Tagung 100. Jahre Weimarer Verfassung
Was für eine Verfassung wollen wir?

100. Jahre Weimarer Verfassung © Barek

Fr, 01.11.2019

10:30 Uhr – 17:00 Uhr

Goethe-Institut Ankara

Die Weimarer Verfassung vom 11. August 1919 gilt als die erste republikanische und demokratische Verfassung in Deutschland. Auch nach 100. Jahren nach ihres Inkrafttretens bietet sie die einzigartige Gelegenheit, um auf einer konstruktiven und kritischen Art und Weise über grundsätzliche Fragen und Herausforderungen im Bereich Recht und Verfassung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit Blick auf Deutschland, Türkei und Europa nachzudenken. Ethnische oder sonstige (metaphysische) Kriterien sind offensichtlich antiquiert und einzig die Verfassung scheint ein tragendes und sinnvolles staatsbürgerliches Konzept am Leitfaden der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit liefern zu können. Aber welche Verfassung? Wie entsteht eine Verfassung? Ist das Volk bei Verfassungsgebungsprozessen beteiligt? Kommt eine Verfassung ohne eine Grundnorm aus? Wie ist das Verhältnis von Verfassung und Religion? Gibt es normative Grenzen einer freiheitlichen Verfassung? Wie „neutral“ kann eine Verfassung sein? Ist eine europäische Verfassung möglich und notwendig? Unterschiedliche Rechtstraditionen und -kulturen liefern verschiedene, ja entgegengesetzte Antworten auf diese Fragen.

Mit der Konferenz „100. Jahre Weimarer Verfassung. Was für eine Verfassung wollen wir?“ will das Goethe-Institut Ankara in Kooperation mit der Stiftung Mülkiyeliler Birliği der Fakultät für Politikwissenschaft der Universität Ankara dieses Jubiläum gebührend feiern und die Möglichkeit geben, diesen und anderen Fragen kritisch-reflexiv auf den Grund zu gehen. Die mit der differenzierten Hinwendung zur Weimarer Verfassung verbundene historische Erkenntnis ist schließlich nicht Zweck, sondern kann für die Beantwortung der Frage im Untertitel wegweisend sein.

Die Weimarer Verfassung gilt nicht ohne Grund als die erste demokratische Verfassung Deutschlands mit aktueller Relevanz, da sie die Forderungen nach direkter Demokratie, Gerechtigkeit, des Ausnahmezustands sowie das Verhältnis von Verfassung und Religion normativ aufgriff. Im Einzelnen enthielt sie das allgemeine und gleiche Wahlrecht, die Mitwirkung des Volkes an der Gesetzgebung und Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger auf unterschiedlichen Staatsebenen, die Sozialpartnerschaft durch Mitbestimmung, die wirtschaftliche und soziale Garantien bis hin zum Mindestlohn und dem Gedanken der Grundsicherung, das Recht auf Bildung und Erziehung, die Chancengleichheit im Bildungswesen, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, die Förderung von Familien, die Gleichstellungsaufträge für einzelne benachteiligte Gruppen, die Anläufe zu einer Kontrolle der Staatsgewalt durch Gerichte einschließlich eines Verfassungsgerichts.
Die Weimarer Verfassung, die gewiss nicht (allein) für das Scheitern der Weimarer Republik verantwortlich gemacht werden kann, ist also historisch einzigartig und scheint immer noch modern und wegweisend zu sein. Und überhaupt sei Weimar, so der aktuelle Forschungsstand, nicht länger Katastrophe, sondern eher „Herausforderung“ (Michael Dreyer/Andreas Braune) oder „Wagnis“ (Horst Dreier/Christian Waldhoff).

Die Konferenz widmet sich aus disziplinär, methodisch und inhaltlich verschiedenen Perspektiven (dem Demokratiepotenzial) der Weimarer Verfassung und der gestellten Fragen in drei Kontexten bzw. Kulturen des Rechts: Deutschland, Türkei und Europa. Ihr Erkenntnisinteresse besteht in der Hauptfrage: Was für eine Verfassung wollen wir?

Programm

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