Ökologie
Nachhaltige Hauswirtschaft in der Ukraine

Reduzieren des Verbrauchs durch nachhaltige Hauswirtschaft
Reduzieren des Verbrauchs durch nachhaltige Hauswirtschaft | Foto: facebook.com/stale.domogospodarstvo

Im April 2015 begann die erste Runde des Programms Nachhaltige Hauswirtschaft. An die 70 Kiewer Familien erfahren dort mehr übers Mülltrennen, Wasser- und Stromsparen, den Umgang mit Haushaltschemikalien und einen gesunden Lebensstil.

Verbrauch durch das Ändern der Gewohnheiten reduzieren

Offizieller Programmstart war im März 2014 in Iwano-Frankiwsk. Schon seit 2013 gab es einen Testlauf dieses Formats. Bis jetzt durchliefen ca. 2000 Familien das 8-wöchige Programm.

Nachhaltige Hauswirtschaft ist eine Ausweitung der internationalen Öko-Bewegung, die in Form von Öko-Teams in Irland, den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Spanien, Schweden, Ungarn, Polen, Vietnam, den USA und anderen Ländern tätig ist. Die Ukraine ist das 23. Land, das sich dieser Bewegung angeschlossen hat.

Die ersten Öko-Teams formierten sich 1992 in den USA und in mehr als 20 Jahren nahmen über 2 Millionen Personen weltweit an ihren Programmen teil. In jedem Land werden spezifische Kursthemen ausgewählt.

In der Ukraine konzentriert man sich fortan auf sechs Themen: Abfälle, Wasser, Energie, Hauswirtschaft, Gesundheit und Sicherheit im Haus. Die Familien, die das 8-wöchige Programm durchlaufen haben, schaffen es laut Organisatoren durch das einfache Ändern ihrer Gewohnheiten ihren Energieverbrauch um 18 %, den Wasserverbrauch um 17 % zu senken und 28 % weniger Abfälle zu produzieren. Die Teilnehmer haben ausgerechnet, dass sie sich dadurch 15 % ihrer Haushaltsausgaben sparen.

Wie funktionieren die Öko-Teams?

Für den Anfang braucht jedes Öko-Team einen Teamleiter. Alle zukünftigen Öko-Teamleiter bekommen noch vor Programmstart ein eigenes Training, bei dem ihnen die Grundlagen der Teamarbeit vermittelt werden.

Einige Wochen nach dieser Veranstaltung findet dann das Auftakttreffen des Teams statt. Insgesamt sind neun Treffen im Programm vorgesehen. Zuerst erhält jeder Teilnehmer einen Öko-Team-Ratgeber, der sogenannte Lifehacks – Tipps zur Alltagsoptimierung – und Ratschläge aus allen der sechs Themenschwerpunkte beinhaltet: wie man Müll trennt und wohin man ihn bringen kann, wie man Wasser und Energie spart, wie man die Zahl der Fahrten mit dem eigenen Auto innerhalb der Stadt verkleinert, usw.

Danach geht man jede Woche ein Thema durch und teilt seine neuen Erfahrungen bei den Treffen mit den anderen Öko-Teammitgliedern in interessanten und lebendigen Diskussionen über nachhaltige Entwicklung, die Bewahrung von Ressourcen für kommende Generationen und ein verantwortungsvolles Verhältnis zur Stadt.

Auf diese Weise erleichtert man sich die gesetzte Aufgabe – die Veränderung. Die im Verlauf von zwei Monaten wöchentlich stattfindenden Treffen, bei denen man seine Probleme und Lösungen mit Gleichgesinnten besprechen kann, spornen dazu an, seine Gewohnheiten zu ändern. Außerdem motivieren die Treffen und man findet Antworten auf Fragen wie: Warum muss man Müll trennen? Was bringt mir das? Warum sollte ich dafür meine Zeit aufbringen?
 

Veränderung der Verhaltensmuster, ohne an Lebensqualität einzubüßen

Das Hauptziel des Programms „Nachhaltige Hauswirtschaft“ ist die Veränderung hin zu rationaleren Verhaltensmustern ohne dabei aber an Lebensqualität einzubüßen, und die Veränderung unserer Einstellung zur Umwelt.

Dabei macht man das, was man sich vorstellen kann – niemand wird einem dazu zwingen, das Wasser aus der städtischen Wasserleitung nicht mehr zu verwenden oder zu Hause einen Kompost für den Biomüll anzulegen und damit dann am Balkon Tomaten zu ziehen.

Dieses Prinzip kann man „Verhältnismäßigkeit“ nennen – man taucht in die Praxis der nachhaltigen Hauswirtschaft nur so weit ein, wie man selber will. Einige Programmteilnehmer verwenden anstelle der Einmalplastiktüten im Supermarkt eigene Beutel fürs Gemüse

Sprechen, messen und an sich selber arbeiten

Trotzdem muss man für die Treffen eine kleine Hausübung machen: messen, wie viel Wasser und Strom man in einer Woche verbraucht hat, oder die Gesamtmenge an Müll wiegen, die in der Zeit bis zum nächsten Treffen angefallen ist.

Nach einer „Kontrollwoche“, beginnt jeder nach den Ratschlägen des Öko-Ratgebers zu leben und misst dann erneut diese Parameter. Dann wird verglichen, ob sich die Menge an verbrauchten Ressourcen verringert, wenn man einfach nur seine Gewohnheiten ändert. Daraus besteht also das Programm: miteinander sprechen, messen und an sich selber arbeiten.

Jeder Programmteilnehmer fängt mit den Abfällen an. Zum Mülltrennen braucht man zwei Dinge: einen Platz in der Wohnung, wo man Papier, Glas und Plastik sammelt und einen Platz, wohin man diese Abfälle dann zur Wiederverwertung hinbringt.

In der Ukraine ist diese Methode noch nicht sehr verbreitet. Damit Recycling aber Sinn macht und rentabel ist, muss das Mülltrennen zu Hause ein „Massenphänomen“ werden. Momentan wandern zum Beispiel alle nicht durchsichtigen Plastikflaschen auf die Müllhalde, obwohl ein entsprechendes Zeichen auf diesen Flaschen darauf hinweist, dass sie wiederverwertbar sind. Es gibt aber schon genug Dinge im Haushaltsmüll, wie Glas und Papier, für die bereits jetzt eine Möglichkeit zur Wiederverwertung besteht.

Stereotype verändern

Das Programm „Nachhaltige Hauswirtschaft“ bringt einen täglich dazu, über den eigenen Umgang mit Ressourcen nachzudenken. Viele Gewohnheiten überdenkt man.

Man beginnt sich im Geschäft zu überlegen, in welcher Verpackung man die eine oder andere Ware kaufen soll, ob man diese Verpackung nachher recyceln kann. Man hört auf, Plastiktüten zu kaufen und nimmt stattdessen einen Rucksack oder eine Tasche mit. In Kiew wundern sich die Verkäufer über so ein „neuartiges Verhalten“, weil sie die Einmaltüten als Service ansehen, obwohl es in Westeuropa normal ist, mit der eigenen Tasche einkaufen zu gehen.

Wenn man also zwischen einer Polyethylen-, Papier- oder Leinentasche wählen kann, sollte man die mehrmals verwendbare nehmen. „Nachhaltige Hauswirtschaft“ verändert damit auch Stereotype – die eigenen, wie auch die der Leute, die einen umgeben.

In Zusammenarbeit mit dem Kiewer Stadtmagazin „Hmarochos“