Film Art & Power: Lutz Dammbeck – Die experimentellen Kurzfilme & Dokumentarfilme von Lutz Dammbeck

Die experimentellen Kurzfilme & Dokumentarfilme von Lutz Dammbeck © Lutz Dammbeck

Mo, 16.09.2019

18:30 Uhr

Goethe-Institut Washington

Der deutsche Regisseur und Medienkünstler Lutz Dammbeck wird, anschließend an seinen Aufenthalt als Artist-in-Residence der DEFA Film Library an der University of Massachusetts Amherst, mit seiner aus 18 Dokumentar- und Animationsfilmen bestehenden Filmreihe Art & Power: Lutz Dammbeck auf US-Tour gehen. Alle Film der Tour werden zur Ausleihe und zum Streaming zu Bildungszwecken von der DEFA Library zur Verfügung gestellt.

Die Tour-Etappe in Washington, DC besteht aus drei Vorführungen von Dammbecks Arbeiten, zwei  davon beinhalten Q&As und eine Diskussion mit dem Filmemacher selbst. Das Filmprogramm, einschließlich Lutz Dammbecks Auftritt in der National Gallery of Art am 15. September und im Goethe-Institut Washington am 16. September, werden ermöglicht durch die Unterstützung von Wunderbar Together: Germany and the U.S., der DEFA-Stiftung und der DEFA Film Library an der University of Massachusetts Amherst.

Die experimentellen Kurzfilme & Dokumentarfilme von Lutz Dammbeck

Im Anschluss folgt ein Q&A und eine Diskussion mit Lutz Dammbeck.

Ab den 70er Jahren arbeitete Dammbeck an eigenen Super-8-, 35-mm- und Videoprojekten, darunter Metamorphosen I — einer der ersten in der DDR öffentlich gezeigten Experimentalfilme — und Hommage à La Sarraz, die beide die kameralose Animation einsetzen. Diese beiden Filme waren der Beginn von Dammbecks Langzeitkunstprojekt Herakles-Konzept, welches der Künstler als ein Gesamtkunstwerk ansieht, das Forschungsmaterialien, Medienkollagen, Fotografien, Texte, Malerei, Tanz, Film und Musik umfasst. Dammbeck hat seither immer wieder an verschiedenen Sequenzen und Variationen seines Herakles-Projektes gearbeitet.

In der DDR war Lutz Dammbeck Mitorganisator zweier bahnbrechender Ausstellungen, die eine Alternative zu den staatlich organisierten Kunstschauen bieten sollten. Im Jahr 1977 war er an der Entwicklung des Konzepts für eine intermediale Ausstellung mit dem Titel Tangenten I beteiligt, die 1978 verboten wurde und niemals stattfand. Metamorphosen I ist eine experimentelle Filmcollage, die Teil der Ausstellung werden sollte. Mit fünf weiteren jungen Leipziger Künstlern eröffnete er dann den 1. Leipziger Herbstsalon im Herbst 1984. Die private Ausstellung sah sich der Kritik und Missbilligung der Funktionäre ausgesetzt. Das Kurzfilmfragment 1. Leipziger Herbstsalon zeigt Originalaufnahmen der Ausstellung des Kameramanns Thomas Plenert, mit dem Dammbeck auch bei anderen Produktionen zusammenarbeitete.
Zur Reservierung Metamorphosen I
DDR, 1978, 7 min., s/w / Farbe, Experimentalfilm, ohne Dialog

Für die 1977 gezeigte intermediale Ausstellung Tangenten I hatten Dammbeck und sein Mitorganisator, der Bildhauer und Maler Frieder Heinze eine Zusammenarbeit an einem Film geplant, der die kameralose Animation mit 35mm-Aufnahmen einer Zugfahrt zwischen den zwei Dresdner Bezirken Radebeul und Pieschen verbinden sollte. Als Tangenten I verboten wurde, wandte sich Heinze anderen Projekten zu, Dammbeck arbeite jedoch allein an dem Film weiter. Metamorposen I — der erste Experimentalfilm, der in der DDR öffentlich aufgeführt wurde — markiert den filmischen Anfang von Dammbecks Langzeit-Kunstprojekt Herakles-Konzept.

