Filmvorführung Die Vermessung der Welt

Vermessung der Welt © Boje Buck Produktion

30.03.18
18.30 Uhr

Goethe-Institut New York

Ihre Kindheit könnte unterschiedlicher kaum sein: Alexander von Humboldt, der Sohn einer Adelsfamilie, hat in Berlin die besten Privatlehrer, ein wohlhabendes, renommiertes Elternhaus und die Protektion der Mächtigen. Carl Friedrich Gauß wächst in Armut auf, wird von Mitschülern und Lehrern verprügelt und bekommt dann, als sein mathematisches Talent nicht mehr zu übersehen ist, doch noch ein Stipendium des Herzogs von Braunschweig. Trotz der unterschiedlichen persönlichen Entwicklung im Kindes- und Jugendalter haben die beiden Forscher eine zweifellose Gemeinsamkeit: eine grenzlose Neugier. So geht es auch im Zentrum des Films nicht um die Definition der wissenschaftlichen Leistungen der beiden Männer, sondern um ihre unterschiedlichen Methoden, ihre Neugier in Kreativität umzusetzen. Alexander von Humboldt hat immerhin einen lebensfreudigen Reisegefährten, den Franzosen Aimé Bonpland dabei, der ihm auch einmal zornig die Frage stellt: „Warum müssen Sie so deutsch sein?“ 

Wie die Vorlage erzählt auch der Film lange in parallelen Episoden vom Leben und von den Unternehmungen der beiden Männer. Mit der visuellen Konkretisierung (gedreht wurde in Görlitz, Wien und Ecuador) ist die Geschichte handfester geworden – und der im Roman sehr sublime Humor klingt nun direkter, manchmal fast derb. Dabei ist es dem Regisseur und seinem prominenten Kameramann gelungen, die Bilder aus der deutschen Provinz des beginnenden 19. Jahrhunderts nicht minder intensiv zu gestalten als die exotischen Szenen vom Dschungel in Ecuador. Die Geschichte endet nicht mit der Verklärung der „großen Deutschen“, wie sie von zahlreichen deutschen Filmen über Jahrzehnte hinweg betrieben wurde; am Ende herrscht das Gefühl von Melancholie. Gauß ist ein alter Mann geworden, der aus der Begegnung mit dem hoch geschätzten, aber vergreisten Immanuel Kant längst nicht mehr den Gewinn zieht, den er sich lange versprochen hatte, und Alexander von Humboldt ist noch einmal unterwegs, über Russland nach Asien, um dort als Wunderheiler verkannt zu werden. „Was bleibt?“, fragt er zum Schluss, und gibt selbst die Antwort: „Immer die Neugier!“.

Detlev Buck, Deutschland, 2011/12, 119 Min.
 

 

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