Film Art & Power: Lutz Dammbeck – Die animierten Kurzfilme von Lutz Dammbeck

Lutz Dammbeck © DEFA Lutz Dammbeck © DEFA

Do, 22.08.2019

18:30 Uhr

Goethe-Institut Washington

Der deutsche Regisseur und Medienkünstler Lutz Dammbeck wird, anschließend an seinen Aufenthalt als Artist-in-Residence der DEFA Film Library an der University of Massachusetts Amherst, mit seiner aus 18 Dokumentar- und Animationsfilmen bestehenden Filmreihe Art & Power: Lutz Dammbeck auf US-Tour gehen. Alle Film der Tour werden zur Ausleihe und zum Streaming zu Bildungszwecken von der DEFA Library zur Verfügung gestellt.

Die Tour-Etappe in Washington DC besteht aus drei Vorführungen von Dammbecks Arbeiten, zwei  davon beinhalten Q&As und eine Diskussion mit dem Filmemacher selbst. Das Filmprogramm, einschließlich Lutz Dammbecks Auftritt in der National Gallery of Art am 15. September und im Goethe-Institut Washington am 16. September, werden ermöglicht durch die Unterstützung von Wunderbar Together: Germany and the U.S., der DEFA-Stiftung und der DEFA Film Library an der University of Massachusetts Amherst.

Die animierten Kurzfilme von Lutz Dammbeck

An introduction to the film will be provided by Peter Rollberg, Professor of Slavic Languages, Film Studies, and International Affairs at The George Washington University. A discussion will follow the screening.

Nach Ende seines Wehrdienstes wurde Lutz Dammbeck freischaffender Maler und Grafikkünstler in Leipzig und produzierte 1975-76 seinen ersten DEFA-Animationsfilm Der Mond — einen Kurzfilm für Kinder. Als Freiberufler führte er Regie bei fünf weiteren animierten Kurzfilmen für die DEFA. Einer davon ist Der Schneider von Ulm, eine Adaption von Bertold Brechts Gedicht über einen gegen die Obrigkeit rebellierenden Schneider, den er auf Einladung des legendären Trickfilmregisseurs Kurt Weiler herstellte. Später in seiner Karriere führte Dammbeck bei einem weiteren Trickfilm Regie: 1993 fürs Fernsehen produziert, erzählt der auf einer mittelalterlichen Legende basierende Kinderfilm Herzog Ernst die Geschichte des ersten Kreuzzuges und eines tapferen Ritters, der das Herz einer Prinzessin gewinnt.
Zur Reservierung Lebe!
DDR, DEFA, 1978, 11 min., Farbe, Animation, ohne Dialog
Dieser Kurzfilm zeichnet die Geschichte eines Mannes von der Geburt bis ins hohe Alter nach. Die magischen Träume seiner Jugend tauchen von Zeit zu Zeit auf, doch schon bald schleicht sich die tägliche Routine ein. Sein Streben nach materiellem Wohlstand—wozu ein Trabant, ein Regalsystem und ein Boot gehören—führen dazu, dass er seine jugendlichen Ideale aufgibt und am Ende zum Sklaven seines Besitzes wird. In den letzten Einstellung des Films erinnert das Wort „LEBE“—in großen, weißen Buchstaben—den Zuschauer daran, die eigenen Träume nicht zu vergessen.

Der Schneider von Ulm
DDR, DEFA Studios, 1979, 15 min., Farbe, Animation, Deutsch mit englischen Untertiteln
Die kleine Stadt Ulm wird von ihrem Bischof regiert und unterdrückt. Der einzige, der sich gegen ihn auflehnt, ist der Schneider, der auch Künstler ist. Er rebelliert gegen die Macht des Bischofs und glaubt daran, das Unmögliche möglich machen zu können. Er glaubt an seinen Traum—dass er fliegen kann!

Dieser Trickfilm basiert auf dem gleichnamigen Gedicht von Bertold Brecht. Im Film versteckt Dammbeck außerdem eine Referenz an Panamarenko (auf den Hut des Schneiders geschrieben), den belgischen Künstler, der Mitte der 1960er und -70er Jahre für seine Mixed-Media-Skulpturen fliegender Objekte bekannt wurde.

