Konstitutionelle Monarchie
Kronprinz und Königsgedanke
Die konstitutionelle Monarchie in Europa hat eine lange Geschichte, die norwegische ist vergleichsweise jung. Zwar unterscheidet sich das dortige Königshaus von anderen europäischen sehr. Doch gleichzeitig ist es denen in Großbritannien, Schweden und Dänemark stark verbunden – historisch und genetisch.
Von Camilla Jensen
Das norwegische Königshaus ist dem britischen, schwedischen und dänischen Königshaus stark verbunden, historisch wie genetisch. Wie diese Verbindung entstand? Das kam so: Bis zum Jahr 1905 bildete Norwegen eine Personalunion mit Schweden. Beide Länder waren miteinander verbunden und hatten ein gemeinsames Staatsoberhaupt: den schwedischen König Oskar II. Als dieser Forderungen des norwegischen Parlaments nach mehr Eigenständigkeit ablehnte, trat die norwegische Regierung zurück. Kurz darauf stimmten auch die Bürger Norwegens für die Unabhängigkeit von Schweden – und für die Staatsform der Monarchie. Ohne Adel und Monarchie musste der erste König des Landes von außen importiert werden.
Die Krone landete bei Carl XV. Prinz Carl war der Sohn von König Frederik VIII. von Dänemark und der schwedischen Prinzessin Lovisa. Er war verheiratet mit seiner britischen Cousine Maud. Carl XV. nahm den altnorwegischen Königsnamen Haakon an – als Symbol der Zugehörigkeit und Loyalität zu seinem neuen Heimatland. Der neue Regent galt als bürgernah und beliebt. Das trug dazu bei, dass das Könighaus und die Staatsform der Monarchie insgesamt in der Bevölkerung Rückhalt fanden.
Damit fügte Norwegen sich ein in die Reihe von Europas konstitutionellen Monarchien – ein Regierungssystem, das im 18. Jahrhundert mit der Entstehung des Parlaments in England gegründet wurde. Ein Vorläufer zu dieser Staatsform etablierte sich jedoch schon im 16. Jahrhundert mit der Realunion Polen-Litauen. In Frankreich führte die Französische Revolution zum Ende der Alleinherrschaft. Die erste eigene Verfassung Norwegens, die 1814 verabschiedet wurde, war übrigens stark von der französischen Verfassung geprägt, die aus dieser Revolution hervorging: Der Adel wurde abgeschafft, die Macht des Königs bei der Gesetzgebung auf ein Vetorecht beschränkt, und die neue französische Verfassung von 1791 basierte auf den Prinzipien der konstitutionellen Monarchie. Diese hatte großen Einfluss auf die weitere demokratische Entwicklung in Europa. Auch Norwegens erstes Grundgesetz, angenommen in Eidsvoll 1814, ist in hohem Maße inspiriert durch die Umwälzungen in Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts.
Vorbild für das Volk
Doch nicht einmal in den Märchen besaßen die Könige jemals die absolute Macht: Oft waren sie allerlei Zauber- und Naturkräften oder Göttern ausgesetzt. In der heutigen Monarchie erweist sich oft die politische Landschaft als Gegenspielerin. Denn in einer konstitutionellen Monarchie verfügt der Regent über keine reelle Macht. Er wird dem Königsgedanken allein durch sein Handeln gerecht – und so zum Vorbild für sein Volk, mit repräsentativer Funktion. Und wie in den Volksmärchen gelingt es auch im realen Leben vor allem kreativen und geistreichen Helden, Harmonie zu verbreiten und etablierte Konstruktionen aufzulockern.Aus dieser Perspektive ist die Entwicklung, die das norwegische Königshaus durchlebt hat, vielleicht ein Grund dafür, dass das Land nach wie vor am Königtum als Regierungsform festhält. Die Erzählung über Norwegens derzeitige Königsfamilie könnte leicht als traditionelles Volksmärchen erzählt werden, in dem der Bruch mit den Konventionen und unorthodoxe Entscheidungen ausschlaggebend dafür waren, was eine Königsfamilie sein kann. Die Tochter von König Harald V., Märtha Louise, hat ihren Titel als Kronprinzessin abgelegt, um ihrer spirituellen Berufung nachzukommen und den Autor und berühmt-berüchtigten Dandy Ari Behn zu heiraten. Ihr Bruder, Haakon Magnus, weckte Kontroversen, als er die Ehe mit Mette Marit einging – eine alleinerziehende Mutter aus dem Volk mit einer schillernden Vergangenheit und einem alkoholkranken Vater.
Bruch mit aristokratischen Normen
Gerade der Umgang mit diesen Herausforderungen drückt die Stärke der Königsfamilie aus – und schafft erst die Voraussetzung, sich eine Position in einem modernen Staat zu schaffen. Ob Royalist oder Republikaner – für viele Norweger sind die Mitglieder der Königsfamilie höchst respektierte Vorbilder, die als engagierte Mitmenschen betrachtet werden. Der König und die Königin gelten als oberste Schutzpatrone für verschiedene Organisationen rund um Kunst, Kultur, Natur und Wissenschaft. Das Kronprinzenpaar verwaltet zudem Fonds, die das Ziel haben, humanitäre und soziale Maßnahmen zu unterstützen, die sich gegen Diskriminierung wenden.Trotz der engen Bande des norwegischen zu anderen europäischen Königshäusern, sieht es so aus, als unterscheide sich die norwegische Königsfamilie von ihnen – indem sie mit gewissen aristokratischen Normen bricht und lieber eine volksnahe Position einnimmt.
Kommentare
Kommentieren