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Literatur//Vorzeichen
Disrupting Translation

Das Bild links zeigt Thaila Ostendorf, eine junge Frau mit sehr kurzen Haaren und einem bunten Schal in verschiedenen Rottönen. Auf dem rechten Bild ist Jon Cho-Polizzi zu sehen, ein junger Mann mit Bart, der ein blaues Hemd trägt und vor einer roten Wand steht. Thalia Ostendorf © Privat | Jon Cho-Polizzi © Viola Tietje
Der Begriff „Disruption” ist zu einem Modewort geworden. Gemeint ist damit eine Unterbrechung oder Veränderung, die als positiv oder innovativ angesehen wird. Zahlreiche Institutionen und Unternehmen schmücken sich damit in ihrer Unternehmensmarke – auch in der Literaturwelt. Im Kontext der Literatur bedeutet Disruption, etablierte Normen und Erwartungen herauszufordern. Eine tatsächliche Disruption wird dagegen nicht unbedingt positiv aufgenommen. Als sich Leserinnen und Leser erfolgreich dafür einsetzten, dass Amanda Gormans Gedicht The Hill We Climb von einer Schwarzen Person übersetzt werden sollte, führte diese Entscheidung zu einer internationalen Kontroverse, nicht zuletzt in der deutschen Kulturszene. Die Debatte offenbarte ein grundsätzliches Problem der Literaturszene im Globalen Norden: Expertise wird viel zu oft als „weiß” vorausgesetzt, was zu einer eingeschränkten Perspektive führen kann.

In unserer nächsten Online-Lecture der Reihe #Vorzeichen werden Dr. Jon Cho-Polizzi und Dr. Thalia Ostendorf zu Gast sein. In ihrem Austausch wird es um ihre Erfahrungen mit dem Übersetzen und Veröffentlichen zeitgenössischer Literatur in Deutschland und den Niederlanden gehen, an der Schnittstelle von Wissenschaft und Literaturszene. Die Veranstaltung wird gemeinsam von Dr. Leila Essa (Universität Utrecht) und Dr. Maha El Hissy, der Kuratorin der Reihe, moderiert. Das Gespräch findet auf Englisch statt, die Teilnahme ist kostenlos.


Bio

Dr. Jon Cho-Polizzis Forschungsschwerpunkte sind literarische Übersetzungen sowie Themen wie Migration, Diversität, Trans- und Mehrsprachigkeit im zeitgenössischen deutschsprachigen Raum. Sein Buchprojekt mit dem vorläufigen Titel Resistance, Resilience, Representation: Unmaking the Myths of Post-Wende German Identity untersucht die Rolle der Übersetzung in den intersektionalen Netzwerken von Autor*innen, Aktivist*innen und Journalist*innen, die versuchen, die vielschichtige Geschichte des Nach-Wende-Deutschlands neu zu denken. Seit 2022 ist er Fakultätskoordinator der interdisziplinären Rackham-Arbeitsgruppe Alamanya: Transnational German Studies und ist Teil des Fachbereichs für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Michigan.
Er hat zahlreiche Bücher ins Englische übersetzt, darunter Fatma Aydemirs Dschinns, Sharon Dodua Otoos Adas Raum, Max Czolleks Desintegriert euch! sowie die Anthologie Eure Heimat ist unser Albtraum, die von Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah herausgegeben wurde.

Dr. Thalia Ostendorf ist Postdoktorandin an der Universität von Amsterdam. Sie machte einen BA- und MA-Abschluss in vergleichender Literaturwissenschaft (Forschung) der Universität Utrecht und promovierte an der University of St. Andrews in Schottland. Sie ist Mitbegründerin des Verlags Chaos Publishers (Uitgeverij Chaos), jetzt ein Imprint von Das Mag Publishers. Im vergangenen Jahr war sie eine der Übersetzerinnen von Honorée Fanonne Jeffers' The Love Songs of W.E.B. Du Bois.
 

Moderation

Das Bild zeigt Leila Essa, eine Frau mit braunem, lockigem Haar, die eine grüne Bluse trägt, das Bild ist draußen auf der Straße aufgenommen und im Hintergrund sind ein Haus, eine Bahnhofsuhr und Plakate zu sehen. © Kevin Moyles Dr. Leila Essa ist als Assistant Professor für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Utrecht tätig. Dort leitet sie ein NWO-Projekt über schriftstellerische Strategien gegen ausschließende Diskurse in Deutschland und Großbritannien. Literatur und deren Politik stehen auch im Zentrum ihres öffentlichen Schreibens und Sprechens. Sie ist ein Mitglied der Jury des Kurt-Tucholsky-Preises für politisch engagiertes deutschsprachiges Schreiben und eine der Autor*innen der Anthologieanders bleiben (Rowohlt, 2023).

Das Porträtbild von Maha El Hissy zeigt eine Frau mit schwarzen, kinnlangen Locken. Sie trägt ein weißes Oberteil mit Spitzen und das Bild ist vor einer Mauer oder einem Zaun aufgenommen. © Lina Burcu Dr. Maha El Hissy kuratiert in diesem Jahr die Reihe #Vorzeichen für die Goethe-Institute in Nordwesteuropa. Sie ist freie Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin. Im November erscheint von ihr im Verbrecher Verlag eine Anthologie über Kunst und Literatur der Einwanderung ins Nachkriegsdeutschland.

Die Veranstaltung wird vom Dutch Research Council (NWO): VI.Veni.211C.012 unter der Leitung von Dr. Leila Essa an der Universität Utrecht gefördert.
 

#Vorzeichen

Die Reihe #Vorzeichen. Wen, was und wie wir lesen lädt insgesamt zu sechs Gesprächen mit Expert*innen aus Wissenschaft und Literaturbetrieb ein, um gemeinsam Kanonkritik zu üben, indem der Fokus auf das Lesen als machtkritische Praxis gelegt wird. Es sollen Texte, Schreibformen, Ästhetiken, Diskurse, Denkfiguren und Topoi beleuchtet werden, die jenseits hegemonialer, also vorherrschender, Kanonisierungsprozesse entstehen. In Kooperation mit einer akademischen Institution werden bei den Online-Lectures Speaker*innen aus verschiedenen Bereichen, etwa Wissenschaft, Verlags- oder Übersetzungswesen, zu Wort kommen und gemeinsam über Ausschlüsse von Texten und Autor*innen durch Kanonisierungsprozesse und Marktdruck diskutieren. Die Online-Veranstaltungen sind offen für alle und besonders empfehlenswert für Literaturwissenschaftler*innen, Studierende, Verleger*innen oder Übersetzer*innen.

Neben den Online-Lectures umfasst die Reihe acht Gespräche mit Autor*innen und Buchbesprechungen, die im Laufe des Jahres auf Instagram veröffentlicht werden. Ausführliche Informationen zur Reihe sowie Veranstaltungsankündigungen und Aufzeichnungen bereits stattgefundener Veranstaltungen finden Sie hier:

Details

Sprache: Englisch
Eintritt: Kostenlos
Online-Lecture

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