Film
“Serious Games”: Hito Steyerls November (2018) und In Free Fall (2010)

In Free Fall © Hito Steyerl
© Hito Steyerl

National Gallery of Art

Verschiedene Filmgenres und Bewegungen haben im Laufe der Jahre Anspruch auf die Wahrheit im Kino erhoben — die actualités der Brüder Lumière, das von Dziga Vertov vertretene Kino-Pravda, die „Ethnofiction“ der anthropologischen Filmen von Jean Rouch und die „ekstatische Wahrheit“ der Dokumentarfilme Werner Herzogs sind nur einige Beispiele. Der Dokumentarfilm ist noch immer ein wichtiges Filmgenre, und doch haben in der Zwischenzeit viele Filmemacher die Bandbreite ihrer Praxis erweitert und Arbeiten geschaffen, die Kunst und Anthropologie, Dokumentation und Fiktion, Bildung und Unterhaltung sowie die Galerie und das Kino miteinander verbinden.

Serious Games: Dokumentarische Kunst zwischen Fakt und Fiktion erkundet einen Querschnitt dokumentarischer Praxis deutscher Filmemacher und Künstler mit einem Fokus auf Krieg und Konflikt. Durch das Verwischen der Grenzen zwischen Fakt und Fiktion zeigen diese Arbeiten auch die Fluidität der Ausstellungspraxis zwischen der Black Box des Kinos und des White Cube der Galerie. Präsentiert in Zusammenarbeit mit der National Gallery of Art, mit besonderem Dank an Zach Feldman für die Organisation des Programms.

November
Deutschland, 2004, 30 min., Regie: Hito Steyerl

Sergei Eisensteins revolutionären Film Oktober (1928) zitierend erklärt die Künstlerin Hito Steyerl: „November ist die Zeit nach Oktober, die Zeit, in der die Revolution vorbei zu sein scheint und periphere Kämpfe, lokal und fast nicht mehr zu kommunizieren sind.“ Ausgestellt auf der Documenta 12 (2007) folgt der Film lose Steyerls Kindheitsfreundin, der Soziologin Andrea Wolf, und der Aneignung ihres Bildes als Ikone des Märtyrertums. Steyerl stellt die Verbreitung von Bildern im digitalen Zeitalter und die Geschichten, die sie enthalten, in den Vordergrund und übt gleichzeitig scharfe Kritik an der Wiederbewaffnung Deutschlands.

In Free Fall
Deutschland, 2010, 30 min., Regie: Hito Steyerl

Als Antwort auf die Finanzkrise von 2008 lässt Hito Steyerl ihren Film In Free Fall auf einem Friedhof für ausrangierte Flugzeuge in der Mojave-Wüste spielen. Durch die Verwendung von Hollywood-Flugzeugabsturz-Montagen, Interviews mit dem Besitzer des Schrottplatzes, einem Schauspieler, der einen Luftfahrtexperten spielt und einem arbeitslosen Kameramann beschwört der Film eine Doppeldeutigkeit herauf,  die Flugzeugabstürze mit Börsenabstürzen in Verbindung bringt. Wie viele von Steyerls Arbeiten verwirft auch In Free Fall die Unterscheidung zwischen Dokumentation und Fiktion, um Themen wie Arbeit, die Kulturindustrie und die Missstände des Kapitalismus zum Ausdruck zu bringen.

Hito Steyerl wurde 1966 in München geboren und lebt und arbeitet heute in Berlin. Als Filmemacherin, Philosophin und Kulturkritikerin verankert Steyerl ihre investigative Praxis in der Vervielfältigung digitaler Bilder und der großangelegten Auswirkung solcher Umstände. Steyerls Arbeit umfasst Essays, Lesungen, Installationen, Video und Fotografie.

Durch die Auseinandersetzung mit Themen wie dem Einfluss des Geldes auf die Kunstwelt, der Philosophie des Poststrukturalismus, freien Häfen und militärischer Propaganda ist Steyerls Praxis sowohl hochpolitisch als auch zeitgemäß. Zusätzlich zu ihrer Lehrtätigkeit hat sie das Research Center for Proxy Politics mitbegründet; Die Organisation war von 2014 bis 2017 aktiv und organisierte Lesungen und Diskussionen zu verschiedenen Themen, darunter Möglichkeiten des Widerstands in einer vernetzten Gesellschaft und die Rolle der Kunst in Notfallsituationen.

Für mehr Informationen über die Filmvorführung klicken Sie bitten auf den "National Gallery of Art - Film Programs" Link (rechts).

Details

National Gallery of Art

East Building Auditorium
4th Street & Constitution Avenue NW
Washington, DC 20001

Sprache: Deutsch mit englischen Untertiteln
Preis: Kostenfrei

+1 (202) 847-4700 info-washington@goethe.de
Diese Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe Serious Games: Dokumentarische Kunst zwischen Fakt und Fiktion.