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Türsteher*innen im Porträt
ALEX WINKELMANN, BAR 25 & KATER HOLZIG (BERLIN)

Alex Winkelmann, Bar 25/Kater Holzig (Berlin)
Alex Winkelmann, Bar 25/Kater Holzig (Berlin) | Foto: Jonas Höschl

Die Bar 25 war in den 2000er-Jahren einer der ersten Berliner Clubs, in dem Feiern über mehrere Tage hinweg möglich war, sein Nachfolger-Club Kater Holzig zieht nach wie vor jedes Wochenende ein großes Publikum an. Alex Winkelmann arbeitete über fünf Jahre in beiden Clubs und erzählt uns von seinen Erfahrungen.

Von Sascha Ehlert

Sascha Ehlert: Alex, erzähl, wie bist du damals in der Bar 25 gelandet? Und war das eigentlich dein erster Gig an der Tür?

Alex Winkelmann: Also mein erster Gig war im Kosmos auf St. Pauli in Hamburg. Ich habe früher in Hamburg gewohnt und habe da mit einer Freundin zusammengearbeitet. Als ich dann nach Berlin umgezogen bin, war sie auch schon dort und arbeitete bereits in der Bar 25. Wenn ich mal einen Job brauche, sagte sie, könnte ich da mal anklopfen und Hallo sagen – und das habe ich dann auch gemacht. Ich bin schlecht mit Jahreszahlen, aber das muss so 2007 oder 2008 gewesen sein, also so zwei Jahre, bevor die Bar geschlossen wurde. Da war dieser Ort also bereits eine Weile gewachsen, und das hat mich auch an ihm interessiert. Ich fand dieses Organische und Improvisierte sehr imposant. 

Als ich anfing, habe ich dann erstmal auch geputzt und so Zeug, ich hab einfach einen Job gesucht. Ich bin in der Gastronomie und im Hotelwesen aufgewachsen, habe schon als Kind immer mit meiner Mutter Zimmer sauber gemacht, deshalb ging mir das total leicht von der Hand. Ich hatte früh gelernt, dass es Sinn macht, diese Aufgaben gewissenhaft und sorgfältig zu erledigen, wodurch sich von Seiten der Leute in der Bar 25 nach und nach ein Vertrauen aufgebaut hat. Und dann haben sie mir irgendwann die Aufgabe zugeteilt, die Tür zum Backstage zu machen, also zu kontrollieren, wer ein Bändchen hat und wer nicht. 

Da habe ich dann zum ersten Mal auch durchaus grenzwertige Augenblicke gehabt, zum Beispiel, wenn Menschen kein Bändchen hatten, aber aus diesen oder jenen Gründen wirklich „unbedingt“ da rein mussten. Teilweise auch sehr große Menschen, gegen die ich voll die Witzfigur war. Die meisten fanden das aber lustig, wenn so jemand wie ich zu ihnen „nein“ gesagt hat. Aber es gab natürlich auch mal Leute, die sich furchtbar aufgeregt haben. Und dann versucht man ja, mit denen zu reden. Zum Glück habe ich nie eins auf die Nase bekommen oder so.

Bist du also gut im Deeskalieren?

Ich bin schon auch sonst ein eher ruhiger Geselle, möchte ich behaupten. Ich habe bei Konflikten stets versucht, ruhig zu bleiben und Problemlösungen anzubieten: „Ruft doch einfach jemanden an, der für euch bürgen kann“ oder so. Jedenfalls ist die Bar 25 dann irgendwann umgezogen auf die andere Spreeseite und hieß dann Kater Holzig. Dort fing es dann an, dass ich am Eingang die Kasse gemacht habe. Das war ein Job, der mit noch mehr Vertrauen behaftet war. Meine Schichten gingen dann oft von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens oder so. Manchmal ging es aber natürlich auch länger, zum Beispiel an Silvester. 

Irgendwann habe ich dann auch Sonntags die Kasse gemacht, wo die Leute den ganzen Tag über in den Kater gekommen sind, und wo dann vor allem die Leute kamen, die immer wieder in den Club kamen und deshalb immer direkt reingelassen wurden. Viele, die Sonntags in den Kater kamen, waren Leute, die vorher schon eine Weile auf Achse waren, also fragt man die dann natürlich auch, woher die gerade kommen und checkt so, wie sie drauf sind. Es gab auf jeden Fall keine Agenda oder so – mal abgesehen davon, dass die Leute, die lange feiern gehen, bei uns gern gesehen waren, also Menschen, die schon in einem gewissen Modus bei uns ankamen. Ansonsten ging es immer danach: Scheinen die nett und entspannt? 

Im Metier Nachtleben ist es nicht so leicht, vertrauenswürdige Menschen zu finden.

Ein Schritt zurück: Hatte die Bar 25, die bereits als du dort angefangen hast, sowas wie eine lebende Club-Legende war, auch als Ort zum Feiern eine Anziehung auf dich? Oder haben dich all die Afterhours quasi ‚nur‘ beruflich interessiert?

