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Athener Trilogie
Schönheit und Symbol

Athener Trilogie
Die Athener Trilogie symbolisiert auch die europäische Idee von Wissen und Fortschritt. | Foto (Filmstill): © Goethe-Institut Athen/Nikos Papangelis

Die Athener Trilogie, drei Gebäude im Herzen der griechischen Hauptstadt, ist nicht nur ein schöner Anblick – sondern auch ein Symbol dafür, was den noch jungen Staat im 19. Jahrhundert bewegte. Ein Finanzier aus Wien, ein Maler aus Polen und Architekten aus Dänemark und Deutschland wirkten an ihrer Entstehung mit.

Von Nikos Vatopoulos

In der Panepistimiou-Straße im Herzen Athens stehen drei neoklassizistische Gebäude, die als Athener Trilogie bekannt sind: die Akademie von Athen, die Universität und die Nationalbibliothek. Diese drei Bauten aus dem 19. Jahrhundert, aufgereiht von links nach rechts, zählen nicht nur zu den schönsten Gebäuden Griechenlands, nein – sie symbolisieren auch die europäische Idee von Wissen und Fortschritt. Für die Griechen ist die Trilogie von ganz speziellem Wert, denn die drei Bauwerke strahlen eine Pracht aus, die sich aber durch das Maß der griechischen Harmonie und jener allgemeingültigen Übereinkunft zurücknimmt, dass Übertreibungen sich den Ansprüchen an Schönheit zu unterwerfen haben.
 
Diese Athener Trilogie ist für die Griechen auch deshalb so wertvoll, weil sie ein Symbol für den Ehrgeiz ist, mit dem das Athen des 19. Jahrhunderts als Hauptstadt eines jungen Staates in die Familie des entwickelten Westens aufgenommen werden wollte. Sie verkörpert die institutionelle Verankerung des Bildungsideals und die Annahme der humanistischen Ideen als Gründungswerte dieses Staats. Die Trilogie ist in der Form, wie wir sie kennen, in einem Zeitraum von ungefähr 60 Jahren entstanden. Das ist bemerkenswert – und zeugt davon, wie sehr sich das junge Griechenland angestrengte, um sich institutionell zu wappnen.

Eines der teuersten Bauvorhaben

In der Athener Trilogie zeigt sich auch, dass das junge Griechenland im Zuge seiner neu gewonnenen Unabhängigkeit viele Wohltäter hatte, die die Bemühungen um den Aufbau eines neuen, modernen Griechenlands unterstützten. Viele von ihnen lebten außerhalb der Grenzen des kleinen griechischen Staates des 19. Jahrhunderts. Baron Simon von Sina aus Wien etwa hat die Errichtung der Athener Akademie finanziert, eines der teuersten Bauvorhaben der damaligen Epoche.  
Eine große Zahl von Handwerkern, Malern und Bildhauern hat dazu beigetragen, dass die Trilogie zu einem Ensemble geworden ist, das höchsten ästhetischen Ansprüchen genügt. Heute richtet sich das Interesse der Besucher sowohl auf das äußere Erscheinungsbild der Gebäude als auch auf die Schätze in deren Innenräumen. Das Areal um die Trilogie schmückt eine Vielzahl von Skulpturen, die nach und nach aufgestellt wurden und eine Auswahl an Persönlichkeiten zeigen, die die Konsolidierung der griechischen Nation inspiriert und unterstützt haben.

Würdigung des Neoklassizismus

Die Athener Trilogie entstand im 19. Jahrhundert, also nach der Griechischen Revolution gegen das Osmanische Reich und die anschließende Unabhängigkeit Griechenlands. Die Bauwerke repräsentieren die Treue der neuen griechischen Nation zur europäischen Ideenfamilie, darunter materieller und geistiger Fortschritt und die Verbreitung des Wissens und der Forschung. Mit ihrer Architektur würdigen die Bauten der Trilogie noch heute den akademischen Neoklassizismus, der seit den 1830er-Jahren der nationale Architekturstil Griechenlands ist. Anders als in anderen Ländern hat dessen Dominanz in Griechenland alles vorher Dagewesene übertroffen und sich in einer Fülle von Varianten bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehalten, von denen die interessanteste Variante die des Volks-Neoklassizismus war.
 
