Berlinale-Blogger 2017
Das Festival der Zukunft

Martin-Gropius-Bau und Reste der Berliner Mauer
Martin-Gropius-Bau und Reste der Berliner Mauer | © Goethe-Institut Italien | Foto: Andrea D’Addio

In Zeitungen, auf der Straße und in der Schlange vor dem Kino werden, wenn es um die Berlinale geht, vor allem die Filme besprochen. Welcher ist der beste? Und wann beginnt der nächste? Doch das Festival hat noch eine ganz andere Seite.

Jedes große Kinofestival der Welt hat zwei Seiten. Da ist zum einen das, worüber man in den Zeitungen oder in der Schlange vor dem Kino spricht: die Filme. Welcher im Wettbewerb ist der beste? Wer ist der beste Schauspieler? Wer die beste Schauspielerin? Wann beginnt der nächste Film? Werde ich Robert Pattison, Sienna Miller oder Richard Gere begegnen? 

Und dann gibt es noch die andere Seite des Festivals, die nur wenige kennen: den Filmmarkt. Der Filmmarkt von Berlin beispielsweise ist riesig. Er belegt den gesamten Martin-Gropius-Bau, in dem ansonsten pro Jahr mindestens drei Ausstellungen zeitgenössischer Kunst gezeigt werden, und der sich in den zehn Tagen der Berlinale in einen Treffpunkt für die Macher von Filmen verwandelt.

Eine Insel mitten in Berlin

Produzenten, Verleiher und Investoren aus allen Teilen der Welt treffen sich hier, abgeschirmt vom Rest, auf dieser Art Insel mitten in Berlin-Mitte: zum Diskutieren, Verhandeln und, wenn alles gut geht, Unterzeichnen von Verträgen. Viele verbringen eine Woche zwischen dem Filmmarkt, dem Hotel und dem ein oder anderen Fest, ohne sich zum Beispiel bewusst zu werden, dass nur wenige Meter entfernt vom Martin-Gropius-Bau, in derselben Straße sogar, der Niederkirchnerstraße, eines der wenigen noch stehenden Stücke der Berliner Mauer zu finden ist.

Martin-Gropius-Bau Martin-Gropius-Bau | © Goethe-Institut Italien | Foto: Andrea D’Addio
In diesem Jahr rechnet die Berlinale mit mehr als 540 Ausstellern und etwa 1.200 Käufern aus insgesamt mehr als 100 Nationen. Die ersteren verkaufen Filme, die letzteren kaufen sie. Ein Beispiel: Eine italienische Filmproduktionsgesellschaft produziert einen Film, der nur in Italien vertrieben wird. Er ist ein kleiner Erfolg, also versucht die Firma, ihn auch in andere Länder zu verkaufen.

Dazu mietet sie sich entweder einen eigenen Ausstellungsplatz oder schließt sich mit anderen Filmproduktionsgesellschaften aus ihrem Land zusammen, um gemeinsam einen Stand zu mieten. Die potenziellen Käufer beziehungsweise Filmverleiher wandern durch die Ausstellungsstände auf der Suche nach interessanten Titeln und Geschichten.

Perfektes Pflaster für neue Ideen

Wenn sie einen Film gefunden haben, beginnen die Verhandlungen über den Erwerb der Rechte und die Planung des Erscheinungsdatums im eigenen Land. Vergleichbare Diskussionen gibt es auch über Filme, die erst noch produziert werden müssen, und für die Investoren für das Produktionsbudget gesucht werden. 

Die Filmfestspiele von Cannes sind fast doppelt so groß wie die Berlinale und es gibt zahlreiche als „industry“ akkreditierte Personen. Berlin wächst jedes Jahr und ist das perfekte Pflaster für Low-Budget- und Independent-Projekte. Auch die Unterkunftskosten sind in Berlin viermal niedriger als an der Côte d'Azur.

Italienischer Pavilion Italienischer Pavillon | © Goethe-Institut Italien | Foto: Andrea D’Addio Ein mittelloser Regisseur auf der Suche nach jemanden, der an sein Projekt glaubt, kann sich eine Woche in der deutschen Hauptstadt leisten, während es in Cannes nur für einen Tag reicht, oder nicht einmal das.

Das ist einer der Gründe – wenn nicht sogar der wichtigste Grund –, warum wir die Berlinale für das Festival der Zukunft halten. Abgesehen von der Qualität der Filme und der Zahl der teilnehmenden Stars. Das Kino entsteht zuallererst aus Ideen. Berlin versteht es, sie zum Blühen zu bringen.