Oma Trude  Besondere Backwaren – nicht nur zur Weihnachtszeit

Oma Trude besucht einen traditionellen Weihnachtsmarkt in Dresden
Oma Trude besucht einen traditionellen Weihnachtsmarkt in Dresden © Foto [edited]: Sylvio Dittrich / Wikimedia, CC BY-SA 3.0; Illu: Celine Buldun

Oma Trude ist Weihnachtsfan. Sie liebt Weihnachtsmärkte und den Genuss von Stollen. Und dann entdeckt Enkel Michi in Sachsen sogar einen Bio-Bäcker, der Einzigartiges plant: Er will altes Korn neu kultivieren. 

Ihr Lieben,

der Winter ist da! Und ich bin ganz glücklich. Denn Weihnachten steht vor der Türe und alle – nicht nur die Kinder – in meiner Familie sind schon aufgeregt und freuen sich auf ein Wiedersehen bei mir im schönen Süddeutschland.

Zu Weihnachten beschenke ich Euch mit dem neuesten Gewinner unserer Ökoprojekt-Challenge, den mein lieber Enkel Michi mit seiner Freundin Helene entdeckt hat. Mal wieder Michi, der Umtriebige. Allerdings haben wir es eher Helenes Liebe zu Stollen und zu Weihnachtsmärkten zu verdanken, dass Ihr heute ein sehr ambitioniertes Projekt aus der Nähe von Dresden kennenlernt: den wiederentdeckten Pirnaer Roggen und seinen Retter, Bio-Bäcker Erik Spiegelhauer. Sehr gerne berichte ich Euch, wie es dazu kam, dass die beiden nach einem Ausflug ins Winterwunderland Sachsen diese tolle Geschichte erzählen und einen erneuten Sieg einstreichen konnten – Michi hatte ja schon den Segelkaffee entdeckt. Auf diesem Weg erfahrt Ihr auch einiges über eine weit über die Grenzen Deutschlands hinaus reichende traditionsreiche Handwerkskunst der Weihnachtszeit.

So vielfältig: Sächsische Weihnachtstraditionen

Es kam so: Von Leipzig aus wollten Michi und Helene ins Erzgebirge fahren, um sich die berühmte erzgebirgische Holzkunst dort anzuschauen, wo sie herkommt. Sachsen ist bekannt für seine Weihnachtstraditionen. Ihr habt sie bestimmt schon einmal gesehen, die Räuchermännchen, Nussknacker, Holzpyramiden oder Schwibbögen. Oder den Herrnhuter Stern, der in der dunklen Jahreszeit in den Fenstern leuchtet. Wem das alles fremd ist, dem empfehle ich eine kurze Internetrecherche. Ein Schwibbogen zum Beispiel ist ein Lichterbogen mit unterschiedlichen Motiven, der in Sachsen in der Weihnachtszeit in nahezu jedem Fenster zu sehen ist. Früher mit Kerzen bestückt, heute auch elektrisch beleuchtet, ist er ein Symbol für die Sehnsucht der Bergleute nach Licht, nach Tageslicht, das sie vor allem im Winter nicht zu Gesicht bekommen haben.

Michi und Helene entschieden sich dann aber in die Landeshauptstadt Sachsens, nach Dresden, zu fahren. Dort gibt es die erzgebirgische Kunst auch auf schönen Weihnachtsmärkten zu kaufen, wie auf einem der ältesten Deutschlands, dem Striezelmarkt. Interessant finde ich die Erklärung, wie es zu den Weihnachtsmärkten kam: Die Menschen wollten sich im Spätmittelalter zu Beginn der kalten Jahreszeit mit Waren für den Winter eindecken, insbesondere wohl mit Fleisch. So entstanden die heutigen Adventsmärkte, in Bayern übrigens Christkindlmärkte genannt.

