Film
Marx Now: Phil Collins: zwei Filme

Phil Collins, marxism today (prologue), 2010, Courtesy Shady Lane Productions
Phil Collins, marxism today (prologue), 2010, Courtesy Shady Lane Productions | © Phil Collins, Courtesy Shady Lane Productions

Anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Marx

Gray Center for Arts and Inquiry

marxism today (prologue)
Regie: Phil Collins, Farbe und s/w, 35 Min., 2010, Deutsch mit englischen Untertiteln
 
Für diese Filmmontage aus Interviews und Archivmaterial arbeitete Phil Collins mit Lehrer*innen marxistisch-leninistischer Theorie aus der ehemaligen DDR zusammen. Der Film rückt gemeinhin als Verlierer der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen bezeichnete Menschen in den Vordergrund. Nach dem Fall der Berliner Mauer wurde dieses Thema, das einst ein Pflichtthema der ostdeutschen Bildung war, rasch abgeschafft. Unter 60 Personen, die sich auf seinen Aufruf meldeten, wählte Collins für den Film vier Frauen aus, mit denen er sich in ihren Wohnungen und an ihren ehemaligen Arbeitsplätzen über die Veränderungen in ihrem Alltag und ihren Überzeugungen nach 1989 unterhielt. Zwischen die Interviewszenen montiert Collins persönliche Erinnerungen und Archivaufnahmen aus der Hochzeit des sozialistischen Staats, darunter Propagandafilme, Fernsehsendungen und öffentliche Masseninszenierungen. Der vertraute und entschieden empathische Ton des Filmes vermittelt den Eindruck von einer vergangenen und dennoch präsenten Zeit.

Phil Collins, use! value! exchange!, 2010, Courtesy Shady Lane Productions
Phil Collins, use! value! exchange!, 2010, Courtesy Shady Lane Productions | © Phil Collins, Courtesy Shady Lane Productions
use! value! exchange!
Regie: Phil Collins, Farbe, 21 min., 2010, Deutsch mit englischen Untertiteln
 
use! value! exchange!, ein Pendant zu marxism today (prologue), ist eine Erweiterung von Collins Interesse an verkörperter Geschichte und gelebten Realitäten bis in die Gegenwart. Der Film zeigt einen Vortrag von einer der vier Protagonist*innen aus marxism today (prologue) vor einer neuen Generation von Studenten der Hochschule für Wirtschaft und Technik in Berlin-Karlshorst. Andrea Ferber, die einst an der damals noch unter dem Namen „Hochschule für Ökonomie Bruno Leuschner“ bekannten Eliteuniversität studiert und gelehrt hat, kehrt zurück, um eine aus ihrem ehemaligen Seminarplan stammende Einleitung zu Karl Marx’ "Das Kapital" zu geben. Unterbrochen wird der Vortrag durch Aufnahmen, die Collins bei der Verlegung des Marx-Engels-Denkmals von einem öffentlichen Ort in der Nähe des Alexanderplatzes an einen unweit gelegenen, doch weniger prominenten Ort, gemacht hat. Die kaum bekannte Umsiedlung steht symbolisch für die Auslöschung der Geschichte, doch offenbart sich darin in Verbindung mit Ferbers klugen und prägnanten Darlegungen und der fehlenden Kenntnis der grundlegenden Gedanken von Marx’ ökonomischer Analyse auf Seiten der Student*innen auch das anhaltende Potenzial des Marxismus, das Wesen eines kriselnden Kapitalismus zu erkennen.


Phil Collins © © Phil Collins Phil Collins © Phil Collins
Phil Collins (1970, GB), Filmemacher und Künstler, lebt in Berlin und Wuppertal. Seine Filme, Installationen, Fotografien und Live-Events beleuchten die Schnittstellen von Kunst, Politik und Populärkultur. Collins arbeitet oft mit benachteiligten oder marginalisierten Bevölkerungsgruppen  zusammen und blickt über konventionelle mediale Darstellungen hinaus, um stattdessen einen nuancierteren und empathischeren Blickwinkel anzustreben. Seit den 1990er Jahren arbeitet er unter anderem mit Palästinensern, Kosovo-Albanern, der Jugend von Bagdad, Lehrern des Marxismus-Leninismus aus der ehemaligen DDR, einem führenden Anime-Studio in Tokio, antifaschistischen Skinheads in Malaysia, einem Obdachlosenzentrum in Köln und Häftlingen in einem der größten Gefängnisse der Vereinigten Staaten zusammen. Zu seinen jüngsten Soloprojekten und Präsentationen gehören Creative Time, New York (2018); Museum of Contemporary Art, Cleveland, OH und Manchester International Festival (beide 2017); Metropolitan Museum of Art, New York, und Museum of Contemporary Art, Chicago, IL (beide 2016); Gallery of Modern Art, Glasgow (2015); Museum Ludwig, Köln (2013); und British Film Institute, London (2011). marxism today (prologue) wurde mit dem 3sat-Förderpreis der 57. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2010 ausgezeichnet. Collins ist Professor für Videokunst und Performance an der Kunsthochschule für Medien in Köln.
 

Details

Gray Center for Arts and Inquiry

929 E. 60th St., Set 112
Chicago

Sprache: Deutsch mit englischen UT
Preis: Freier Eintritt

rsvp-chicago@goethe.de
Diese Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe Filmreihe: Marx Now.