Die wichtigsten Architekten der Athener Trilogie sind die dänischen Brüder Hansen. Christian Hansen (1803-1883) ist der Architekt der Athener Universität – dem ersten Gebäude der Trilogie –, sein Bruder Theophil (1813-1891) ist der Architekt der Akademie und der Nationalbibliothek. Theophil Hansen ist eines der Glanzlichter der europäischen Architektur des 19. Jahrhunderts, mit einem beachtlichen Werk auch in Wien, wo er Bauplanungen im Auftrag des Barons Simon von Sina übernahm. Über Hansen kam auch der Architekt Ernst Ziller aus Sachsen nach Athen – blieb dort und wirkte an der Erneuerung der griechischen Hauptstadt ab 1880 mit.

Erzählung für alle Europäer

Die Athener Trilogie bleibt bis heute ein einzigartiges architektonisches Ensemble. Nicht nur, weil sie die Vorstellung von urbaner Schönheit und nationalem Symbolismus verkörpert, wie diese im 19. Jahrhundert verstanden wurden. Sondern weil sie Kunstwerke von höchster Ästhetik, von historischem Wert und von gesamteuropäischer Bedeutung miteinander kombiniert. Sie ist also ein nationales Denkmal für die Griechen, liefert aber eine Erzählung, die für alle Europäer interessant ist.
 
Die Universität von Athen (1839-1864) verfügt über einen Festsaal mit einem neoklassizistischen Dekor von einzigartiger ästhetischer Vollendung. An der Außenwand kann der Besucher die berühmten Fresken bewundern, die den ersten König von Griechenland, König Otto aus Bayern, symbolisch in reifem Alter zeigen – umgeben von weiblichen Gestalten, die im Geiste der europäischen Klassik die Künste und die Wissenschaften verkörpern. Sie sind ein Werk des berühmten österreichischen Malers Carl Rahl, das von Baron Simon von Sina finanziert, aber erst später, im Jahr 1888, von dem österreichischen Maler Eduard Lebiedzki realisiert wurde.

Narrativ der europäischen Kultur

Die Akademie von Athen gilt als eines der schönsten neoklassizistischen Gebäude der Welt. Es wird von den ionischen Säulen geschmückt, auf denen die Statuen von Apollon und Athene stehen, Werke des griechischen Bildhauers Leonidas Drosis. Theophil Hansen selbst hatte den Skulpturenschmuck des Außenbereichs geplant, und unter seiner Anleitung wurde der berühmte Konferenzsaal der Akademie von dem deutschen-österreichischen Maler Christian Griepenkerl (1839-1916) mit der Darstellung des Prometheus-Mythos dekoriert.
 
Die Nationalbibliothek ist das dritte Gebäude der Athener Trilogie. Wie bei der Akademie von Athen leistete auch hierbei Ernst Ziller, der Schüler und enge Mitarbeiter von Theophil Hansen, einen entscheidenden Beitrag. Die Nationalbibliothek ist von der dorischen Vorhalle und der halbrunden, zweiflügeligen Außentreppe geprägt, die die klassische Strenge auf elegante Weise auflockert. Die Fassade ist vom Tempel des Hephaistos im Zentrum Athens inspiriert. Im Außenbereich ist die Statue von Panayis Vagliano zu sehen, einer der Brüder Vagliano, die die Errichtung der Bibliothek finanziert haben.
 
Die Athener Trilogie ist damit ein architektonisches Ensemble, das die Werte des europäischen Humanismus in sich vereint. Sie gehört sowohl zur Geschichte der griechischen Nation – als auch zum großen Narrativ der neueren europäischen Kultur.
Architektur und Gebäude

Ein Beitrag aus Griechenland

mit Bezug zu Österreich, Dänemark,
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