Magisch angelockt vom Duft des berühmten Christstollens fuhren die beiden am dritten Adventswochenende nach Dresden, auf der Suche nach Geschenken und Leckereien. Erinnert ihr Euch an das Stollenrezept meiner Mutter? Stollen ist einfach etwas Feines. Das haben sich auch die Dresdner gedacht, die sogar einen Schutzverband für ihn haben und alljährlich ein großes Stollenfest abhalten. Außerdem werden die Bäcker jedes Jahr erneut zertifiziert, dafür dass sie das begehrte Siegel eines echten Dresdner Stollens auf ihren „Striezel“ geben dürfen. In diesem Jahr sind es 106, darunter auch Bio-Bäcker*innen. Und so einen Dresdner Bio-Stollen wollte Helene unbedingt kaufen.

Alter Roggen – neu entdeckt

Ihre Recherche führte sie zur Bio-Bäckerei Spiegelhauer, deren Stollen das goldene Siegel tragen dürfen und wahnsinnig lecker sein sollen. Ein kurzer Blick auf die Facebook-Seite des jungen Bäckermeisters, und sie stießen auf seine Idee, ein altes Saatgut zu nutzen, das vor über einhundert Jahren vor den Toren Dresdens in Pirna sehr erfolgreich angebaut worden war. Bäcker Erik Spiegelhauer möchte mit dieser regionalen Sorte Roggenbrot backen, er ist ein Slowfood-Anhänger.

Allein die Suche nach dem Saatgut muss abenteuerlich gewesen sein – und leider zuerst ergebnislos. Seine Aufrufe in den sozialen Netzwerken wurden zwar vielfach geteilt, aber in keiner Scheune der Region lagen noch ein paar Körner der gesuchten Roggensorte herum, die er hätte vervielfältigen können. So musste eine Saatgutdatenbank her. Das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben im Bundesland Sachsen-Anhalt konnte helfen und machte ein paar Körner locker, genau 33 Gramm. Mit ihnen fingen Erik Spiegelhauer und sein Kooperationspartner Bio-Bauer Bernhard Steinert im Garten Steinerts an. „Wir sind zu dem Bauern mal schnell hingedüst, Omi, hat nicht mal eine Stunde gedauert“, erzählte mir Michi euphorisch. Er wollte alles aus erster Hand erfahren. So standen sie dann an dem Standort, der laut Bernhard Steinert leider nicht geeignet für den Roggen gewesen war. Bäcker Spiegelhauer baut ihn mittlerweile neben seiner Produktionsstätte an. Bauer Steinert meinte, der Prozess sei mühsam, mache richtig viel Arbeit und sei zäh. Aber der Gedanke, eine alte, regionale Roggensorte wieder anzubauen sei wiederum sehr cool. Und dieser spezielle Roggen sei deswegen so interessant für echte Landwirte, weil er bis zu zwei Meter zwanzig hoch werden könne und somit richtig viel Stroh zum Auslegen im Stall übrigbleibe. Toll, ich finde solche Geschichten einfach nur toll und freue mich über den Aktionismus der beiden Landwirte. Der nachhaltige Ansatz, in der Region zu produzieren, keine langen Anfahrtswege zu haben, ist grandios!

Was lange währt …

Vermutlich kann die Bäckerei Spiegelhauer im Jahr 2025 das erste Brot mit dem Pirnaer Roggen anbieten. Aus einem Korn werden im nächsten Jahr 40 Körner und so weiter. So lange werde ich nicht warten, um mir die schöne Barockstadt Dresden anzuschauen. Helene und Michi haben mich wirklich neugierig gemacht. In der nächsten Adventszeit fahre ich hin, beschlossene Sache! Und dann wird geschlemmt!

Jetzt wünsche ich Euch erst einmal ein schönes Weihnachtsfest mit nachhaltigen Gaben unterm geschmückten Baum und erholsamen Momenten mit Euren Lieben. Im Januar werde ich viel in den Bergen sein, ich melde mich im Februar wieder bei Euch.

Herzliche Grüße
Eure Trude