Winds of change
Wellington

“Solace of the Wind”, Wellington © Katie Rochow

Interkontinentalreisen und Neuanfänge: erste Eindrücke zum Leben mit einer neuen Sprache, in einer neuen Stadt auf der anderen Seite der Erde

ENTDECKUNGSREISEN

In the heart of Wellington © Katie Rochow Das erste Mal, dass ich neuseeländischen Boden betrat, war im Sommer 2008. Ich studierte Medienwissenschaften in Deutschland und wollte die drei Monate Semesterferien nutzen um einen „Kiwi“ zu besuchen, den ich im Studentenwohnheim in Stuttgart kennen gelernt hatte. Er war Schriftsteller, Musiker und Lebenskünstler und ich war Musikliebhaberin, Weltenbummlerin und neugierige Ethnografin, die unbedingt mehr über die kreativen Wurzeln des Künstlers herausfinden wollte. Auf dieser Reise habe ich mich in das Land verliebt.

Zwei Jahre später kehrte ich als Austauschstudentin an der Victoria University of Wellington zurück und machte dort weiter, wo ich bei meinem letzten Besuch aufgehört hatte; ich mischte mich unter die Künstlergemeinde, besuchte Jamsessions, Haus-Partys mit live Musik, Mini-Festivals in Hinterhöfen und alle möglichen Kunst- und Musikaufführungen die an den verschiedensten Orten in der ganzen Stadt verteilt waren.  

KREATIVE RÄUME

Ich war fasziniert von dem kreativen Geist der Stadt, der künstlerischen Vielfalt und lebendigen Musikszene, die das vergleichsweise kleine Wellington in einen brodelnden Kulturraum verwandelte. Irgendetwas schien ganz besonders daran, wie diese Künstler mit der Stadt- und miteinander interagierten, kreierten und produzierten. Ihre Bewegungen, Gesten, Worte, Geräusche, Wünsche und Träume erzeugten eine gewisse Dynamik, einen speziellen rhythmischen Beat, der der Stadt ihre einzigartige Atmosphäre und Struktur verleiht. 

Courtney Barnett auf der Cuba Street © Katie Rochow Aber was genau inspiriert, motiviert und dirigiert die Musiker in ihrem Alltag? Woher kommt die einzigartige Atmosphäre dieser Stadt? Liegt es an der Abgeschiedenheit Neuseelands, oder dem beeindruckenden Naturschauspiel und den vergleichsweise rauen Wetterbedingungen? Hat es etwas mit dem Stadtbild zu tun? Mit den steilen Hügeln, viktorianischen Häusern, unzähligen Bars und Restaurants, Second-hand Läden, Ateliers, Cafés, und Veranstaltungsorten? 


Ein seltener Anblick – eine flache Wiese im Botanischen Garten. Ideal für ein live-Konzert an einem lauen Sommerabend. © Katie Rochow Nach acht Monaten musste ich leider wieder abreisen – schweren Herzens und mit dem Kopf voller Fragen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich zwei Jahre später nach Wellington zurückkehren würde, um nach Antworten auf genau diese Fragen zu suchen. Nach Ende meines Masterstudiums in Schweden packte ich erneut meine Koffer und zog zurück nach Wellington, um an der Victoria University zu promovieren. 

SPRACHE UND MUSIK

Da war ich also wieder! Eine (immer noch) neugierigere Ethnographin, Weltenbummlerin und Musikliebhaberin, die sich aufgemacht hatte, um nach Antworten zu suchen. Dieses Mal aber fühlte es sich anders an – es wurde ernst. Ich verpflichtete mich für mindestens drei Jahre in Neuseeland zu leben und zu arbeiten.

Neben der Suche nach Antworten auf meine Fragen, der Gedanken über Musik und Musiker, musste ich mich außerdem damit beschäftigen, wie ich eine 80.000 Wörter umfassende Dissertation in einer fremden Sprache schreiben würde? Wie transkribiere und führe ich Interviews auf Englisch durch? Wie präsentiere ich meine Arbeit und unterrichte ich in einer fremden Sprache? Ich kann nicht behaupten, dass ich dafür gewappnet war, aber ich freute mich auf das neue Abenteuer und war gespannt darauf, was Wellingtons „winds of change“ alles bringen würden. 

Mal wieder ein Ausblick auf die Stadt von oben – Auch mein Büro liegt auf dem Berg. © Katie Rochow