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Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
Deutschlernen an tausendundeiner Schule

Die Förderung der deutschen Sprache ist Bestandteil der deutschen Außenpolitik
PASCH-Schule in Kairo | © Goethe-Institut/Kai-Uwe Oesterhelweg

Die Förderung der deutschen Sprache ist fester Bestandteil der vom deutschen Staat unterstützten Kulturarbeit im Ausland. Was aber haben der Deutschunterricht im Ausland und Deutsch als Fremdsprache mit Auswärtiger Kulturpolitik zu tun? Und: Welche Erwartungen knüpft die deutsche (Außen-)Politik an die Förderung des Deutschunterrichts weltweit?

Seit mehr als einem Jahrhundert existiert in der deutschen Außenpolitik ein eigenständiger Bereich, der heute als Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) bezeichnet wird. Unter diesem Etikett ist eine Reihe Organisationen im In- und Ausland tätig, um international für Vertrauen und Freundschaft für Deutschland zu werben und um im Gegenzug gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen in die Heimat zurück zu vermitteln. An diesen staatlichen und gesellschaftlichen Gemeinschaftsaufgaben wirken neben dem Goethe-Institut mit seinen 157 Instituten und Büros in 94 Ländern auch die Deutschen Welle (Auslandsrundfunk), der Deutsche Akademische Austauschdienst (internationale Mobilität im Hochschulbereich), das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart (Kunstaustausch und Dialog der Zivilgesellschaften), die Alexander von Humboldt Stiftung (Austausch in Wissenschaft und Forschung) und etliche andere nicht-staatliche Akteure mit.

Als sogenannte „dritte Säule“ staatlicher Außenpolitik tritt die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik in der öffentlichen Wahrnehmung zwar hinter der Wirtschafts- und der Sicherheitspolitik zurück. Jedoch ist heute unumstritten, dass zivilgesellschaftliche und kulturelle Beziehungen zwischen Staaten und Gemeinschaften im Gegensatz zum Auf und Ab des politischen Tagesgeschehens ihre Wirkung eher langfristig und nachhaltig entfalten.

Dieses Engagement ist auch mit Kosten verbunden: So floss etwas mehr als ein Fünftel der vom Bundestag für das Jahr 2013 bewilligten Haushaltsmittel des Auswärtigen Amtes, rund 800 Millionen Euro, in die Pflege kultureller Beziehungen mit dem Ausland. Anders als bei einer wirtschaftlichen Bilanz mit unmittelbar quantifizierbaren Erträgen machen sich die Investitionen in den kulturellen Austausch in der Regel indirekt und häufig erst auf lange Sicht bemerkbar.

VIELFALT DER INSTRUMENTE – VIELFALT DER AKTEURE

Neben der Förderung des Austauschs auf so unterschiedlichen Gebieten wie Kunst, Musik, Tanz und Theater, Wissenschaft und Forschung, Archäologie und Kulturgütererhalt (z.B. UNESCO-Welterbe) bildet die Spracharbeit eine zentrale Säule der Kulturarbeit im Ausland. Verschiedene Initiativen wie das Programm „Schulen: Partner der Zukunft (PASCH)“, der internationale Schüleraustausch, das Netz von mehr als 140 Deutschen Auslandsschulen und nicht zuletzt der Deutschunterricht sowie das Germanistik-Studium an Hochschulen im Ausland werden gefördert. Hinzu kommen die Beiträge der einzelnen Bundesländer, etwa die Ausgaben für schulische Auslandspartnerschaften sowie für internationale Lehre und Forschung an Hochschulen, sowie Projekte von Kommunen und privaten Organisationen. Schülerinnen und Schüler an einer PASCH-Schule in Kairo Schülerinnen und Schüler an einer PASCH-Schule in Kairo | © Goethe-Institut/Kai-Uwe Oesterhelweg Die Förderung der deutschen Sprache im Ausland bildet damit ein anerkanntes Instrument deutscher Außen(kultur-)politik (vgl. u.a. Ammon 2015). Denn: „Wer Deutsch kann und spricht, der wird auch zur Vermittlung eines umfassenden und wirklichkeitsgetreuen Deutschlandbildes beitragen“ (Witte 1991). Und, wenn wir diesen Gedanken weiterspinnen, er oder sie wird deutsche Produkte kaufen, mit deutschen Unternehmen zusammenarbeiten, seine/ihre Kinder zum Studium nach Deutschland schicken und in Deutschland Urlaub machen. Summarisch hätten sich damit die für Bildung und Kulturaustausch investierten Mittel auf anderem Gebiet, etwa im Außenhandel und Tourismus, bezahlt gemacht. Neben „globalen“, weltpolitischen Hintergründen weist das Engagement in unterschiedlichen Erdteilen und mit verschiedenen Partnerländern konkrete geopolitische bzw. strategische Hintergründe auf, wie die folgenden Beispiele veranschaulichen.

