Survival Kit Ausbildung  „Mein Ehrgeiz hat mir auf meinem Weg sehr geholfen“

Ein Dschungel mit Bücherregal Illustration: Unsplash © Hitoshi Suzuki, Alla Afanasenko

Maike macht eine Ausbildung als Kfz-Mechatronikerin für System und Hochvolt-Technik. In unserem Survival Kit erzählt sie über die Zukunft ihres Bereichs und wie sie Berufsschule, Arbeit und Abendschule unter einen Hut bekommt. 

Information

Name: Maike
Alter: 18
Ausbildung zur: Kfz-Mechatronikerin für System und Hochvolt-Technik, zweites Lehrjahr
Arbeitet in: München

Das größte Klischee über Deine Ausbildung – und was davon gestimmt hat:

Geht es um eher technische und handwerkliche Berufe, dann hört man häufig, die seien nicht für Frauen geeignet. Allerdings sind mittlerweile viele Mitarbeiter*innen in meinem Bereich sehr viel offener als früher und es gibt viele, die dieses Klischee bekämpfen wollen. Ich musste mir an einem Arbeitsplatz aber auch schon mal Sprüche anhören, wie dass ich keine schweren Arbeiten bekommen würde, dass man mir das nicht zutrauen würde. Ich wollte genau das nicht und habe so viel und hart gearbeitet, dass Vorarbeiter und Meister beeindruckt waren. Das Klischee stimmt nicht, weil nach meinem Eindruck Frauen eher noch härter arbeiten, um es allen zu beweisen. Sie wollen teilweise auch besser sein als die Männer im gleichen Job.

Wie sieht Dein normaler Tagesablauf aus?

Morgens geht’s in der Regel zuerst in die Umkleiden, dann stempeln wir uns ein und schauen, was es für Aufgaben gibt. Ich arbeite ja nicht in einer freien Werkstatt, in der Kfz-Mechatroniker*innen hauptsächlich für die Instandhaltung von Autos zuständig sind, sondern in einem Werk. Wir sind auf Versetzungsstellen, das heißt, dass wir die verschiedenen Entwicklungsschritte an den einzelnen Autokomponenten lernen. Wir rotieren alle fünf bis sechs Monate zu einer anderen Stelle, zum Beispiel Elektronik, Produktion, Teststelle. Meistens werden wir dann jemandem zugeteilt, den wir unterstützen. Derzeit machen wir noch nicht so viel selber, sondern lernen und helfen eher. Durch die Versetzungszeiträume lernen wir sehr viel Neues, und das finde ich persönlich super. So bekomme ich total unterschiedliche Einblicke. Nach der Arbeit besuche ich noch die Abendschule, um mein Fachabitur nachzumachen. 

Auf was hättest Du in Deiner Ausbildung nicht verzichten können?

Auf die große Unterstützung meiner Ausbilder und meiner Familie hätte ich nicht verzichten können. Früher war ich etwas unsicher, aber mittlerweile habe ich durch das positive Feedback meiner Ausbilder und durch den verständnisvollen Umgang mit Fragen Selbstbewusstsein gewonnen. Ich kann mich auch mit ihnen beraten, wenn in der Berufsschule etwas nicht so gut lief. Es ist so wichtig, dass man Leute hat, denen man vertraut und auf die man zugehen kann.
 
Welchen Tag Deiner Ausbildung wirst Du nie vergessen?

Ich war eine Zwischenwechslerin, das heißt, ich habe zuerst eine Ausbildung als Fertigungsmechanikerin gestartet und wurde dann durch das Talent-Programm zur Kfz-Mechatronikerin umgeschult. Der Tag, an dem ich erfahren habe, dass ich zu den Kfz-Mechatroniker*innen darf, werde ich nie vergessen. Ich dachte: Wow, ich bekomme nochmal eine neue Chance! Der Bereich System und Hochvolt-Technik wird wegen der E-Auto-Produktion immer wichtiger. Das ist etwas für die Zukunft. 

Der richtige Weg hat sich einfach für mich gebahnt, denn immer wenn ich zweifelte, wusste ich, dass ich Unterstützung bekomme.

Wenn Du Deine Ausbildung noch einmal beginnen könntest: Was würdest Du anders machen?

