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Museumsentwicklung
Die Renaissance der Museen?

Ausstellung "Helden - eine Inventur" im Nationalen Kunstmuseum der Ukraine; 18.12.2014 – 29.03.2015, Kiew; Veranstalter: Das Nationale Kunstmuseum der Ukraine und das Goethe-Institut in der Ukraine in Zusammenarbeit mit ICOM. Die Ausstellung präsentierte rund 180 ausgewählte Werke aus den Beständen des Museums, die sich den Themen „Held“, „Heldentaten“, „Heilige“ und „Märtyrer“ zuordnen lassen.
Ausstellung "Helden - eine Inventur" im Nationalen Kunstmuseum der Ukraine; 18.12.2014 – 29.03.2015, Kiew; Veranstalter: Das Nationale Kunstmuseum der Ukraine und das Goethe-Institut in der Ukraine in Zusammenarbeit mit ICOM.
Die Ausstellung präsentierte rund 180 ausgewählte Werke aus den Beständen des Museums, die sich den Themen „Held“, „Heldentaten“, „Heilige“ und „Märtyrer“ zuordnen lassen.
| Foto: Ivan Dinius © Goethe-Institut Ukraine

Ukrainische Museumsexperten und Museumsvertreter führen aktive Gespräche über die Mission, die Vision und die Werte für ein Museum, das sich entwickeln und modernisieren möchte. Können wir deshalb über einen Aufbruch in der ukrainischen Museumsbranche sprechen?

In der Ukraine gib es zurzeit etwa 5.000 verschiedene Museen. Wie arbeiten sie zurzeit und wie weit sind ihre Türen für Besucher geöffnet?

Museen werden sichtbar

„Klar spürt man seit einigen Jahren einen Aufbruch in der ukrainischen Museumsbranche“, behauptet  Lesya Hassydschak vom Webportal Museumsraum. „Unsere Museen sind in einer Transformationsphase, was auch immer Experten oder auch Besucher sagen. Es geht vielleicht nur nicht so schnell und nicht so gut, wie wir es alle wollten“.

Die wissenschaftliche Leiterin des Literaturmuseums Charkiw Tetjana Pylyptschuk meint auch, dass ukrainische Museen immer interessanter für die Besucher werden. „Wir haben ein schweres sowjetisches „Erbe“ zu tragen: lokale Museen in fast jeder Region, die ähnlich „geschneidert“ sind und gleiche Inhalte haben. Diese Museen fangen heute an, sich Gedanken über ihren Auftrag zu machen, ihre Rolle für die Gemeinde vor Ort zu finden“.

Dass die Transformation auch außerhalb von der Hauptstadt Kiew in vollem Gang ist, erzählt Lesya Hassydschak: „Es ist alles sehr relativ: Hauptstadt, Peripherie... Es gibt manchmal ganz kleine Museen, die sich weit weg von den touristischen Zentren befinden, aber die musterhaft ihre Arbeit revolutioniert haben: das Gogol-Museum in seiner Heimat in der Region Poltawa, das Museum der Schrifstellerin Lessja Ukrainka in Wolynien und auch das Museum der Donautalgeschichte in Ismajil“.

Tetjana Pylyptschuk berichtet über ihre Erfahrung in Charkiw: „Museen werden jetzt sichtbarer, Menschen nehmen sie mehr wahr. In Charkiw ist das in großem Maße der Verdienst vieler sozial engagierter Bürger, die Museen zu ihren zahlreichen Aktionen heranziehen“.

„Die Museen begreifen jetzt, wie stark ihr Einfluss werden kann, wie wichtig der Eindruck ist, den das Museum und seine Ausstellungen hinterlassen und den keine Erzählung oder kein geschriebener Text ersetzen können“, fasst die Managerin für Kultur- und Bildungsprojekte Sofia Rjabtschuk zusammen.

Sie ist Kuratorin für Museumsräume bei Kinderfestivals wie dem Ideenarsenal in Kiew und dem Kinderforum in Lwiw. Tetjana Pylyptschuk meint, dass solche Museumspräsentationen für Kinder die Vorurteile über das Museum als einen langweiligen Ort zu Fall bringen.

Die Ausstellung „Helden. Eine Inventur“ im Nationalen Kunstmuseum der Ukraine bezeichnet sie als das erste umfangreiche Partizipationsprojekt in der ukrainischen Museumsbranche. „Das Museum zeigte, wie aktuell für die Gesellschaft eine Museumssammlung sein kann, wie sich schmerzhafte Probleme der Gegenwart durch Exponate der Vergangenheit mit Einbeziehung zahlreicher Menschen erörtern lassen“.

Raus aus der Falle der negativen Erfahrungen

„Unsere Museen sind richtige Fallen, entstanden aus negativen Erfahrungen – angefangen vom unfreundlichen Personal bis hin zum allgemeinen Geist der unantastbaren, ja sogar sakralen Bedeutung, der dort herrscht“, teilt die ukrainische Kulturmanagerin Katja Taylor ihre Eindrücke. „Das moderne Museum muss jedoch auf den Besucher ausgerichtet sein, muss ihm dienen und seinen Aufenthalt im Museum so komfortabel wie möglich gestalten“. Das normale Publikum kann, ihrer Meinung nach, zu Spendern und Botschaftern für Museen werden, neue Menschen für ihre Unterstützung gewinnen. Die Museen müssten das begreifen und eine Gemeinde rund um ihre Institutionen ausbauen.

„Wir haben viele gute Wissenschaftler in unseren Museen, die ihre Sammlungen auf wissenschaftlicher Ebene vorbildlich kennen und untersuchen, aber leider nicht wissen, wie diese originell und attraktiv präsentiert werden sollen, damit unsere Museumsbesucher aktuelle, interessante, interaktive und emotionale Ausstellungen erleben können“, erklärt Tetjana Pylyptschuk.

Der Leiter der Agentur für Kulturstrategien Mykola Skyba findet, dass es in Museen viel zu sehen gibt, aber es an Geräuschen, Gerüchen taktilen Gefühlen, manchmal auch Plätzen für Meditationen fehlt. „In der Tat sind fehlende Orte zum Innehalten und zur Selbstbetrachtung ein  Problem für ein Durchschnittsmuseum. Ich wünschte mir, dass es im Museum Räume gäbe, in denen ich mich mit einem dicken Buch oder mit meinen Notizen hinsetzen könnte und die Möglichkeit für eine tiefere Reflexion hätte“.

Für einen nachhaltigen Aufschwung im Museumsbereich sieht er einen Bedarf an Ressourcen, Änderungen im Umfeld und Motivation. „Das Museumswesen ist fest an Normen gebunden, an konservative Verwalter der Ressourcen, und das bremst natürlich jeden Impuls“. Skyba spricht von der veralteten Gesetzgebung aus sowjetischen Zeiten, als die Kultureinrichtungen an der kurzen Leine gehalten wurden. „Das muss radikal geändert werden“.

Tetjana Pylyptschuk empfiehlt, Kooperationen mit der freien Szene nicht zu scheuen, denn die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten macht es möglich, mehr zu leisten und alles besser und mit weniger Aufwand zu machen. Daher lohnt es sich Gemeinsamkeiten mit anderen zu suchen.

„Man sollte allgemein für Innovationen offen sein“, meint Katja Taylor. Sie erinnert an Erfahrungen westlicher Museen, die sich um eine Finanzierung bewerben müssen. „Und niemand wird ihnen nur einen Cent geben, solange er hinter einer Institution deren sinnvolle Aktivitäten und ihr totales Engagement erkennt“.
 

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