Ausgesprochen … posthuman  Will die neue Generation überhaupt noch ein Auto?

Aufnahme aus den 1950er Jahren, in der ein Vater mit seiner kleinen Tochter vor einem Oldtimer posiert
Das Auto als Muss der modernen Familie. Ob das auch heute noch so ist? © picture alliance / Bildagentur-online/Blend Images | Blend Images/PBNJ Property releaseoductions

Wie möchte die Generation Z in Zukunft mobil sein? Als Angehörige dieser Generation erklärt unsere Kolumnistin Aya Jaff, was ihr wichtig ist und warum das Elektrofahrzeug vielleicht nicht die Antwort ist.

Ein elektrischer Volkswagen ID.3 zum gleichen Preis wie ein Golf. Ein Tesla Model 3, das so viel kostet wie ein BMW 3er. Renault Zoe, ein elektrischer Kleinwagen, dessen monatliche Leasingrate einem schönen Abendessen für zwei Personen in Paris gleichkommt … klingt für mich bezahlbar. Noch vor ein paar Jahren dachte ich mir aber, dass elektrische Autos nur etwas für wirklich reiche Menschen wären. Etwas, das nicht unbedingt sinnvoll ist, das aber man aus Überzeugung und für sein Prestige kauft. Das hat sich jedoch in den letzten Jahren sehr geändert. Als die Autoverkäufe in Europa aufgrund der Pandemie zusammenbrachen, wuchs eine Kategorie dagegen schnell: Elektrofahrzeuge. Ein Grund dafür ist, dass die Kaufpreise in Europa den Preisen für Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren mittlerweile erstaunlich nahe kommen.

Wir befinden uns in einem beschleunigten Zeitplan

Natürlich sind diese Preise für E-Autos so nur möglich, weil der Staat kräftig subventioniert. Aber die Verbraucher*innen sehen letztens Endes das Preisschild. Und dort wird – je nach subventionierendem Land – mehr als 10.000 US-Dollar vom Endpreis abgezogen. Autohersteller bieten Angebote für Elektroautos an, um die strengeren Vorschriften der Europäischen Union zu Kohlendioxidemissionen zu erfüllen. In Deutschland kann ein elektrischer Renault Zoe für 139 Euro im Monat oder 164 US-Dollar gemietet werden.
 
Mit zunehmender Verbreitung von Elektroautos nähert sich die Automobilindustrie rasch dem Wendepunkt, an dem es auch ohne Subventionen genauso günstig – und vielleicht günstiger – sein wird, ein Plug-in-Hybrid-Fahrzeug zu besitzen, also eines, das fossile Brennstoffe verbrennt und gleichzeitig einen Elektromotor besitzt. Der Autokonzern, der zuerst die Preisparität erreicht, kann sich voraussichtlich so positionieren, dass er das Segment dominiert.
 
Vor einigen Jahren erwarteten Branchenexperten, dass 2025 der Wendepunkt sein würde. Die Technologie schreitet jedoch schneller voran als erwartet und könnte auf den entscheidenden Schritt vorbereitet sein. Hui Zhang, Geschäftsführer der deutschen Sektion von NIO, einem chinesischen Elektroautohersteller mit globalen Ambitionen, sagte, er denke, dass die Parität im Jahr 2023 erreicht werden könne. Venkat Viswanathan, Associate Professor an der Carnegie Mellon University, der die Branche genau verfolgt, ist vorsichtiger. Aber er stellt fest: „Wir befinden uns bereits in einem sehr beschleunigten Zeitplan. Wenn Sie 2010 jemanden gefragt hätten, ob wir bis 2025 eine Preisparität haben würden, hätten die Antwort gelautet, dass dies unmöglich ist.“

Eine Mobilitätswende im echten Leben

Doch braucht und will meine Generation, die Generation Z, überhaupt noch ein Auto? Das Auto ist für uns noch immer relevant, aber seine Bedeutung ändert sich grundlegend. Es reiht sich in die verfügbaren Alternativen an Fortbewegungsmitteln ein – und davon gibt es immer mehr. Beispielsweise ist meiner Generation etwa ein nahtloses Ineinandergreifen verschiedener Fortbewegungsoptionen und möglichst ein reibungsloser Übergang von einem Verkehrsmittel zum anderen sehr wichtig, denn laut einer Studie des Zukunftsinstituts benutzen wir zu 42 Prozent kein Auto, sondern stattdessen öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad. Wichtig ist, dass Mobilität nur wenig kosten darf.

Ich frage mich also, ob wir Gen-Z-Autofahrer*innen bereit sind, unsere Unabhängigkeit ein Stück weit aufzugeben und den Komfort von Tankstellen gegen Ladestationen zu tauschen, die deren Bedienung mehr Zeit in Anspruch nehmen. Ich bin wirklich sehr gespannt, ob die neue Generation noch ähnliche Verhaltensmuster wie die Vorgängergeneration an den Tag legt oder tatsächlich ihrer Forderung nach einer Mobilitätswende im echten Leben nachkommen wird. Heißt das dann eher gar kein Auto? Oder vielleicht ein Auto für die Nachbarschaft? Wird das Lastenrad alles ersetzen? Die Zeit wird es zeigen.
 

„Ausgesprochen …“

In unserer Kolumnenreihe „Ausgesprochen …“ schreiben im wöchentlichen Wechsel Aya Jaff, Maximilian Buddenbohm, Dominic Otiang’a und Margarita Tsomou. Aya Jaff beobachtet in „Ausgesprochen … posthuman“ den technischen Fortschritt und wie er unser Leben und unsere Gesellschaft beeinflusst.