurückreichende Sammlung findet sich in der seit 2014 existierenden Travel Library im Seouler Bezirk Gangnam. Dort finden sich alle Ausgaben des Magazins der National Geographic Society seit dessen Gründung im Jahr 1888.
 
Die Hyundai Card Libraries sind einfach cool. Und was zu diesem Coolnessfaktor noch beiträgt: „In der Design Library liegen spezielle Bleistifte aus, die man als Besucher benutzen kann“, sagt Danny Kim. Ein bisschen Deutschland steckt auch in den Bibliotheken, zumindest in der Design Library in Bukchon. Die Bleistifte, die so viel Aufmerksamkeit erheischen, kommen von Faber Castell.

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