Kunst You and I Don’t Live On the Same Planet

Taipei Biennial 2020 Foto: © Taipei Biennial 2020

Sa, 21.11.2020 –
So, 14.03.2021

Taipei Fine Arts Museum

Taipei Biennial 2020

Auch im Jahr 2020 haben ökologische Konflikte die Welt fest im Griff. Das französische Kuratoren-Duo, bestehend aus dem Soziologen und Philosophen Bruno Latour und dem in Paris verorteten Kurator Martin Guinard, greift für die Taipei Biennale 2020 den Umstand auf, dass die Anerkennung und Wahrnehmung der ökologischen Probleme und unseres Planeten extrem unterschiedlich sein können. Sie führen hierfür das Konzept der „politischen und diplomatischen Taktiken“ ein, um neue, diplomatische Begegnungen zu schaffen. Auf der Grundlage der kuratorischen Struktur und des Raumplans wurde ein Raum ähnlich eines Planetariums geschaffen. Eine Reihe von öffentlichen Programmen wird zu Momenten planetarischer Kollision führen, was wiederum den Besuchern hilft, zu ihrer Definition der Erde, auf der sie leben möchten, zu gelangen.
 
Zur 12. Taipei Biennale werden 58 Künstler*innen und Teams aus 25 Ländern und Territorien eingeladen, die über spezielle Fachkenntnisse in verschiedensten Bereichen verfügen. Die öffentlichen Programme werden von der taiwanischen Kuratorin Eva Lin kuratiert.
 
Mit Unterstützung des Goethe-Instituts Taipei zeigen die in Berlin lebende taiwanische Künstlerin Su Yu Hsin und das Künstlerduo Cooking Sections (Daniel Fernández Pascual & Alon Schwabe) ihre Beiträge bei der diesjährigen Taipei Biennale.
 
Su Yu Hsin Foto: © privat / Su Yu Hsin Su Yu Hsin
Su Yu Hsin (* 1989) ist eine taiwanische Künstlerin und Filmemacherin, die derzeit in Berlin lebt. Sie orientiert sich an künstlerischen Dokumentar- und Essayfilmen und verwendet zusammengesetzte Bilder und Videoinstallationen, um ihre technologischen, ökologischen und infrastrukturellen Untersuchungen planetarischer Vorstellungen zu verwirklichen. Su Yu Hsin hat ihre Werke bereits beim BLEED-Festival (2020), im Kyoto Art Center (2020), im Haus der Kulturen der Welt (2019) und im Junín Contemporary Art Museum (2018) gezeigt. Sie war zudem Finalistin im Wettbewerb LOOP Barcelona Discover (2018). Ihre Werke bei der Taipei Biennale 2020 sind neue Auftragsarbeiten vom Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe und des Taipei Fine Arts Museum.
 
Frame of Reference I“ („Referenzrahmen I“, 2020) und „Frame of Reference II“ („Referenzrahmen II“, 2020)
„Frame of Reference I“ („Referenzrahmen I“, 2020) und „Frame of Reference II“ („Referenzrahmen II“, 2020) Foto: © Su Yu Hsin Wie entstehen Bilder in den „Kritischen Zonen“ und welche Rolle spielen sie bei deren Erforschung? Wissenschaftler verlegen ihr Labor ins Freie und bauen Netzwerke automatischer Messsysteme auf, die mit ihren Messgeräten über einen langen Zeitraum Daten erfassen. Die Beobachtung durch Messgeräte ersetzt die körperliche Beobachtung durch die Wissenschaftler, eine Beobachtungsweise, die die Wahrnehmung durch den menschlichen Körper überschreitet. Die Künstlerin Su Yu-Hsin untersucht mit ihren beiden Videofilminstallationen „Frame of Reference I“ („Referenzrahmen I“, 2020) und „Frame of Reference II“ („Referenzrahmen II“, 2020) die Arbeitsweisen von Geowissenschaftler*innen in kritischen Zonen in den Bereichen der Feldforschung, im Labor und mit Datenbanken.
Vom mikroskopischen zum makroskopischen Blickwinkel hinterfragt sie die körperliche Position des Betrachters in diesen drei Arbeitsbereichen. Sie geht der Frage nach, wie die Bilder zustande kommen und im nächsten Schritt, wie diese als ein großes Ganzes erscheinende Natur durch die Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln wie ein Puzzle zusammengesetzt wird.
 
Cooking Sections Foto: © privat / Cooking Sections Cooking Sections
Cooking Sections (Daniel Fernández Pascual & Alon Schwabe) ist ein Duo von Raumpraktikern mit Sitz in London. Es entstand, um die Systeme zu erforschen, die die Welt durch Ernährung organisieren. Mit Hilfe von Installation, Performances, Mapping und Videos erkundet ihre forschungsbasierte Praxis die sich überschneidenden Grenzen zwischen bildender Kunst, Architektur, Ökologie und Geopolitik. Seit 2015 arbeiten sie an mehreren Iterationen des langfristigen, ortsspezifischen Projektes CLIMAVORE. Dieses untersucht Wege, wie wir uns ernähren können, während die Menschheit das Klima verändert und die Stoffwechselvorgänge zur Klimazersetzung beitragen.
 
Oystering Room
Oystering Room Foto: © Cooking Sections Oystering Room“ ist ein Teil des größeren Projektes CLIMAVORE. Inspiriert von der jahrhundertealten taiwanischen „san ho tu (三合土)“-Technik – bei der Austernschalen, Klebreis und Malzzucker ohne Zugabe von Zement zu einer Klebepaste verarbeitet werden – werden in dieser neuen Installation, die die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt, weggeworfene taiwanische Schalen verwendet, um sich die poröse Beschaffenheit einer anderen möglichen Zukunft für das Wasser vorzustellen.
Weggeworfenen Schalen eine neue körperliche Form zu geben, erfordert vielleicht, dass wir damit beginnen müssen, unsere eigene formbare Existenz zu „veraustern“ und den Räumen unserer eigenen Umgebung durch Austern eine neue Qualität zu verleihen.
Gemeinsam mit einer Gruppe taiwanischer Expertinnen und Experten der küstennahen Lebensräume, der Materialwissenschaft, des Handwerks und des architektonischen Erbes wurde eine neue „san ho tu“-Verbindung entwickelt, die die Morphologie dieser Küstenbewohner erkennen lässt, die meistens unter Wasser leben. Eingebettet in eine Audio-Geschichte, die es dem Publikum ermöglicht, sich andere Wege vorzustellen, mit der Küste zu leben, sind die Besucher eingeladen, sich auf den umgewidmeten Schalenoberflächen niederzulassen, während sie eine aus Austernschalen gewonnene Peelingkur auf ihrer Haut anwenden, die speziell zu diesem Anlass entwickelt wurde. Während die Geschichten von Austern Ihr Gehör anregen, können Sie durch Schrubben ihre Hautporen von unerwünschten Substanzen befreien und vielleicht von jenen Austern träumen, die uns in einen neuen Kosmos mitnehmen, der die Ressourcen des Untergrunds nicht vollständig erschöpft.
 

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