Eher letzteres. Also, ich fand den Ort schon spannend, der war ja quasi eine temporäre autonome Zone und komplett außer Rand und Band. Und die Eigendynamik, die das ganze Unternehmen entwickelt hat, war auch spannend. Aber ich war kein Raver, als ich nach Berlin gekommen bin. Ich bin auch allgemein in meinem Leben häufig ein Spätstarter gewesen, so auch mit dem Feiern und Trinken. Während ich im Nachtleben gearbeitet habe, war ich fast immer eher stiller Beobachter, nur ganz am Ende, als ich auch mal eigene Veranstaltungen schmeißen durfte, habe ich diese Position mal aufgegeben. Retrospektiv betrachtet haben sie mir dort vermutlich auch deshalb so viele Sachen übergeben. Ich bekam eben irgendwann auch mal ein Budget zugesprochen, mit dem ich dann eigene Partys kuratieren durfte, auch, weil die meine Musik gut fanden. Und ich habe halt nie gestohlen oder irgendwas – und in dem Metier Nachtleben ist es gar nicht so leicht, vertrauenswürdige Menschen zu finden.

Wann und warum ging das Kapitel Bar 25 beziehungsweise Kater Holzig dann eigentlich für dich zu Ende? 

Am Ende habe ich insgesamt vier, fünf Jahre dort gearbeitet. Dort habe ich natürlich das Gute und Schöne, aber auch die hässlichen Seiten mitbekommen, manchmal auch Gefährliches. Jedenfalls hatte ich irgendwie das Gefühl, dass diese Nachtarbeit auf Dauer, ich habe das zu der Zeit zwei, drei Mal die Woche gemacht, nicht so gut für meinen Biorhythmus ist. Ich habe das zwar irgendwie okay weggesteckt, aber mich trotzdem nicht jahrelang in diesem Job gesehen. Und dann bot sich ein anderer Job an, weil Freunde von mir einen eigenen Laden aufmachten. Und so habe ich beim Heimathafen Neukölln, einer klassischen Live-Location, angefangen, hinter den Kulissen. Ich sagte ja schon, dass ich im Hotelwesen aufgewachsen bin, deshalb war ich, glaube ich, immer gern „zu Diensten“ und nett zu Leuten. 

Jedenfalls bot mir die Steffi-Lotta, eine der Gründerinnen von der Bar 25, irgendwann an, ob ich nicht Freitags und Samstags Selektion machen mag, das war mir aber zu doll und ich habe abgelehnt. Dann hatte ich meine letzte Schicht, das war sehr nett, und tatsächlich war das ja immer eine gute Community, dieser Club. Wenn man da in dem engeren Zirkel drin war, war das super, und die Leute, die dort gearbeitet haben, mag ich bis heute. Und: wenn du so eine lange Schicht zusammen durchstehst, bei der ganz viele Sachen passieren, das ist natürlich aufregend und immer schön. Trotzdem bin ich dann abgedüst. 

Ist mit dem Ende des Jobs dann auch dein Zugang zu diesem sozialen Kosmos abgebrochen, oder ist das danach Teil deines Lebens geblieben? 

Also ich treffe immer wieder Leute, die ich in dieser Zeit kennengelernt hab. Da gibt es schon immer wieder so Flashbacks, wenn man in irgendeine Bar rein geht oder zu Modulor am Moritzplatz und dort einen Stammgast der Bar sieht. Vielleicht guckt man sich dann auch nur verwundert an, ohne einander anzusprechen. Ich gehe aber nicht proaktiv zurück zum alten Arbeitsplatz, also auf das heutige Holzmarkt-Gelände. Einmal habe ich das gemacht, vor vier, fünf Jahren. Da wurde ich dann auch sehr freundlich begrüßt. Aber allgemein ist dieser Lebensabschnitt für mich abgehakt, und ich gehe auch kaum noch feiern. 

Was bleibt von der Bar 25?

Natürlich muss man die Bar 25 nicht zu stark romantisieren, aber das war schon ein sehr offener und freier Ort, und ich denke, es braucht so etwas weiterhin. Ich würde sagen, dass ich am Ende relativ unkonventionell aufgewachsen bin – jedenfalls haben meine Eltern das Konventionelle immer ein bisschen kritisch beäugt, und auch deshalb bin ich, glaube ich, gut darin, an unkonventionellen Orten Fuß zu fassen. Ich war auch in Bezug auf die sozialen Normen immer sehr flexibel und offen – und das war die Bar 25 ja auch, sie war auf jeden Fall ein Ort, wo man sich ausprobieren konnte. Ich fand es toll, dass ich dort so verschiedene Positionen durchlaufen konnte. Und natürlich sind Orte wie diese Clubs wichtig für eine Stadt. Orte, wo man ein bisschen abschalten und frei drehen kann. Diese Szenarien sind wichtig für die Menschen, das habe ich in meinem Job ja sehr direkt wahrgenommen – und dazu müssten die Leute auch nicht unbedingt auf Drogen sein. Irgendwie sind solche Läden ja auch soziale Treffpunkte, die den Leuten wirklich was bedeuten. Ich find es toll, dass ich dazu etwas beitragen konnte. 

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