Oma Trude  Auf zwei Rädern unterwegs – elektrisch verstärkt

Oma Trude © Illustration: Celine Buldun

Oma Trude ist gerne mobil. Und sie ist neugierig. Kein Wunder also, dass sie die Gelegenheit nutzt, auf ein Lasten-Pedelec zu steigen. Ihr Urteil? Daumen hoch – in jeder Hinsicht
 

Ihr Lieben,

Habt Ihr nicht auch den Eindruck, dass Elektrofahrräder, also E-Bikes, Pedelecs, E-Lastenräder, S-Pedelecs mittlerweile überall zu sehen sind? Aber was ist eigentlich der Unterschied? Und wisst Ihr, dass es sich um keine neue Erfindung handelt? Da habe ich ja ein schönes Fass aufgemacht, als ich beschlossen hatte, über meinen letzten Familienbesuch in Hamburg und meine erste Erfahrung mit einem Lastenrad-Pedelec zu berichten. Denn zuerst brauchte ich Klarheit. Aber mir macht so eine Recherche ja immer Spaß.

Pedelec

Erkenntnis Nummer eins: Wenn wir E-Bike sagen, meinen wir eigentlich Pedelec. Pedal Electric Cycle – das heißt nichts anderes, als dass man in die Pedale treten muss, um die Motorunterstützung zu bekommen. Der weitaus größte Anteil aller angebotenen E-Bikes sind Pedelecs. Sie gelten als Fahrräder, da sie bis zu 25 Stundenkilometer fahren. Es ist kein Führerschein nötig und man darf auf dem Fahrradweg fahren.

S-Pedelec

Das S-Pedelec (schnelles Pedelec) hingegen schafft bis zu 45 Stundenkilometer, man braucht eine Zulassung, ein Versicherungskennzeichen, eine Haftpflichtversicherung, zwingend einen Helm und eine Fahrerlaubnis wie für einen Roller. Das Mindestalter beträgt 16 Jahre und man darf nur auf der Straße fahren. Mit dem S-Pedelec lassen sich richtig lange Strecken zurücklegen. Die Tochter einer Freundin fährt damit zum Beispiel zur Arbeit. Ihr Auto braucht für die 30 Kilometer über Land um die 40 Minuten, ihr „normales“ Fahrrad etwa zwei Stunden. Mit ihrem S-Pedelec ist sie nach nur einer Stunde am Arbeitsplatz. Fantastisch, oder?

E-Bike

E-Bikes sind Fahrräder mit Elektromotor, die auf Knopfdruck fahren, auch ohne Pedalunterstützung. Sie gelten nur als Fahrräder, wenn sie unter sechs Stundenkilometern bleiben. Darüber sind es Kraftfahrzeuge, die wiederum ein Versicherungskennzeichen und so weiter brauchen. Der Begriff wird in Deutschland gerne übergreifend – und fälschlich – vor allem für Pedelecs verwendet. Doch etwa 99 Prozent der verkauften E-Bikes in Deutschland sind Pedelecs.

Wie alles begann

Ich kann mich erinnern, dass in den 1950er-Jahren viele Fahrräder mit Hilfsmotor herumfuhren. Auch mein Vater hatte eines – aus Kostengründen. Es wurde 1953 gesetzlich definiert als FmH, Fahrrad mit Hilfsmotor. Die ersten E-Räder gab es aber schon viel früher: Ogden Bolton Jr., ein Erfinder aus den USA, ließ seines beispielsweise am 19. September 1895 patentieren. In Serie produzierte Philipps in den 1930er-Jahren sein Elektrorad, Benzin-Mopeds waren die Konkurrenz. Und Autos natürlich.

Auf nach Hamburg!