„Deutsch an eintausend Schulen“ – Deutschunterricht in Indien

Ein bilaterales Abkommen, das mit dem Goethe-Institut als Kooperationspartner die Einführung von Deutschunterricht an eintausend Schulen in Indien bis 2017 gestattete, erschien zunächst als Meilenstein für eine vertiefte bildungspolitische Zusammenarbeit mit Indien und somit als Chance für eine stärkere Annäherung der exportorientierten deutschen Wirtschaft an einen wichtigen Zukunftsmarkt. Nachdem mehr als 70.000 Schüler der „Kendriya Vidyalay“-Schulen ihren Deutschunterricht aufgenommen hatten, wurde allerdings bekannt, dass das Sprachangebot womöglich gegen ein nationales Gesetz verstößt, demzufolge im Lehrplan indischer Schulen nach Hindi und Englisch nur eine weitere indische (Fremd-)Sprache gelehrt werden darf. Dafür feierte die Deutschabteilung der Universität in Mumbai 2014 einhundert Jahre Deutschunterricht in der westindischen Metropole. Und die indische Germanistik verzeichnet unter jungen Inderinnen und Indern ein ungebrochen starkes Interesse an der deutschen Sprache.
Veranstaltung in Mumbai anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Deutschunterricht in Indien“ Veranstaltung in Mumbai anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Deutschunterricht in Indien“ | © Roberto Michel/Goethe-Institut Deutsche Schulen im Ausland

An Deutschen Schulen im Ausland werden neben Deutschstämmigen vor allem Kinder sogenannter „Expatriates“ unterrichtet, also von ins Ausland entsandten Fach- und Führungskräften aus Wirtschaft, Militär, Diplomatie und Zivilgesellschaft. In deutscher Sprache wird hier nach einem „exportierten“ Lehrplan unterrichtet sowie auf das deutsche Abitur vorbereitet. Nach ihrer Rückkehr erleichtert dieses Schulangebot die Wiedereingliederung in das deutsche Bildungssystem und den Arbeitsmarkt. Für Beschäftigte in internationalen Unternehmen und Organisationen bieten Deutsche Schulen somit einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und internationaler Berufstätigkeit. Deutsche Auslandsschulen sowie die zweisprachigen „Begegnungsschulen“ nehmen dabei auch Kinder nicht-deutscher Familien auf und eröffnen ihnen den Zugang zum deutschen Bildungs- und Arbeitsmarkt. Die Beherrschung der deutschen Sprache und eine nach deutschen Standards erworbene (Aus-)Bildung können damit zum Grundstein für eine Karriere in staatlichen Organisationen, der Zivilgesellschaft sowie in der internationalen Wirtschaft werden.

Sprachförderung im Ausland als Teil der „Soft Power“

Der Sprach- und Bildungsarbeit im Ausland kommt angesichts der oft kurzfristigen Entwicklungen in Wirtschaft und Politik etwa bei Staatskrisen und Regierungswechseln besondere Bedeutung für die Stabilisierung zwischenstaatlicher und internationaler Beziehungen zu. Sprach- und Bildungsarbeit wirkt im besten Sinne nachhaltig. Sie ist ein Instrument deutscher außenpolitischer Interessen und zählt mit der auswärtigen Kulturarbeit und der kulturellen Repräsentation im Ausland zur „Soft Power“ der Bundesrepublik. Ihre Legitimation bezieht sie aus dem Ansehen Deutschlands in der Welt. Und sie trägt im Gegenzug weiter dazu bei, ein positives Bild von Deutschland zu vermitteln, das Verständnis für gesellschaftliche Diskurse sowie die zugrundeliegenden Werte im Ausland zu stärken. Nicht zuletzt untermauert sie die politische Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik als Partner für bi- und internationale Beziehungen.

Ist Deutschlernen in der „globalisierten“ Welt noch zeitgemäß?

Deutsch ist mit mindestens 90 Millionen Sprecherinnen und Sprechern die am häufigsten gesprochene Muttersprache in der EU. Weltweit wird die Fremdsprache Deutsch gelernt, in manchen Ländern sogar mit zunehmender Tendenz, und häufig ist daran das Ziel geknüpft, ein Studium im deutschsprachigen Raum aufzunehmen, für ein deutsches Unternehmen zu arbeiten oder sich beruflich in diesem attraktiven Wirtschaftsraum zu etablieren.

Die Förderung von Deutschen als Fremdsprache ist somit eng mit dem demographischen Wandel und dem Fachkräftemangel in Deutschland verknüpft, der eine erhebliche Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften aus dem Ausland erforderlich macht. Die Förderung der deutschen Sprache bietet Chancen für Mehrsprachigkeit und für eine plurale Welt. Die deutsche Sprache wird daher auch in Zukunft als Sprache der Wissenschaft, Wirtschaft, Technologie und Politik, aber vor allem als Sprache eines international angesehenen Partners ihren festen Platz haben.
 

Literatur

Ammon, Ulrich (Hrsg.): Sprachförderung. Schlüssel auswärtiger Kulturpolitik. Frankfurt am Main: Peter Lang 2000.
 
Ammon, Ulrich: „Denken, Sprechen, Verhandeln – Die deutsche Sprache im internationalen Wettbewerb.“ In: Maaß, Kurt-Jürgen (Hrsg.): Kultur und Außenpolitik. Ein Handbuch für Studium und Beruf. 3. vollst. überarb. u. erw. Aufl., Baden-Baden: Nomos 2015, 101–113.
 
Glück, Helmut: Deutsch als Wissenschaftssprache. Dortmund: Stiftung Deutsche Sprache (Eigenverlag) 2008.
 
Stark, Franz: Deutsch in Europa. Geschichte seiner Stellung und Ausstrahlung. Sankt Augustin: Asgard-Verlag 2002.
 
Weiss, Peter Ulrich: Kulturarbeit als diplomatischer Zankapfel. Die kulturellen Auslandsbeziehungen im Dreiecksverhältnis der beiden deutschen Staaten und Rumäniens von 1950 bis 1972. München: Oldenbourg 2010.
 
Witte, Barthold C.: „Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt“. Informationen Deutsch als Fremdsprache (InfoDaF) 18/4 1994, 359–367.

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