Survival-Kit Ausbildung  „Man muss als Frau eben 120 Prozent geben“

Lisa-Marie an einem Laptop
Lisa-Marie möchte später den Betrieb ihres Vaters übernehmen. Foto (Detail): © Privat

Lisa-Marie macht eine Ausbildung zur Mechatronikerin für Nutzfahrzeuge. In unserem Survival-Kit erzählt sie uns, wie sie sich in dem Beruf mit hohem Männeranteil behauptet und warum sie sich trotzdem super wohl in ihrer Werkstatt fühlt.

Information

Name: Lisa-Marie
Alter: 19
Ausbildung zur: Mechatronikerin für Nutzfahrzeuge (Schwerpunkt LKWs), zweites Lehrjahr
Arbeitet in: München

Das größte Klischee über Deine Ausbildung – und was davon gestimmt hat:

Das größte Klischee war, dass gesagt wurde „Das ist ja eh eine Frau- die kriegt das nicht hin.“ Das ist so der klassische Spruch, den man als Frau in dem Beruf bekommt. Man muss sich in dem Job noch mehr beweisen als die Männer. Dazu kommt häufig auch „Du kannst das nicht heben, ich mach das schon.“. Man ist als Frau körperlich unterlegen, aber man muss dafür einfach clever sein und sich selbst aus der Patsche zu helfen wissen.

Wie sieht Dein normaler Tagesablauf aus?

Ich fahre auf die Arbeit, dann ziehe ich mich dort in Ruhe um und dann stemple ich mich ein. Draußen werden wir dann für Aufträge eingeteilt, entweder zusammen mit den Gesellen oder für Dinge, die wir alleine bearbeiten können. Wir reparieren viel, wir machen Fehlerdiagnosen und wir bekommen auch viele Fahrzeuge aus dem Werk. Das sind meistens LKWs und hin und wieder auch ein Bus. Kurz vor Feierabend räumen wir dann unseren Arbeitsplatz auf. Sauberkeit ist uns sehr wichtig.
Generell arbeiten wir im Schichtdienst, es gibt eine Frühschicht und eine Spätschicht.

Auf was hättest Du in Deiner Ausbildung nicht verzichten können?

Das Betriebsklima bei uns möchte ich nicht missen. Das ist einfach was anderes, als wenn man mit Frauen zusammenarbeitet. Ich habe das Gefühl, mit Männern zusammenzuarbeiten ist stressfreier, aber vielleicht bin ich einfach mehr der Typ dafür.

Welchen Tag Deiner Ausbildung wirst Du nie vergessen?

Eigentlich muss ich da den ersten Tag in meinem Betrieb nehmen. Ich war davor in einer anderen Firma und das hat nicht so gut gepasst. Als ich dann in meinen jetzigen Betrieb kam, habe ich mich einfach darauf gefreut, dass ich jetzt meinen Beruf lernen kann und dass ich Spaß daran haben werde.

Wenn Du Deine Ausbildung noch einmal beginnen könntest: Was würdest Du anders machen?

Ich glaube, ich bin ein Mensch, der sich leicht beeinflussen lässt. Man muss die Vorurteile, die andere über einen haben, einfach ignorieren. Wenn es etwas Neues gibt, dann ist es immer etwa zwei Wochen Gesprächsthema, aber danach ist es dann auch wieder gut. Deswegen habe ich gelernt, das Gerede zu ignorieren und einfach mein Ding zu machen. Man muss sich in dieser Männerdomäne eben beweisen.

Was war die größte Herausforderung?

Dass ich auch körperliche Grenzen überwinden musste. Ich mache viel Sport – von nichts kommt auch nichts! Klar, ich kann keine 70 oder 80 Kilo schleppen, aber ich trainiere viel und es ist dann schön, wenn das anerkannt wird.

Was war oft Deine Rettung?

Mein Papa. Er hat den gleichen Beruf gelernt wie ich. Wir haben auch einen eigenen Betrieb zu Hause. Mein Vater ist mein größtes Vorbild und er baut mich immer auf und hilft mir, wenn es ein Problem gibt. Er spornt mich einfach immer an und ist immer für mich da.

Was machst Du, um abzuschalten und Dir etwas zu gönnen?

Zusammen mit meiner Mama habe ich vier Pferde. Ich gehe viel reiten und mache auch Turniersport.
Mein Freund arbeitet in der gleichen Branche und wir können uns immer sehr gut austauschen und uns gegenseitig Tipps geben. Am Wochenende gehen wir gerne auf LKW-Treffen, wo man sich einfach mit Fahrern trifft und LKWs anschaut, sich austauscht und fachsimpelt. Wir haben zu Hause auch einen großen LKW, um die Pferde zu Turnieren zu transportieren. Man muss ja die Arbeit auch mal Arbeit sein lassen können. Abschalten ist ganz wichtig.
 

„Deswegen habe ich gelernt, das Gerede zu ignorieren und einfach mein Ding zu machen.“

Was hast du am letzten Tag des Monats gegessen, wann war Sparen angesagt?

Knoblauchnudeln. Ich liebe Nudeln über alles. Für mich selbst gebe ich eher wenig Geld aus, aber ich investiere viel in meine Vierbeiner.

Auf was bist du stolz?

Ich bin stolz, dass ich mein Leben so leben kann, wie ich das möchte. Und dass ich gesund bin.

Was hat Dir Deine Ausbildung für Deinen weiteren Weg mitgegeben?

Ich habe gelernt, dass man sich nicht unterkriegen lassen sollte. Wenn man einen blöden Spruch auf der Arbeit bekommt, muss man eben lernen, damit umzugehen. Das ist wichtig, denn wenn man immer gleich eingeschnappt ist, dann kommt man auch nicht weiter. Ich habe schon inzwischen ein dickes Fell und setze mich dann auch durch. Man muss als Frau eben 120 statt 100 Prozent geben. Inzwischen bin ich in meiner Werkstatt aber auch für meine Schlagfertigkeit bekannt.

Gab es Momente, in denen Du lieber studiert hättest?

Es gibt ein duales Studium, glaube ich. Aber ich war wollte immer lieber arbeiten als in der Schule zu sitzen. Das ging mir schon in der 7. Klasse so! Mein Ziel ist es, irgendwann den Betrieb meiner Eltern zu übernehmen. Darauf freue ich mich schon sehr.
Ich habe auch kein Problem damit, jeden Tag zu arbeiten. Entweder man tut seine Sache gern oder halt nicht!
 

"Survival-Kit-Ausbildung"

In welchen Berufen kann man in Deutschland eine Ausbildung absolvieren? Wie lässt es sich als Auszubildende oder Auszubildender gut leben? Und wo findet man einen Ausgleich zur Arbeit?

Auszubildende unterschiedlicher Berufsfelder erzählen von ihren Erlebnissen in Betrieben und Einrichtungen in Deutschland, ihrem Alltag – und was sie manchmal zur Verzweiflung bringt.