Ausgesprochen … posthuman  „Tech for Good“, aber bitte weiblich

Geschäftsfrau arbeitet hinter einer transparenten Scheibe mit einer Haftnotiz und einem handgemalten farbigen Schaubild
Mehr Frauen in die Wirtschaft – mit oder ohne Quote Foto (Detail): Giorgio Fochesato; © picture alliance / Westend61

Die deutsche Wirtschaft ist immer noch ausgesprochen männlich geprägt. Doch es wird auf verschiedenen Ebenen daran gearbeitet, die Präsenz von Frauen zu erhöhen.

Die Frauenquote ist da. Endlich. In Zukunft müssen die Vorstandsposten börsennotierter Unternehmen weiblicher werden. Konkret: Bei mehr als drei Mitgliedern, muss demnach ein Mitglied mindestens eine Frau sein. Freiwillig kriegen es die Unternehmen nicht hin, mehr Frauen in Führungspositionen zu befördern. Deswegen gibt es nun die Quote, denn sie wirkt: Seit 2016 gilt bei Aufsichtsratsposten bereits eine verpflichtende Frauenquote von 30 Prozent. Aus diesem Grund betrachten Befürworter*innen der Quote nun diesen auch großen Einschnitt ins Management als politisch gerechtfertigt. 

Wie weiblich ist die Startup-Welt?

Persönlich kann ich diese Entscheidung nur begrüßen. Auch jenseits weiblicher Aufsichtsräte und Vorstände, finde ich mich in der Arbeitswelt viel zu wenig repräsentiert. Schauen wir uns beispielsweise die Startup-Welt an: Dort bin ich als weibliche Startup-Gründerin – mit Migrationshintergrund – deutlich in der Minderheit. Von all denen, die in Deutschland ein Startup gegründet haben, sind nur knapp 16 Prozent weiblich. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverband Deutsche Startups in seinem Female Founders Monitor 2020. An dieser Zahl hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel geändert. Und dieser Trend setzt sich auch beim Thema Wagniskapital fort. Das Ungleichgewicht zeigt sich bei der Finanzierungssumme, die Gründerinnen bisher erhalten haben: Nur 5,2 Prozent der Frauenteams haben bereits eine Million Euro oder mehr eingesammelt – bei den Männerteams sind es 27,8 Prozent.
 
Neben der Quote wäre eine moderne Familien- und Bildungspolitik sicherlich eine weitere große Stütze. Da diese aber wahrscheinlich noch lange auf sich warten lässt, probieren einige Menschen bereits andere Überbrückungslösungen aus. Neue Ansätze wie Venture Capital Fonds, die nur in Frauen investieren oder Ausbildungs-Programme, die nur an Frauen gerichtet sind, machen mir Hoffnung, dass wir die Situation auch ohne Quote ein wenig ausgleichen können, auch wenn sie zunächst radikal erscheinen.

Jungunternehmen von und für Frauen

Eines dieser Programme möchte ich kurz vorstellen: das globale F-Lane Accelerator-Programm des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation. Das Programm zeichnet Jungunternehmen aus, die von und für Frauen gegründet wurden. Bedingt durch die Pandemie, hat das Vodafone Institut seinen Female Accelerator F-Lane im Jahr 2020 als komplett virtuelles Programm durchgeführt – mit mehr als 130 internationalen Mentor*innen, die die Start-ups in über 440 Programmstunden unterstützen. Von Apps zur Beratung bei häuslicher Gewalt in Brasilien oder zu sicheren Fahrgemeinschaften für Frauen in Pakistan bis hin zu Online-Plattformen zur weiblichen Gesundheit in den Vereinigten Arabischen Emiraten haben sich die Teilnehmerinnen des Programms von Problemen aus ihrem persönlichen Umfeld inspirieren lassen.
 
Starke Partner wie Yunus Social Business und Impact Hub Berlin bringen viel Expertise und gute Kontakte mit, um diese Startups so gut wie möglich zu unterstützen. „Nur weil wir Impact-first investieren, heißt das nicht, dass wir nicht auf Profit achten. Wir haben den Anspruch, dass unsere sozialen Startups nachhaltig sind und auch ohne externe Hilfe später überleben können”, so Saskia Bruysten, Co-Founder und CEO bei Yunus Social Business.

Gender Lens Investing

F-Lane hat seine Ziele auf der Website klar formuliert: Es möchte mehr Frauen in der Tech-Welt sehen, Technologie als Kraft des sozialen Wandels nutzen und schließlich die Lücke bei geschlechtsspezifischen Investitionen schließen. „Wir wollen Gründerinnen nicht dazu ermutigen wie Männer aufzutreten, sondern unterstützen sie dabei, Investoren mit einer wirklich guten Story zu überzeugen und ihre Business Idee erfolgreich umzusetzen“, sagt Inger Paus, Geschäftsführerin des Vodafone Instituts.
 
F-Lanes Ansatz, sich nicht nur an althergebrachten Kriterien wie Cash-Flow-Analysen oder Bonitätskriterien zu orientieren, sondern zusätzlich noch Daten in Bezug auf die Geschlechterverteilung in einem Land, einem Unternehmen oder einer Branche einzubeziehen – auch „Gender Lens Investing“ genannt – ist ein Trend, der bleiben wird und den auch immer mehr Investor*innen anerkennen. Ich würde mich freuen, wenn wir im Jahr 2021 mehr davon sehen würden und ich mit immer mehr weiblichen Kolleginnen arbeiten dürfte – mit oder ohne Quote.
 

„Ausgesprochen …“

In unserer Kolumnenreihe „Ausgesprochen …“ schreiben im wöchentlichen Wechsel Aya Jaff, Maximilian Buddenbohm, Dominic Otiang’a und Margarita Tsomou. Aya Jaff beobachtet in „Ausgesprochen … posthuman“ den technischen Fortschritt und wie er unser Leben und unsere Gesellschaft beeinflusst.