Los Angeles  D*face Captain America

Los Angeles Graffiti "Captain America" von D*face
Los Angeles Graffiti "Captain America" von D*face © D*face, Foto: Lord Jim

Mittendrin und doch leicht zu übersehen, steht gegenüber vom Los Angeles County Museum (LACMA) ein faszinierendes Stück Street Art und Weltgeschichte: Graffiti-Wandbilder auf Originalsegmenten der Berliner Mauer, eine Installation, beauftragt vom Wende Museum zur Erinnerung an den 20. Jahrestag des Mauerfalls. Zu sehen sind Arbeiten von Herakut, Retna und eine irritierende Captain America Interpretation von D*Face.

Der britische Künstler D*Face ersetzt in seinem sarkastischen Kommentar Captain America, einem Pop-Schlüsselsymbol amerikanischer Ideale, den legendären Marvel Superhelden durch einen untoten, verwesten Doppelgänger. Die zombifizierte Alter-Ego-Version bricht aus dem von Relikten amerikanischer Konsumkultur übersäten Westen durch die Mauer auf die andere Seite – die (Ost-)Seite. Der auf einem Originalsegment der Berliner Mauer gesprühte und schablonierte Captain lässt sich als Ikone fragwürdiger westlicher Werte lesen, der eine ehemals unüberwindbare ideologische Barriere durchbricht. Es fügt sich schlüssig in D*Faces programmatischer Kritik an hemmungslosem Konsum und der unreflektierten Hingabe an bankrotte Ideologien. Beeinflusst von Punkmusik, Graffiti, Skateboarding und, wie in diesem Werk besonders deutlich – Comics, arbeitet D*Face in unterschiedlichsten Medien. Dabei kombiniert er seinen ironischen Stil mit einer klaren anti-autoritären Haltung.

„Alles, was ich je versucht habe, ist, die Menschen dazu zu bringen, zu hinterfragen, womit sie sich umgeben, was ihnen wichtig ist, und wenn es Alternativen gibt, diese zu erkennen und auszuprobieren. Unterstützt den lokalen Laden und das Café um die Ecke – aber vor allem: Messt euren Erfolg oder euer Glück nicht an dem, was euch vorgesetzt wird oder an den Dingen, die ihr besitzt.“
— D*Face im Interview mit Whitewalls

D*Face

D*Face (alias Dean Stockton) ist ein multidisziplinär arbeitender britischer Künstler. Seine provokativen Murals, Gemälde und Skulpturen setzen sich kritisch mit der modernen Welt auseinander – insbesondere mit Konsumkultur und dem schwer fassbaren „American Dream“. Mit Spraydose, Stickern, Postern, Schablonen und Pinsel erweckt D*Face seine popkulturell geprägten Werke zum Leben, in denen sich immer wieder Themen wie Ruhm, Prominenz und Vergänglichkeit zeigen. Seine künstlerische Laufbahn begann mit Bleistiftzeichnungen „dysfunktionaler“ Figuren – inspiriert von seiner frühen Leidenschaft für Graffiti und Comics. Später brachte er diese Figuren auf Wände und in Galerien – ergänzt um seine heute ikonischen Flügelmotive, die sich in vielen seiner Arbeiten wiederfinden. Seine unverwechselbare Bildsprache, die im Stil an Lichtenstein und Warhol erinnert, ist in den Straßen und in Ausstellungen weltweit zu sehen.

The Wall Project

war eine Initiative des Wende Museum zur Erinnerung an den 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer. Sie bestand aus zwei Installationen: der Wall Along Wilshire und der Wall Across Wilshire. Die "Mauer auf Wilshire", bestehend aus aus zehn originalen Mauersegmenten – erinnert an den Abschnitt der Berliner Mauer, der als East Side Gallery bekannt wurde und von internationalen Künstler*innen bemalt wurde. Fünf dieser Segmente, die der „Westseite“ der Originalmauer entsprechen, wurden von den in Los Angeles ansässigen Künstler*innen Kent Twitchell, Farrah Karapetian und Marie Astrid González sowie vom Berliner Künstler Thierry Noir gestaltet. Die übrigen fünf Segmente zeigen Originalgraffiti des Berliner Künstlers Bimer, bekannt für seine Bärenmotive.
Mit einer Länge von fast 12 Metern ist die Mauer auf Wilshire das längste erhaltene Stück der Berliner Mauer außerhalb Deutschlands.
D*Face enthüllt die Mauersegmente des "Behind the Wall" Projekts

D*Face enthüllt die Mauersegmente des "Behind the Wall" Projekts | © Lord Jim

Das Wende Museum

Das Wende Museum ist Archiv, Kulturzentrum und Kunstmuseum zugleich, das sich den Lebensrealitäten der Menschen während des Kalten Krieges widmet. Gegründet im Jahr 2002, beherbergt das Wende Museum eine einzigartige Sammlung von Kunst und Alltagsgegenständen aus der Zeit des Kalten Krieges. Diese Sammlung dient als Grundlage für Programme, die politische und kulturelle Veränderungen der Vergangenheit befragen, um dabei Impulse zu geben und zu ermutigen, die Gegenwart besser zu verstehen und aktiv an den persönlichen und gesellschaftlichen Prozessen mitzuwirken, die unsere Zukunft bestimmen.

„Die Murals des in Los Angeles ansässigen Künstlers Retna, des britischen Künstlers D*Face sowie des Berliner Künstlerduos Herakut (Falk Lehmann und Jasmin Siddiqui) schmücken neun Segmente der ‚Ostseite‘ der Berliner Mauer – jene Seite, die dem DDR-Todesstreifen zugewandt war und nie bemalt wurde. In Anlehnung an die ursprüngliche Funktion der Mauer als organisches, sich ständig wandelndes Medium für künstlerische Interventionen, kommentieren die Künstler*innen in ihren Werken die schwindende Privatsphäre des Einzelnen im öffentlichen Raum, eine Entwicklung, die durch Technologie zunehmend zur sozialen Kontrolle beiträgt.“
– Wende Museum