Dammbeck machte diesen Film—eine Referenz an den Ikarus-Mythos und eine Metapher für Versagen, Hoffnung und menschlichen Forscherdrang—auf Einladung des legendären Trickfilmregisseurs Kurt Weiler. Es ist das erste Beispiel für Dammbecks experimentellen, grotesken, surrealistischen Animationsstil. Die Idee des Fliegens, die Dammbeck hier verwendet, wird in seinen nächsten Filmen immer wieder auftauchen. Der Schneider von Ulm etablierte Dammbecks Ruf unter den ostdeutschen Trickfilmregisseuren.

Einmart
DDR, DEFA Studios , 1981, 15 min., Farbe, Animation, Deutsch mit englischen Untertiteln
Mutanten leben auf einem hermetisch abgeschlossenen, zerstörten Planeten. Der Protagonist des Films, ein Kopf mit Händen, doch ohne Körper, schleift sich durch eine öde, lichtlose Landschaft isolierter, zufällig angeordneter Organe und Zellansammlungen. Er sucht die Simulationsmaschine, die ihm die Illusion des freien Fliegens ermöglichen soll.

Der Herrscher des Planeten ist ein großer schwarzer Vogelmann, der den freien Flug offensichtlich zelebriert. Der Protagonist und die anderen Kreaturen wollen ihre erdgebundene Existenz hinter sich lassen und versuchen, ihn zu imitieren. Der Flug des Protagonisten endet jedoch mit der Desillusionierung. Sein Bewegungsradius wird von einem kuppelförmigen Netz begrenzt, was ihm nur den Blick nach draußen erlaubt, wo der freie und schwerelose Flug möglich erscheint. Er kann den Sprung riskieren, doch das könnte ihn das Leben kosten.

Mit seiner reichen Bilderwelt, unterstrichen von der musique concrete und meisterhaften Paraphrasen Buñuels und Tarkowskys war Einmart sowohl umstritten bei den Funktionären und setzte neue Standards im ostdeutschen Animationsfilm. Der Film wurde bei Programmkino-Cineasten und Intellektuellen zum Geheimtipp, die ihn als Parabel auf den ostdeutschen Überwachungsstaat ansahen.

Die Flut
DDR, DEFA-Studios, 1986, 10 min., Farbe, Trickfilm, kein Dialog
Zwei Männer sitzen auf einer Insel und betrachten den Sonnenuntergang. Als ein Sturm aufkommt, beschließen sie, ein Boot zu bauen. Während dem einen Mann die immer näher rückende Gefahr bewusst ist und er zur Eile mahnt, verschwendet der andere seine Zeit auf dekorative Details. Dammbecks letzter in der DDR entstandener Film, bevor er nach Westdeutschland ausreiste, basiert auf einer chinesischen Fabel, mit Musik des international bekannten Jazzmusikers Günter “Baby” Sommer.
 
Herzog Ernst
DDR, 1984-1993, 45 min., Farbe, Trickfilm, Deutsch mit englischen Untertiteln
Der junge Herzog Ernst will ein guter Ritter werden, doch seine Chancen stehen schlecht. Der Kaiser — der das Schloss des Herzogs übernehmen und seine Mutter heiraten möchte — hat Ernst zu Unrecht des Mordes anklagen und ins Gefängnis werfen lassen. Die einzige Möglichkeit, dem Tod zu entkommen, ist sich freiwillig zur Suche nach dem legendären Karfunkelstein zu melden. Auf dem Weg trifft Ernst auf fleischfressende Steine, Magnetberge, den Riesenvogel Roc und viele fantastische Abenteuer.

Dammbeck arbeitete fast 10 Jahre an diesem animierten Kinderfilm, der auf einer erstmals 1284 schriftlich erfassten, mittelalterlichen Legende basiert. Kritiker nennen den Film ein Meisterwerk und heben die fantasievollen Charaktere, die schöne Farbgebung und die Poesie des Films hervor.

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