Oma Trude  Fermentieren – gesund durch happy bubbles

Fermentieren – gesund durch happy bubbles
Fermentiertes Gemüse aller Art - ein Traum für Trude © Illustration (Detail): Celine Buldun

Lebensmittel haltbar machen liegt voll im Trend. Wie so vieles von früher. Und wer Vorräte anlegt, muss seltener in den Supermarkt – darüber freut sich Oma Trude nicht nur in Corona-Zeiten.

Ihr Lieben,
 
noch immer befinden wir uns in der Corona-Krise. Wer hätte gedacht, dass die ein solches Ausmaß annimmt? Zum Glück wurden die Regeln etwas gelockert, und ich kann mich wieder mit meiner Freundin Inge treffen – mit Sicherheitsabstand und meist mit von ihr selbstgenähten Masken. Mittlerweile gehen wir jeden Tag lange spazieren und reden über unsere neue Leidenschaft, das Fermentieren. Das macht so viel Spaß und hat so viele Vorteile, ich muss Euch unbedingt davon berichten!

Chemie – aber ganz einfach

Der Begriff Fermentieren beschreibt einen Gärprozess mit Hilfe von Bakterien. Milchsäurebakterien verändern das Gemüse, und Salz und entzogener Sauerstoff unterstützen diesen Prozess. Das ist eine sehr grobe Erklärung, aber alle Details könnt Ihr ja im Internet nachlesen. Noch etwas Wissenswertes aus der Welt der Chemie: Die Bakterien bauen Kohlenhydrate (die Zuckermoleküle) zu Milchsäure ab, wodurch der Geschmack und die Haltbarkeit entstehen.

Warum ein Trend?

Das Gemüse wird durch den Umwandlungsprozess wie „vorverdaut“ – das klingt etwas unappetitlich, heißt aber nur, dass es besser verdaulich ist. Es enthält sehr viele Vitamine, weil es nicht gekocht ist, und ist unglaublich gut für unsere Darmflora und somit für unser Immunsystem. Wir sparen aber auch Verpackung, verbrauchen keine Energie, erzeugen weniger Plastikmüll, lassen nichts verkommen, leben bewusster, geradezu „entschleunigt“. Die in unsere gesunde Ernährung investierte Zeit lohnt sich rundherum – und steht Slowfood nicht für Genuss und Geschmack?

Revival for the fittest

Obwohl das Fermentieren eine wirklich alte Methode ist, hatten weder Inge noch ich es vorher ausprobiert. Früher musste immer alles schnell gehen, als die Kinder noch bei uns wohnten. Wir waren auch bequem, gehören zu einer Generation, die den Luxus eines Kühlschranks und den von Konservendosen richtig genossen hat. Und dann geriet die schlichte Konservierungsmethode unserer Mütter einfach in Vergessenheit.
 
Vor einigen Monaten aber hatten mir meine Tochter Silke und meine Enkelin Emmi davon so vorgeschwärmt, dass ich es auch mal probieren wollte. Ihr wisst ja, ich bin experimentierfreudig!. Emiliana ist 14, sehr an gesunder Ernährung interessiert und will auf keinen Fall, dass ein Tier für sie stirbt. Also steht Gemüse ganz oben auf ihrem Speiseplan, und das wird neuerdings oft fermentiert. In Hamburg, wo Silke mit ihrer Familie lebt, gibt es sogar Kurse über das Fermentieren. Überall in den Großstädten heißt es wohl nur noch „happy bubbles“: ein Hinweis auf die blubbernden Blasen, die bei der Fermentation entstehen.

Sparsam würzen

Wer also auf dem Wochenmarkt ein Schnäppchen gemacht oder viel Gemüse aus dem eigenen Garten geerntet hat, für den ist Fermentieren eine gute Alternative zum Einkochen oder Einlegen. Das Gemüse bleibt knackig und wird leicht säuerlich. Es tun sich ganz neue Geschmackswelten auf, und man weiß immer, was drinsteckt! Das Gemüse sollte übrigens unbedingt bio sein.
 
Mit Gewürzen kann man natürlich auch noch eine Menge variieren – aber Vorsicht, nicht zu viel davon verwenden, denn das Fermentieren verstärkt den Gewürzgeschmack. Nach ein paar – nicht so geglückten – Experimenten habe ich die Faustregel gefunden: auf 500 Gramm Gemüse kommt in etwa ein Teelöffel an Gewürzen.

Aller Anfang ist orange

Mein erstes Ferment habe ich mit Karotten gemacht, sehr einfach! Empfehle ich Euch auch. Es schmeckt mit etwas Öl sehr gut zu Fisch oder Geflügel. Und das braucht Ihr:
  • 500 g Bio-Karotten
  • 1 große Knoblauchzehe
  • etwas Chili
  • einige Zweige frischen Dill
  • 20 g unraffiniertes Meersalz
  • 1 Liter Wasser 
Außerdem benötigt Ihr noch ein Bügelglas (ohne das Gummi) und ein Gewicht, um die Karotten unter der Oberfläche der Flüssigkeit zu halten. Man kann solche Gärgewichte eigens kaufen – Ihr könnt aber auch zum Beispiel Murmeln im Gefrierbeutel verwenden. Was sonst noch als Gewicht funktioniert, erzählt das Internet.
 
Wichtig ist, dass Ihr keimfrei arbeitet. Und dann kann’s losgehen:
  • Karotten gut abschrubben, Enden entfernen, in Scheiben von ½ cm schneiden
  • trocken getupfte Dillzweige sowie gehackten Knoblauch zu den dicht gepressten Karotten ins Glas geben
  • Salz im Wasser auflösen und die Karotten damit übergießen; alles muss bedeckt sein
  • Gewicht drauf, Deckel zu und mit Datum versehen
  • Tuch drüber, damit das Gemüse vor Licht geschützt ist
  • bei Raumtemperatur 1 Woche stehen lassen (20-22 Grad) danach 4-5 Wochen auf einen Teller an einen kühlen Ort stellen (16-18 Grad), anschließend sind die Karotten im Kühlschrank mind. 3 Monate haltbar. Den Teller braucht Ihr, weil manchmal Flüssigkeit aus dem Glas austritt. 
Und das war’s schon. Einfach und lecker.
 
Meine Tochter Silke hat mir empfohlen, auch einmal ein Rezept für Salzzitronen auszuprobieren. Das mach ich – mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.
 
Ihr Lieben, bleibt gesund und gut gelaunt!
Eure Trude