Oma Trude  Silvesterfeiern einmal anders

Silvester einmal anders
Silvester einmal anders © Illustration: Celine Buldun

Oma Trude hat genug von 2020. Aber sie will das Jahr trotz allem würdig und umweltfreundlich verabschieden und 2021 hoffnungsfroh begrüßen. Dafür braucht sie Töpfe, Pfannen und jede Menge Kerzenreste.

Ihr Lieben,
 
nun steht der Jahreswechsel vor der Tür und ich muss sagen: Zeit wird’s, dass dieses anstrengende und traurige Jahr ein Ende nimmt und wir hoffentlich bald wieder mit Freuden in die Zukunft blicken – Stichwort: Impfungen gegen das Coronavirus.
 

Topf statt Feuerwerksrakete

Dieses Virus hat uns vieles gezeigt, vor allem, dass nichts selbstverständlich ist auf dieser Welt. Vielleicht hilft es uns, trotz aller misslichen Auswirkungen das Gute zu suchen. Gut könnte es zum Beispiel sein, wenn wir angesichts des Klimawandels, der uns ja weiterhin beschäftigt, etwas an unseren Silvesterritualen ändern. Gerade jetzt müssen wir andere, umweltschonende Wege suchen, um „die bösen Geister lautstark zu vertreiben“. Denn die Geistervertreibung ist ja der ursprüngliche Grund, warum wir am letzten Tag des Jahres viel Lärm machen.
 

Frusttrommeln

Früher hat man dafür Töpfe, Pfannen, Rasseln und so weiter genommen. Warum also nicht ein bisschen auf die Töpfe schlagen um Mitternacht und sich den Frust von der Seele trommeln, das Virus und andere Ärgernisse mit viel Lärm symbolisch davonjagen?! Unserer Luft würde es guttun, denn die höchste Feinstaubkonzentration wird Jahr für Jahr am Tag nach der großen Knallerei gemessen. So gesehen ist es doch gar nicht schlecht, dass die großen Feuerwerke verboten worden sind, um Menschenansammlungen zu vermeiden.
 
Das sollte eigentlich die Zukunft sein: Mit sehr viel weniger Raketen Silvester zu feiern und auf diese Weise das Klima schützen – damit meine Enkel- und Urenkelkinder auch noch etwas von der Welt haben. Es wäre zwar eine aus der Not geborene Veränderung. Aber eine gute! Ich stelle mir gerade meine Enkelin Miri vor, wie sie zusammen mit ihrem Freund und meiner Urenkelin Ava auf ihrem Hamburger Balkon um Mitternacht auf einen Topf schlägt, was das Zeug hält, und dabei aus Leibeskräften johlt! Und die Nachbarsfamilie auf dem Balkon daneben tut das gleiche. Die ganze Straße hämmert auf Töpfen und Geländern, ein Riesenkrach! Herrlich – jedenfalls zum Jahreswechsel!
 

Zukunftsweisend: Wachs

Ich würde das silvesterliche Topfschlagen eigentlich auch gerne mit meiner Freundin Inge veranstalten, mit der ich gemeinsam ins neue Jahr feiern werde, aber das wäre ein zu großer Schreck für Bauer Georgs Tiere im Stall gegenüber. Also werden wir den Abend eher ruhig mit Wachsgießen verbringen und vielleicht noch einen alten Film ansehen. Wachsgießen ist im Übrigen deutlich umweltfreundlicher und weniger gesundheitsschädlich als das traditionelle Bleigießen. Aus diesem Grund hat die EU auch den Verkauf von Bleigießprodukten 2018 verboten. Inge und ich werden also unsere Zukunft anhand von Wachsgebilden deuten. Kennt Ihr das? Falls nicht, probiert es unbedingt aus. Das ist garantiert lustig!
 

Wachsgießen – so geht’s

Ihr stellt einfach Wachsrohlinge in Kaffeelöffelgröße aus Resten von Kerzen und Wachsmalstiften her. Oder nur mit Kerzenresten. Schmelzt diese Reste, am besten nach Farben sortiert, in einem Schraubglas im Wasserbad und gießt sie in Eiswürfelformen oder – ein Tipp von Inge – in die Plastikform eines leergegessenen Adventskalenders. Eure Rohlinge sollten nicht allzu groß sein, sie müssen später zum Schmelzen auf einem Kaffeelöffel Platz haben. Nach dem Abkühlen vorsichtig herausdrücken.
 

Viel Interpretationsspielraum

Am Silvesterabend braucht Ihr dann einfach nur eine Kerze auf einer Unterlage und einen alten Kaffeelöffel für jeden Gast, eine große Schüssel mit Eiswasser für alle in der Mitte (gebt Eiswürfel dazu) und am besten noch eine Liste, die Euch beim Deuten der Zukunft hilft. Davon gibt es zahlreiche im Internet. Seht Ihr in Eurer Wachsfigur zum Beispiel einen Becher, werdet ihr „Glück und Gesundheit“ erfahren. Und wenn wir alle an Silvester 2020 einen Nagel in unserer Wachsfigur hineindeuten, wollen wir nur eines: bessere Zeiten. Oder ist die Wachsfigur doch ein Tor? Dann ist ein Umzug angesagt. Auch nicht unspannend… Ihr merkt schon, man kann ziemlich viel Spaß mit der Zukunftsvorhersage haben. Das Einzige, worauf Ihr achten solltet: Kippt das flüssige Wachs schnell von Eurem Löffel ins Eiswasser, ohne den Löffel dabei einzutauchen.
 
Ein stilles Silvester im kleinen Kreis – dafür üben wir doch schon seit März, nicht wahr, Ihr Lieben? Denn wir sitzen seither gemütlich mit ein paar Kilo mehr auf den Hüften sehr sehr oft auf dem Sofa, machen Spieleabende, schauen Filme und Serien. Wir sind also gut trainiert. Dann schaffen wir den Jahreswechsel im gleichen Stil doch auch noch, oder? Abnehmen ist – wie an jedem Jahreswechsel – im nächsten Jahr angesagt.
 
In diesem Sinne: einen guten Rutsch, viel Lärm und alles Liebe!
Eure Trude