Hommage à La Sarraz
DDR, 1981, 12 min., s/w, Experimentalfilm, Deutsch mit englischen Untertiteln

In diesem experimentellen Kurzfilm verlegt Dammbeck seinen Leipziger Künstlerkreis, bekannt als den Herbstsalon, nach La Sarraz Palace in der Schweiz. Im Jahr 1929 war La Sarraz der Schauplatz eines legendären Kongresses, der von den führenden europäischen Avantgarde-Filmemachern abgehalten wurde — darunter Sergei Eisenstein, Béla Balázs, Ivor Montagu, Hans Richter und Walter Ruttmann — die ein unabhängiges Kino als Forum zur Diskussion von Fragen wie elitäres Denken, den Geschmack der Massen und die Unterschiede zwischen Kunst und Leben schaffen wollten. Es ist jedoch nicht nur die Geschichte des Avantgardefilms, die in Homage à la Sarraz zur Debatte steht. Es sind auch die Bilder und Töne aus der Zeit nach 1933: Stimmen und Visionen der Nazivergangenheit vermischen sich mit den Stimmen und (Tele-)Visionen der (1981) sozialistischen Gegenwart und deuten damit gewissen Analogien an. Formal experimentiert der Regisseur mit Übermalung und kameraloser Animation.

Homage à la Sarraz und Dammbecks früherer Experimentalfilm, Metamorphosen I markieren den filmischen Beginn des  Langzeitprojekts des Künstlers, Herakles-Konzept.

1. Leipziger Herbstsalon
DDR-Deutschland, 1984-2008, 22 min., s/w, Dokumentarfilm. Stummfilm, mit englischen Zwischentiteln

Im Herbst 1984 organisierten Lutz Dammbeck und fünf andere junge Künstler heimlich die sensationelle Ausstellung mit dem Namen 1. Leipziger Herbstsalon als Protest gegen offizielle Kunstschauen und gescheiterte Reformen des ostdeutschen Kunstmarkts. Die private Ausstellung dauerte beinahe einen Monat und stellte die Autorität der Kulturfunktionäre in Frage. Dieser Kurzfilm enthält Originalaufnahmen des Kameramanns Thomas Plenert, der die Künstler bei der Vorbereitung der Ausstellung am Tag vor der Eröffnung zeigt.
 
Dürers Erben

Deutschland, 1996, 59 min., s/w / Farbe, Dokumentarfilm, Deutsch mit englischen Untertiteln

Ein Bild von Harry Blume aus dem Jahr 1961 steht im Zentrum dieses Films: außer dem Maler selbst zeigt das Bild auch die Künstler Werner Tübke, Bernhard Heisig, Heinrich Witz und Hans Mayer-Foreyt. Alle fünf waren Mitglieder der ersten Nachkriegsgeneration, die an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst Kunst studierten, als sie 1947 wiedereröffnete. Einige von ihnen wurden später an der selben Hochschule Professoren. Der Regisseur Lutz Dammbeck, selbst ein Alumnus der Hochschule, präsentiert die Ursprünge des neues deutschen Realismus, der von der sogenannten Leipziger Schule im Kontext des sozialistisch-realistischen Dogmas der DDR in der Zeit vor dem Mauerbau 1961 entwickelt wurde. Was passierte nach dem Fall der Mauer 1989 mit den Hauptvertretern der Malerei der Leipziger Schule Werner Tübke und Bernhard Heisig, die von westdeutschen Journalisten in den 70er Jahren noch „Dürers rote Erben“ genannt wurden? Im Film sprechen Tübke, Heisig und ehemalige DDR-Funktionäre, die zu jener Zeit in die Leipziger Kunstwelt involviert waren, über Modernismus, Konformismus, politischen Druck, Parteidisziplin, persönliche Ansprüche und schwindende Erinnerungen. Der Dokumentarfilm zeichnet ein aufschlussreiches und oft kritisches Bild der frühen ostdeutschen Kunstgeschichte.

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