Es war wieder einmal an der Zeit, meine Tochter Silke mit ihrem Mann Olli und den Kindern Emiliana und Arthur in Hamburg zu besuchen, außerdem meine Enkelin Miri mit Freund Daniel und den Kindern Ava und David. Eine Reise in den hohen Norden lohnt sich für mich wegen der Familienbande also immer. Mit Miris Lasten-Pedelec habe ich dort die erste Fahrt meines Lebens auf so einem Gefährt gemacht. Es war unglaublich! Unglaublich aufregend, unglaublich praktisch und unglaublich spaßig. Allerdings zunächst auch unglaublich gewöhnungsbedürftig … Mir war schon ein bisschen mulmig, denn mit höherer Geschwindigkeit steigt die Gefahr. Doch nach kurzer Zeit hatte ich den Dreh raus und kann Euch nur wärmstens empfehlen, selbst einmal mit so einem Rad loszusausen. Am Anfang ist es ein bisschen wie fliegen, finde ich. Aber seid bitte sehr vorsichtig, unterschätzt die Geschwindigkeit nicht! Die hohen Unfallzahlen sprechen eine deutliche Sprache!

Gefördert und bezuschusst

Miri konnte bei der Anschaffung ihres Lasten-Pedelecs vor zwei Jahren noch von einer Förderung der Stadt Hamburg profitieren. Diese will nachhaltiger, umweltfreundlicher und leiser werden, deshalb schuf sie das Programm #moinzukunft. Der Fördertopf war schnell leer, aber Miri hatte Glück. Solche Förderungen gibt es relativ häufig in Deutschland. Erkundigt Euch bei Eurer Stadt oder Gemeinde, ob sie auch die Anschaffung unterstützt. Die Zuschüsse sind manchmal erstaunlich hoch.

Pro ohne Contra

Miri und ihr Freund haben sich aus mehreren Gründen für ein E-Lastenrad entschieden.
  • Es ist ein hervorragendes Transportmittel zur Kindertageseinrichtung und zurück. David liebt es, in dem gar nicht so kleinen Bambusholz-Kasten mitzufahren. Und manchmal steigt Ava noch dazu, Platz genug ist vorhanden.
  • Wenn die Kinder nicht drinsitzen, kommen die Einkäufe oder das Leergut rein. „Es gibt immer etwas zu transportieren“, sagt Miri.
  • Miri und Daniel müssen keinen Parkplatz suchen: gut für Geldbeutel und Nerven.
  • Sie konnten ihr Auto verkaufen und sind entweder mit dem Lastenrad oder öffentlich in der Stadt unterwegs. Langfristig ist das viel kostengünstiger.
  • Das Lastenrad schont die Umwelt, getankt wird klimafreundlich mit Ökostrom.
  • Sie bewegen sich mehr an der frischen Luft und tun damit etwas für ihre Gesundheit.

Der Umweltaspekt

Wer sich für ein Pedelec entscheidet und dafür sein Auto für Einkaufs- und Besorgungsfahrten ersetzt, der hat schon viel richtig gemacht. Für Fahrten bis zu 20 Kilometer ist das Pedelec definitiv eine Alternative zum Auto. Wer es sich allerdings als Freizeitfahrrad für Ausflüge und Touren anschaffen würde, der könnte darüber nachdenken, ob es nicht auch für Einkaufsfahrten taugt.
Vielleicht habt Ihr schon von der Kritik gehört, die es in Bezug auf die Lithium-Ionen-Akkus gibt. Rohstoffe wie Lithium werden auf Kosten der Umwelt abgebaut. Andererseits spricht das Umweltbundesamt, Deutschlands zentrale Umweltbehörde, davon, dass die Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung und Entsorgung der Akkus verursacht werden, vergleichsweise gering seien. Nach circa 150 bis 300 mit dem E-Rad zurückgelegten Kilometern seien die CO2-Emissionen des Akkus ausgeglichen.
Ein Pedelec spart also CO2-Emissionen ein, und es gerät weniger Feinstaub in die Umwelt. Klingt für mich gut. Bei einer Strecke von 10 Kilometern braucht ein Pedelec ungefähr so viel Energie, wie man für 0,7 Liter Wasser benötigt, das man zum Kochen bringt.
Wichtig für die Umwelt ist aber auch, dass Ihr die Akkus bei Händlern oder Wertstoffhöfen zurückgebt, die auf derlei Industriebatterien spezialisiert sind.

Dank meines E-Rollers und meines motorlosen Fahrrades bin ich ausreichend mobil. Die Fahrt mit dem Pedelec meiner Enkelin hat mir trotzdem sehr viel Spaß gemacht. Probiert es aus, es ist ein Erlebnis!
Es grüßt Euch herzlich
Eure Trude