Massen von Menschen, die sich im realen Leben noch nie begegnet sind, schwärmen bei Onlinespielen aus, um sich auf virtuelle Schatzsuche zu begeben. Bei „Remote Taipei“ sind wir eine Gruppe von Menschen mit Radio-Kopfhörern, die in die reale Stadt ausschwärmen. Eine künstliche Stimme in unseren Kopfhörern (die von der gleichen Sorte sind wie die, die von GPS Navigatoren oder Flughafenansagen benutzt werden) lenkt die Richtung unseres „Schwarms“. Stereophone Aufnahmen und Filmmusik verwandeln die Stadtlandschaft in einen persönlichen Film; künstliche Intelligenz erforscht unbekanntes Terrain und betrachtet menschliche Aktivität aus der Ferne. Und während wir uns fortbewegen, klingt die Stimme immer menschlicher für uns, wobei wir selbst als aus der Ferne gesteuerte „Horde“ für andere Passanten immer mehr eine fremdartige Entität darstellen.
Wie werden gemeinsame Entscheidungen getroffen? Hören wir alle dieselben Worte? Die Gruppe von 50 Individuen spaltet sich durch das gegenseitige Beobachten in immer kleinere Einheiten auf, nur um sich dann wieder zu einem „Kollektiv“ zu verbinden, in dem individuelle Entscheidungen getroffen werden. Ist dies der Beginn einer neuen „Bewegung“?
Rimini Protokoll
Helgard Kim Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel arbeiten seit 2000 als Team zusammen. Sie sind im Bereich Theater tätig, sowohl als Autoren als auch als Regisseure. Ihre Arbeit im Bereich von Theater, Klang- und Radiostücken, Film und Installation entstehen nicht nur im Dreier-Team, sondern auch als Zweier- oder Soloarbeiten. Seit 2002 wurden alle Arbeiten unter dem Label Rimini Protokoll veröffentlicht. Im Fokus der Arbeit steht die kontinuierliche Weiterentwicklung theatralischer Mittel, um außergewöhnliche Perspektiven auf unsere Realität zu erlangen.
Durch Unterstützung des Goethe Instituts Taipei ist Rimini Protokoll mit „Remote Taipei“ zu Gast in Taiwan. Stefan Kaegi wird am 13. August einen Vortrag mit dem Titel „Von transplantierten Experten und ferngesteuerten Zuschauern“ halten.
