Laboratorium
Grenzerfahrungen

Publizistin Gaisha Madanova, Astrid Wege vom Goethe-Institut Moskau, Kuratorin Ellen Kapanadze, Künstler Anton Karmanov, Künstlerin Saule Dyussenbina und Ausstellungs-Kuratorin Inke Arns.
Publizistin Gaisha Madanova, Astrid Wege vom Goethe-Institut Moskau, Kuratorin Ellen Kapanadze, Künstler Anton Karmanov, Künstlerin Saule Dyussenbina und Ausstellungs-Kuratorin Inke Arns. | Foto: Lea Albring

Künstlerinnen und Künstler aus Osteuropa, Zentralasien und Russland bereiten in Dortmund die Wanderausstellung „Die Grenze“ vor. Das Goethe-Institut lud sie ein, das Thema zu erkunden: als territoriale Ein- oder Ausgrenzung, als kulturelle oder soziale Trennlinie, als Instrument „Wir“ von „Anderen“ zu unterscheiden.

„Es war eine bewusste Entscheidung, unser Magazin dreisprachig zu gestalten“, erklärt Gaisha Madanova. Die junge Frau sitzt in einer großen, weitläufigen Loft-Werkstatt. Die Wände sind weiß, es gibt Sitzinseln und PC-Arbeitsplätze, weiter hinten projiziert ein Beamer Bilder an die Wand. Gaisha Madanova erzählt von der Gründung und Idee ihrer Zeitschrift „Aluan“, dem ersten kasachischen Magazin für zeitgenössische Kunst.

Um die Künstlerin und Publizistin haben sich rund 20 Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffende aus zwölf verschiedenen Ländern Osteuropas und Zentralasiens sowie aus Russland versammelt. Sie sind auf Einladung des Goethe-Instituts in die Werkstätten des Hartware MedienKunstVereins (HMKV) im Dortmunder U gekommen, um hier in einem internationalen Kreativlabor das mehrjährige Ausstellungsprojekt „Die Grenze“ vorzubereiten. Für viele ist es eine seltene Gelegenheit, sich mit Künstlerkollegen und -kolleginnen aus anderen Ländern auszutauschen.

In der Werkstatt des Hartware MedienKunstVereins im Dortmunder U gibt es viel Raum für kreative Gedanken.  In der Werkstatt des Hartware MedienKunstVereins im Dortmunder U gibt es viel Raum für kreative Gedanken. | Foto: Lea Albring Von Dortmund nach Zentralasien

Gaisha Madanova ist am Ende ihrer Präsentation angekommen, nun wird diskutiert. Warum sie das Magazin zugleich in Kasachisch, Russisch und Englisch veröffentlicht habe, will jemand wissen. „Wir wollten es für möglichst viele Leute zugänglich machen“, erklärt Madanova. „Die Sprache sollte keine Barriere sein.“ Und damit ist die Gruppe mittendrin im Thema: ausgrenzen und eingrenzen, Grenzen erkennen, abbauen und neu verhandeln.

Nach diesem ersten Kreativtreffen soll bis Ende des Jahres eine Wanderausstellung zum Thema entstehen. Betreut wird diese von Inke Arns, künstlerische Direktorin des HMKV, und dem Kurator und Architekten Thibaut de Ruyter. „Beide haben eine große Expertise für den osteuropäischen und zentralasiatischen Raum“, sagt Astrid Wege vom Goethe-Institut Moskau, Ideengeberin und Initiatorin des Projektes. „Ein Ziel der Ausstellung soll sein, über Grenzen – ob nun metaphorisch, geographisch oder sprachlich – nachzudenken. Künstlerinnen und Künstler haben oft einen anderen Blick auf die Dinge, das soll die Ausstellung transportieren.“

An sieben verschiedenen Stationen in Osteuropa, Russland und Deutschland wird die Wanderausstellung 2017 Halt machen; 2018 geht es nach Zentralasien.

Im Zentrum stehen die Unterschiede

Auftaktveranstaltung im Dortmunder U. Auftaktveranstaltung im Dortmunder U. | Foto: HMKV Für die Kuratorin Inke Arns ist es „spannend zu sehen, wie verschiedene Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen Ländern mit solchen Fragen umgehen.“ „Was wir nicht machen wollen,“ ergänzt ihr Kollege Thibaut de Ruyter, „ist eine Ausstellung aus post-sowjetischer Perspektive. Man würde der Vielfalt der Länder nicht gerecht, wenn man sie nur auf die vermeintliche Gemeinsamkeit der Vergangenheit reduziert.“

Abschließend spricht die georgische Kuratorin Ellen Kapanadze. Sie gibt einen Überblick zur zeitgenössischen Kunstszene in Tiflis: Galerien auf Dachterrassen und in Arbeiterbezirken, Ausstellungen in verfallenen Sowjet-Bauten. Wenn Kunst an unerwarteten Plätzen stattfindet, ist dies eine Grenzüberschreitung, eine Eroberung neuer Territorien. Gut möglich, dass die geplante Ausstellung an einem dieser Orte gastieren wird.

Bevor es aber um die Auswahl der Ausstellungsorte geht, muss das Projekt zunächst konkrete Form annehmen. Was allerdings schon jetzt feststeht: die Besucherinnen und Besucher können sich auf Grenzerfahrungen freuen.

Von Lea Albring