Documenta 15

Documenta fifteen in Usbekistan Collage: by @saodatismailova

Saodat Ismailova gestaltet gemeinsam mit ihrer Forschungsgruppe DAVRA eine Ausstellung und ein öffentliches Winterprogramm auf den Spuren der documenta 15

 

Die Videokünstlerin und Filmemacherin Saodat Ismailova hat 2022 an einer der renommiertesten internationalen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst teilgenommen – der documenta 15. Die Veranstaltung findet alle fünf Jahre in der deutschen Stadt Kassel statt. In diesem Jahr hatte das indonesische Kollektiv ruangrupa die künstlerische Leitung der Ausstellung inne.

Für ihr Projekt, das sich mit dem Phänomen der zentralasiatischen Chiltan-Mythologie auseinandersetzt, präsentierte Ismailova mehrere Videoarbeiten, darunter den neuen Film von Bibi Seshanbe, der eigens für die documenta 15 entstanden war. Darüber hinaus hat sie die DAVRA initiiert, eine Gruppe von 19 jungen Künstlerinnen aus Zentralasien. DAVRA präsentierten in Kassel ein 41-tägiges öffentliches Programm und eine eigens in Auftrag gegebene Publikation.

Im Zentrum der Präsentation auf der documenta standen die sogenannten „Chiltans“ (kirkchiltan, chilton, shilten), 40 sagenhafte Wesen, die in schwierigen Zeiten des Lebens auftauchen, um die Menschen zu leiten und zu schützen. Chiltans können die Form von Tieren, menschlichen oder menschenhaften Wesen, Naturphänomenen oder Pflanzen annehmen. Chilltans sind nur in wenigen Quellen erwähnt: etwa in rituellen medizinischen Texten, in Epen, Gedichten und in mündlich tradierten Erzählungen.

In Rahmen der „Winterchilla“ (die 40 kältesten Tage des Jahres) wird das DAVRA-Team eine Ausstellung am Goethe-Institut Taschkent durchführen. In der Ausstellung werden Werke und Installationen von Künstler*innen aus Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan und Tatarstan gezeigt, die im Rahmen des Projekts entstanden sind.

Im öffentlichen Programm erwarten die Besucher u. a. Filme aus der Sammlung  “Lumbung Films” (Filme der fünfzehn Teilnehmer der documenta Kassel). Lumbung ist das indonesische Wort für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der die Ernte für die Gemeinschaft gelagert wird. Für die documenta 15 sollten mit der Lumbung-Praxis Nachhaltigkeitsmodelle und zwischenmenschliche Beziehungen in das Zentrum rücken.

Über die Künstler:
Saodat Ismailova ist eine usbekische Künstlerin und Filmemacherin. Sie absolvierte das Staatliche Kunstinstitut in Taschkent und die Nationale Schule für zeitgenössische Kunst in Le Fresnoy in Frankreich.  Ihre Filme und Videoinstallationen wurden u. a. auf der Biennale in Venedig, der Berlinale und dem Internationalen Filmfestival von Rotterdam gezeigt. Die Werke von Saodat Ismailova befinden sich in der Sammlung des Centre Pompidou in Paris, des Stedelijk Museum in Amsterdam, des Almaty Art Museum in Kasachstan und in Privatsammlungen.

Im Jahr 2022 nahm Saodat Ismailova an der Hauptausstellung "Milk of Dreams" auf der 59. Biennale von Venedig teil und präsentierte ein neues Werk auf der documenta 15, für das sie auch die zentralasiatische Künstlerforschungsgruppe DAVRA ins Leben rief.  Ismailova wurde 2022 mit dem Eye Art & Film Prize in Amsterdam ausgezeichnet.

DAVRA ist eine Forschungsgruppe und ein Kollektiv, das von Saodat Ismailova als Teil ihres Chiltan-Projekts für die documenta fünfzehn im Jahr 2022 initiiert wurde.

Die Gruppe nahm ihren Anfang während der Sommerchilla auf der documenta 15 in Kassel, mit einem umfangreichen öffentlichen Programm, das sich der Neuinterpretation des Chiltans durch kollektive künstlerische Praktiken widmete. Diese Erfahrung hat bei DAVRA ähnliche Qualitäten der Reinkarnation angenommen wie bei den Chiltans - der Sinn ist, dass die Gruppe offen und fließend ist in Bezug auf den Arbeitsprozess und ihre Teilnehmer.

DAVRAs Hauptinspirationsquelle ist die Erforschung des regionalen materiellen und immateriellen Erbes Zentralasiens. Sie zielen auch darauf ab, das von Generation zu Generation weitergegebene Wissen zu überdenken und neue Formen der Übermittlung wie Dokumentation, Archivierung und analytische Verfahren zu finden. Als Plattform will DAVRA, die Intensivierung der regionalen Vernetzung in einem künstlerischen und wissenschaftlichen Umfeld erreichen und vor allem lokale Handlungs- und Reflexionsprozesse entwickeln, um das heutige Zentralasien neu zu denken.

Termine und praktische Informationen:
Das öffentliche DAVRA-Winterprogramm und die Ausstellung beginnen am 19. Dezember 2022 und laufen bis einschließlich dem 3. Februar 2023. Wöchentlich werden unterschiedliche Veranstaltungen angeboten.

Der Veranstaltungsort ist das Goethe-Institut Taschkent.

  • Davra - Documenta 15 Foto: © Aida Adilbek

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