Ihre Bilder sind zwar offen, beladen mit Bezügen, mit dem Raum und der Zeit in Spannung, in denen sie leben [...] Aber es ist nicht immer möglich, in ihrem Werk die unverkennbare Spur der Landschaft oder irgendeines anderen Naturelementes zu erkennen. Sie setzt auf Verwandlung und Synthese. Wer also denkt, dass ihre Werke viel Abstraktes besitzen, liegt richtig; aber wer in denselben Werken Spuren des Figurativen erkennt, liegt dennoch nicht falsch. Ihre sich wandelnde, vom Licht dieser Tropen ausgewählt beleuchtete und vermehrte Natur gefangen zu nehmen, bedeutete für sie notwendigerweise, das Auge und das Gedächtnis mit dem Mehrdeutigen spielen zu lassen, die Fläche zu öffnen, die Texturen zu vermehren, die zum Natürlichen neigenden Räume, die von der Architektur und den Gegenständen geschaffenen Räume sowie die subjektiven Räume der eigenen Innerlichkeit nebeneinander existieren zu lassen. [...] Mit ihren fragmentierten Gegenständen (Collagen), den Bezügen und Verknüpfungen (Federzeichnungen), den Widerspiegelungen (Gouache-Lasuren) und flachen Räumen (großflächige Ölgemälden) spielt Richter ständig mit einem Gefühl der Freiheit.“
María Elena Ramos. Innere Landschaften. Kunst und Natur. Lagoven-Hefte. Caracas, 1987.
„Luisa Richter begreift das Leben und das Malen als ein dynamisches Ganzes voller Energie. Wenn es auf die Leinwand oder das Papier übertragen wird, kommt es dann zu einer Konvergenz von Leben und Malen. [...] Der Widerspruch entspringt aus der Freiheit selbst, die Abschluss des Ausdrucks ist. Sie ist Ausbruch im Raum, sagt Luisa, und ich füge jetzt hinzu: Sie wird durch die Zeit begrenzt. Der grundlegende Widerspruch des Menschen ist die Tatsache, Zeit im unbegrenzten Raum zu sein. Wenn die Fläche – der Raum – die Wirklichkeit des Malers ist, also der Kern, dann handelt es sich selbstverständlich um eine räumliche Begrenzung in der Zeit. [...] Gegenwart des Lichts über alle Passagen, Formen, alles Innere und alle Innerlichkeiten, über geschlossene oder nur halboffene Räume im Hintergrund, dank eines sich ausbreitenden Jenseits. [...] Aufgehaltene Werke, die sich vor der Versenkung des Betrachters selber auf- und abbauen, Sammlungen von Flächen, Kreisen, Kugeln, [...] anspruchsvolle Sichtbarkeiten. [...] Wenn ich male, schreibt Luisa in ihrem Tagebuch, habe ich keinen Überblick darüber, was ich mache, ich will sehen, bis wohin ich kommen kann. Dieses unbefleckte Ankommen, Summe aller Farben, ist Licht, in dem die Formen der Innen- und der Außenwelt Luisa Richters sich auflösen und verändern.“
Juan Liscano. Sichtbarkeitsszenarien. Sala Mendoza. Caracas, 1994.