High School Stipendium
Bad Doberan

GASS padlock © Jackie de Pont

Auf eigenen Füßen

Bei ihrem zehnwöchigen Aufenthalt in Deutschland lernt die Oberstufenschülerin Jackie de Pont, was es heißt, auf eigenen Füßen zu stehen

Hätte ich direkt am Anfang meines Austauschs in Bad Doberan diesen Artikel geschrieben, klänge er sicher ganz anders. Nach sieben Wochen hat sich mein Blick auf die Dinge jedoch komplett geändert. Inzwischen ist mir klar, dass ich in dieser Zeit sehr viel gelernt habe und daran gewachsen bin. Während meiner Zeit hier konnte ich den deutschen Alltag kennenlernen, wie er wirklich ist – nicht nur die Highlights. Mir ist klar geworden, dass das tägliche Leben kein Urlaubsvergnügen ist; im Gegenteil, es ist oft stressig und man steht immer wieder vor neuen Herausforderungen. Und diesen muss man sich stellen, wenn man wertvolle Erfahrungen sammeln möchte.

Schnee in Bad Doberan Meine Austauschschwester und ich vor ihrer Schule in Bad Doberan. „Bad“ hat übrigens gar nichts so Schlimmes an sich, wie Englisch Sprechende zunächst vermuten könnten – in deutschen Ortsnamen heißt dies so viel wie Bade- oder Kurort. | © Jackie de Pont Die Zügel in die Hand nehmen

Während meiner Zeit habe ich kein einziges Mal zu hören bekommen, was ich tun oder denken soll. In den ersten Wochen bin ich zu rein gar nichts gezwungen worden (außer zur Schule zu gehen – Schwänzen ist offenbar selbst bei Austauschschülern nicht drin), und ich hätte einfach müde und voller Heimweh auf dem Bett sitzen können und mich selbst bedauern können, weil die Schule so anstrengend ist und ich noch keine Freunde gefunden habe.

Aber ich habe gemerkt, dass ich selbst aktiv werden muss, damit mir der Aufenthalt hier was bringen würde. Ich musste schon meine Komfortzone verlassen und trotz der strengen Blicke der Deutschlehrer Gespräche mit meinen Mitschülerinnen und Mitschülern anfangen, zur Probe der Impro-Theater-Gruppe gehen, obwohl ich nicht mal auf Englisch irgendetwas improvisieren kann oder zuhause ans Telefon gehen … auch wenn das bedeuten konnte, dass ich 20 Minuten mit einer deutschen Oma reden musste!

GASStronauten Jackie und Mia im Astronautenkostüm vor einer Party mit allen Austauschschülerinnen und -schülern in einer Jugendherberge mitten in Deutschland. | © Jackie de Pont Bad Doberan: Gar nicht so „bad“ wie es klingt!

Während des Austauschs habe ich mehr Freiheiten genossen, als ich von zuhause gewohnt war. Nach fünf Wochen mit meiner Austauschfamilie habe ich freibekommen, um ganz alleine mit ein paar anderen Programmteilnehmern auf eigene Faust das Land zu erkunden. Zuhause regeln meine Mutter oder meine Lehrer immer alles, aber hier musste ich auf einmal selbst Übernachtungen in Jugendherbergen buchen, Zugverbindungen raussuchen … und einmal habe icih mich sogar in der Hamburger Innenstadt um 23.30 Uhr verlaufen.

Abenteuer in München Nach einer endlosen Zugfahrt endlich in München angekommen. | © Jackie de Pont Da wir ja Deutsch sprachen, fühlten wir uns nicht wie Touristen, tappten aber dennoch in alle ansonsten diesen Menschen vorbehaltenen Fallen. Also haben wir uns einfach gesagt „lieber schlechte Erfahrungen sammeln als gar keine“, als wir uns etwa verlaufen haben, sechzehn Stockwerke zum Turm von St. Peter hochgesprintet sind, nur um zu sehen, dass dieser gerade zumacht oder als wir vergessen hatten, für eine neuneinhalbstündige Zugfahrt vorher Sitzplätze zu reservieren. Aber gerade durch diese Fehler haben wir enorm viel gelernt und am Ende erkannt, dass wir uns in einem fremden Land viel besser durchschlagen können als wir gedacht hätten.

Auf zu neuen Ufern

Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt © Jackie de Pont Das Wichtigste, das ich von diesem Austausch mitnehmen werde, ist mein neues Selbstvertrauen: Ich traue mich jetzt, mit wirklich jedem Deutsch zu sprechen und auch die Kontaktaufnahme fällt mir deutlich leichter. So habe ich etwa gelernt, mir selbst neue Freunde zu suchen oder auch mal mit einer unfreundlichen Rezeptionisten in einer Münchener Jugendherberge klarzukommen. Dank diesen Erfahrungen habe ich nun keine Scheu mehr, meinen Traum zu verwirklichen und in den nächsten Jahren nach Deutschland zu ziehen, um hier ein komplett neues Leben anzufangen.