Survival-Kit Studium  „Mein Alltag sieht ziemlich chaotisch aus“

Dogukan
Dogukan Foto (Ausschnitt): Unsplash © Hitoshi Suzuki/Svetlana Kerestely

Dogucan, 21 Jahre alt, studiert Elektrotechnik an der Technischen Universität in München im dritten Semester. In unserem „Survival-Kit Studium“ verrät er, was er anders machen würde, könnte er sein Studium noch mal beginnen.

Das größte Klischee über deinen Studiengang – und was davon wahr ist:

Am Anfang des Studiums mussten wir eine Prüfung ablegen, die unsere Eignung für das Studium testen soll: Die heißt Grundlagen- und Orientierungsprüfung (GOP). Studenten von anderen Fakultäten sagen, dass diese Prüfung überhaupt nicht zu schaffen ist. Sie ist wirklich sehr schwer: In einem Semester habe ich mehr gelernt als im Rest meines Lebens.

Wie sieht dein normaler Tagesablauf aus?

Ich bin kein gut organisierter Mensch und mein Alltag sieht ziemlich chaot isch aus. Manchmal bin ich vor neun Uhr morgens auf den Beinen, manchmal schlafe ich bis zum Nachmittag. Zur Uni gehe ich nicht jeden Tag: Eine Anwesenheitspflicht gibt es bei uns nicht. Den verpassten Stoff hole ich meistens zu Hause nach oder lerne in der Bibliothek. Das hat aber Nachteile: Ich kenne immer noch nicht alle meiner Dozenten persönlich.

Auf was hättest du verzichten können?

Ich wohne in einem privaten Wohnheim in Garching. Dort habe ich ein eigenes Zimmer mit einem Bad und einer kleinen Küche. Auf unserem Stockwerk haben wir zusätzlich eine gemeinsame Küche. Es ist sehr gemütlich bei uns: Alles ist neu und sauber. Die Miete ist aber sehr hoch. Im Nachhinein denke ich, dass auch einfachere Wohnbedingungen in einem öffentlichen Wohnheim für mich passen würden.

Welchen Tag an der Uni wirst du nie vergessen?

Gleich in der ersten Woche hat mich die „Welcome-Party“ überrascht. In der Türkei, wo ich herkomme, kann ich mir solche Veranstaltungen nicht vorstellen, bei der sich Professoren und Studenten in einer inoffiziellen Atmosphäre kennenlernen können.

In der Türkei, wo ich herkomme, kann ich mir solche Veranstaltungen nicht vorstellen

Die Distanz zwischen älteren und jüngeren Menschen, zwischen Menschen mit unterschiedlichem sozialen Status ist in der Türkei normalerweise etwas größer.

Wenn du dein Studium noch einmal beginnen könntest: Was würdest du anders machen?

Ich würde versuchen, systematischer zu lernen. Wenn ich mich besser organisieren könnte, hätte ich mir viele Nervenzellen und sogar Zeit gespart und dabei auch bessere Noten bekommen. Dieses Semester habe ich viel zu spät mit dem Lernen angefangen und hatte deswegen zu wenig Zeit, um alle Themen abzuarbeiten.

Was hat dich regelmäßig zur Verzweiflung gebracht?

Ursprünglich wollte ich Physik oder Mathe studieren, weil ich Theorie sehr gerne mag. Mir macht es Spaß, zu verstehen, wie diese oder jene Formel abgeleitet wird. Elektrotechnik ist viel praxisorientierter, deswegen lernen wir theoretischen Stoff weniger ausführlich. Als ich gesehen habe, dass manche Theoreme in unseren Lehrbüchern nicht bewiesen werden, war ich sehr enttäuscht. Jetzt akzeptiere ich es so, wie es ist.

Was war oft deine Rettung?

Sogenannte Fachschaften – Institutionen der studentischen Selbstverwaltung – verkaufen Klausuren aus vergangenen Jahren. Das war sehr hilfreich. Außerdem bieten Tutoren eine große Unterstützung. Das sind Studenten höherer Semester, die den Stoff mit uns wiederholen. Sie machen das als Nebenjob und verdienen etwas Geld damit.

Was hast du am letzten Tag des Monats gegessen, wann war Sparen angesagt?

Wenn ich mich stark auf etwas konzentriere, vergesse ich zu essen. Aber sparen muss ich zum Glück nicht: Meine Eltern überweisen mir monatlich Taschengeld, sodass ich mein Studium und meinen Lebensunterhalt finanzieren kann.

Welche Frage hörst du auf Familienfeiern jedes Mal?

Die häufigste Frage ist: „Wie läuft es mit Lernen?“ Meistens antworte ich: „Es läuft gar nicht.“ Eigentlich ist es nicht so schlimm, ich übertreibe nur aus Spaß.

Wenn du nicht gerade an der Uni bist: Wo kann man dich finden?

Am liebsten bin ich zu Hause. Das ist mein Charakter, ich gehe nicht gerne aus.

Was war der teuerste Preis für eine gute Note?

In Prüfungsphasen schlafe ich sehr wenig. Ich muss aber aufpassen: Wenn ich zu müde bin, mache ich Konzentrationsfehler.

Uni heißt auch: Lernen fürs Leben. Was hat dir dein Studienfach für deinen weiteren Weg mitgegeben?

Ich mag Mathe und Physik. In diesem Studium habe ich verstanden, dass das wirklich das Richtige für mich wäre. Meinen Master möchte in einem dieser beiden Fächer machen.
 

„Survival-Kit Studium“

Wo in Deutschland kann man gut studieren? Wie lässt es sich als Student gut leben? Und wie übersteht man die erste Fachschaftsparty und die Fragen auf Familienfeiern?

Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen erzählen von ihren Erlebnissen an den Unis in Deutschland, ihrem Alltag – und was sie manchmal zur Verzweiflung bringt.