Start-ups
Deutschland, deine Gründer

Start-ups streben nach Innovation und Wachstum.
Foto (Zuschnitt): © Sergey Nivens

Zehn Jahre nach der weltweiten Finanzkrise von 2008 sind Start-ups ein fester Bestandteil der deutschen Unternehmenslandschaft. Innovative Neugründungen schaffen neue Perspektiven, und dies nicht nur für den Arbeitsmarkt.

Start-ups – also junge Unternehmen, die gleichermaßen nach Innovation und Wachstum streben – sind ein fester Bestandteil der deutschen Unternehmenslandschaft: Sie schaffen hierzulande jeden zweiten neuen Arbeitsplatz. Gewinne zu erzielen steht bei den meisten Start-ups jedoch nicht im Vordergrund, zumindest nicht in den ersten Jahren. Viel wichtiger ist es, Investoren vom innovativen Charakter und Wachstumspotenzial des Unternehmens zu überzeugen. Nachvollziehen lässt sich das am Beispiel des 2011 gegründeten Berliner Start-ups Delivery Hero, das hungrigen Kunden via App einen Lieferservice in ihrer Umgebung schmackhaft macht. Trotz kontinuierlich roter Zahlen sicherte sich Delivery Hero zuletzt die rekordverdächtige Investitionssumme von 387 Millionen Euro. Damit wächst der Unternehmenswert des Start-ups auf insgesamt mehr als vier Milliarden Euro. Delivery Hero ist somit Teil des exklusiven Klubs der „Unicorns“: Das sind Start-ups, die auf mehr als eine Milliarde Dollar Marktwert geschätzt werden. 149 Unicorns zählt die Tageszeitung Wall Street Journal weltweit, fünf davon in Deutschland.

Die Start-up-Szene in Deutschland

Ein Silicon Valley – ein eigenes Stadtviertel, in dem Gründergeist, technisches Know-how und Risikokapital nach amerikanischem Vorbild bei einem Café Latte oder einer Partie Ultimate Frisbee aufeinander treffen, um das nächste Milliarden-Dollar-Einhorn aus der Wiege zu heben – sucht man in Deutschland vergebens. Stattdessen konzentriert sich die Start-up-Szene in den städtischen Ballungszentren, allen voran Berlin, München, Hamburg und Köln. Hier befinden sich mehr als die Hälfte der insgesamt 2.407 Start-ups, die in der Datenbank des Onlinemagazins Gründerszene verzeichnet sind, 729 davon allein in Berlin. Die Hauptstadt hat im Bereich E-Commerce, der Branche mit dem deutschlandweit höchsten Investitionszufluss, die Nase vorn. Fast eine Milliarde Euro wurde hier im ersten Halbjahr 2017 in E-Commerce Start-ups investiert. In Bayern hingegen boomt vor allem der Bereich eHealth, in den im selben Zeitraum 75 Millionen Euro Risikokapital flossen. In Hamburg ist der FinTech-Bereich stark vertreten, dennoch liegt die Hansestadt mit einem Zufluss von 135 Millionen Euro Risikokapital hinter Berlin (141 Millionen Euro). Branchenübergreifend punktet in Deutschland vor allem der Sektor Green Economy: Fast jede fünfte Neugründung dreht sich um Energieeffizienz und erneuerbare Energie.
 
Dank der Rekordinvestitionen im ersten Halbjahr 2017 schlägt das aktuelle Start-up-Barometer geradezu aus. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Gesamtwert deutscher Start-ups von 971 Millionen auf 2,1 Milliarden Euro, also um 123 Prozent.

Gute Infrastruktur, bürokratische Hürden

Trotz der Rekordsummen sind die deutschen Start-up-Hotspots im EU-Vergleich in den letzten Jahren im Ranking etwas zurückgerutscht. Lag Berlin 2015 bei Neuinvestitionen noch europaweit an erster Stelle, stehen London, Paris und Stockholm nun vor der Bundeshauptstadt. Immerhin: Mit München auf Platz Sieben schafft es eine weitere deutsche Stadt in die Top-10 der europäischen Start-up-Metropolen.
 
Fragt man Gründer, wie sie den Standort Deutschland bewerten, schneidet die Infrastruktur besonders gut ab. In einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands Bitkom zeigen sich neun von zehn Start-Ups mit der Verkehrsinfrastruktur zufrieden, 77 Prozent mit der Netzgeschwindigkeit. Der öffentlichen Verwaltung stellen die Befragten hingegen ein schlechtes Zeugnis aus: 40 Prozent bewerten die Zusammenarbeit mit den Behörden als nicht zufriedenstellend. Laut dem Vorsitzenden des Bundesverbands Deutsche Start-ups, Florian Nöll, stoßen sich junge Unternehmen vor allem bei der Neueinstellung von ausländischen Mitarbeitern an bürokratischen Hürden. Jeder vierte Start-up-Mitarbeiter kommt aus dem Ausland.

Heute Start-up, morgen Traditionsbetrieb

Darüber, wie lange ein Start-up ein Start-up ist, entscheidet letztendlich, wie sich das Unternehmen weiterentwickelt. Am Ende des Start-up-Zyklus steht im Idealfall der Börsengang oder der Kauf durch ein etabliertes Großunternehmen. Laut einer im Sommer 2017 von PricewaterhouseCoopers (PwC) durchgeführten Studie verfolgt jeder fünfte Neugründer das Ziel, möglichst lukrativ an einen Konzern zu verkaufen. Doch zur Mentalität der Start-up-Szene gehört es auch, keine Angst vor dem Scheitern zu zeigen. 40 Prozent der IT-Start-ups in Deutschland erleiden dieses Schicksal in den ersten fünf Jahren. Anderen hingegen gelingt der große Sprung. Man denke beispielsweise an das Versandhaus Zalando, das 2008, im Jahr der Finanzkrise, gegründet wurde und mittlerweile verlässlich Milliardenumsätze einfährt. Rein materiell sind die Motive der deutschen Gründer aber nicht: Der PwC-Studie zufolge geht es Start-up-Betreibern und Betreiberinnen darum, ihre Geschäftsidee zu verwirklichen, von der sie überzeugt sind und bei der sie eigene Interessen einbringen können.