Ich wäre den gleichen Weg gegangen. Ich wusste früh, dass ich etwas mit Motoren machen will, um vielleicht irgendwann in die Entwicklung zu gehen. Ich war 16, als ich die Entscheidung getroffen habe, bei BMW zu arbeiten. Und weil ich noch so jung war, war das der richtige Start. Jetzt habe ich die Kontakte zu Fertigungsmechaniker*innen und Kfz-Mechatroniker*innen. Der richtige Weg hat sich einfach für mich gebahnt, denn immer wenn ich zweifelte, wusste ich, dass ich Unterstützung bekomme. 

Was war die größte Herausforderung?

Dass ich etwas später zu den Kfz-Mechatroniker*innen kam. Es gab dort schon eine eingespielte Gruppe, und ich war am Anfang etwas außen vor. Mittlerweile bin ich aber angekommen und habe Freund*innen bei den Kfz-Mechatroniker*innen sowie einige unter den Fertigungsmechaniker*innen. In der Überbrückungszeit hatte ich Bedenken, ob das wirklich das richtige ist, aber als das hat es sich dann schnell rausgestellt.

Was war oft Deine Rettung?

Ich habe von meinen Ausbildern viel Unterstützung bekommen, aber auch von Seiten meiner jetzigen Mathelehrerin, mit der ich offen über alles reden kann. Ich glaube, wenn ich die nicht gehabt hätte, wäre ich nicht die Person, die ich jetzt bin und die so hinter der Ausbildung stehen kann.

Was machst Du, um abzuschalten und Dir etwas zu gönnen?

Ich treffe mich in der Freizeit viel mit meinen Freund*innen und mit meiner Schwester, die in Stuttgart lebt. Wir unternehmen gerne Radtouren oder reden einfach. Meine Freizeit ist schon eingeschränkt, auch wegen der Abendschule, aber das ist okay. Ich weiß ja, wofür ich das mache.

Was hast du am letzten Tag des Monats gegessen, wann war Sparen angesagt?

Zum Glück hatte ich nie Geldprobleme. Ich habe zuhause das Sparen gelernt und außerdem ist die Azubi-Vergütung bei BMW sehr gut. 

Auf was bist du stolz?

Besonders stolz bin ich darauf, dass ich immer ich geblieben bin. Ich war von Anfang an dieses wissbegierige Mädchen. Ich war immer die, die sich für alles interessiert hat. Stolz bin ich natürlich auch darauf, dass ich die Möglichkeit hatte, durch das Talent-Programm umgeschult zu werden - das passiert nicht oft. Mein Ehrgeiz hat mir auf meinem Weg sehr geholfen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich für meinen Erfolg kämpfen muss. Das habe ich, glaube ich, bis jetzt ganz gut hinbekommen. 

Was hat Dir Deine Ausbildung für Deinen weiteren Weg mitgegeben?

Vor allem weiß ich durch die Ausbildung wie es ist, wirklich jeden Tag acht Stunden zur Arbeit zu gehen. Und ich kann verstehen, dass das viele Arbeiten manchmal nötig ist, wenn man ein bestimmtes Leben führen möchte. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass man seine Arbeit liebt. Wäre das bei mir nicht der Fall, würde ich mir etwas anderes suchen. 

Gab es Momente, in denen Du lieber studiert hättest?

Ich mache ja gerade berufsbegleitend mein Abitur, und danach würde ich mich gerne weiterbilden und noch ein Studium beginnen. Anfangs dachte ich, dass ein Studium vielleicht die bessere Variante gewesen wäre, aber mittlerweile bin ich ja in meiner Ausbildung wirklich angekommen. Deshalb denke ich, dass das schon der richtige Weg war. Ich habe jetzt die Berufserfahrung und weiß, was Arbeiten bedeutet. Falls ich dann in den Semesterferien arbeiten muss, um über die Runden zu kommen, wird das sehr hilfreich sein.
 

Survival-Kit Ausbildung

In welchen Berufen kann man in Deutschland eine Ausbildung absolvieren? Wie lässt es sich als Auszubildende oder Auszubildender gut leben? Und wo findet man einen Ausgleich zur Arbeit?

Auszubildende unterschiedlicher Berufsfelder erzählen von ihren Erlebnissen in Betrieben und Einrichtungen in Deutschland, ihrem Alltag – und was sie manchmal zur Verzweiflung bringt.