New York, 6. September 2025   Berlin nach New York, 6. September 2025

Portrait von Iven Yorick Fenker auf hellblauem Hintergrund mit einer Hand, die einen Stift hält © Ricardo Roa
Ich komme nicht aus Berlin, ich komme aus dem Harz. Ich bin nach Berlin gezogen, weil Berlin nicht Deutschland ist. Ich bin zum ersten Mal nach New York geflogen, weil ich noch nie in den USA war, aber New York City ist New York City und eben auch nicht die USA. Das war vergangenes Jahr, als ich zum ersten Mal in meinem Leben in dem Land war, von dem Menschen früher gesprochen haben, wenn sie Freiheit meinten und von dem das auch jetzt noch immer Menschen tun, nur andere. Eine andere Welt, damals.

Auch im September 2024 – als auch ich mich beim stundenlangen Laufen durch Manhattan vergewissern durfte: Das gibt es wirklich und das auch, wow und das… auch – war das noch eine andere Welt und ich bin mir sicher, es dauert nicht lange und auch diese Welt, aus der ich diesen Text schreibe, wird untergegangen sein oder zumindest verschwunden. Viele sogenannte Zeitenwenden in letzter Zeit, keine Gewissheiten mehr und wieder Krieg in Europa.

Jetzt ist es wieder September und ich fliege wieder nach New York. Aber dieses Mal werde ich die USA sehen. Wird das Land, das ich nicht kenne, noch so sein, wie ich es zu kennen glaube? Und wie geht es New York? Ich habe New York vermisst. Die Menschen, denen ich begegnet bin und mit denen ich mich so gut unterhalten konnte, die so bewundernswert schnell denken, noch schneller sprechen und deren Small-Talk-Dramaturgie zwischen Dramatik und Entertaiment schwankt. Immer eine Punchline, immer ein Witz, eine Einladung zum gemeinsamen Lachen. Weil: We are in this together.

Im September 2024, als ich einen Kollegen, ich arbeite als Journalist, vor einem New Yorker Gerichtsgebäude angesprochen und ihn gefragt habe worüber sie denn da gerade berichten, ging es sehr schnell darum, wie sie überhaupt noch berichten können. We have a man with a gun, looking out for us, hat mir der Kollege erzählt. Ich erinnere mich daran, dass ich ihm zugewinkt habe, dem Gunman und dass er gelacht hat. Mein Kollege hat mir dann einen seiner Kollegen vorgestellt. He’s an Idiot, hat er gesagt, weil er Republikaner sei. Der Kollege würde ihn aber seinerseits einen Idioten nennen. Beide Männer haben mir damals zum Abschied alles Gute gewünscht. Ich weiß noch, dass ich im Gehen dachte, dass die beiden damit etwas vollkommen anderes meinten, weil sie so eine fundamental andere Vorstellungen davon hatten, wie die Welt sein sollte. Das ist ja im Grunde Politik. Und Chit-Chat, Kommunikation, das ist ja im Grund auch nur eine Überlebenstrategie. Wer miteinander redet, tut sich nichts an.

Jetzt sitze ich im Flugzeug, der Flug ist lang, aber die Zeit vergeht und ich bin gespannt in was für einer Welt ich landen werde.
 
Die in diesem Text geäußerten Ansichten sind ausschließlich die des Autors und spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung oder Position des Goethe-Instituts wider.

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