“Do Jar” bringt unterschiedliche kurdische Rhythmen zusammen und kombiniert einzelne Klangquellen (Instrumente und Synthesizer) zu einem Sound, der Zuhörern ein akustisches Gefühl davon gibt, wie Kurdistan klingt.
“Do Jar” bedeutet “zweimal”. Das Stück ist eine Meditation über die Dualität seiner beiden bestimmenden Schlaginstrumente: den Bendir, eine Rahmentrommel, und eine weitere Rahmentrommel anderer Art, die Daf, die als Nationalinstrument der Kurden gilt. Beide werden zart durch die Daira, eine Rahmentrommel aus Aserbaidschan, begleitet und kommen so als verschiedene Schlaginstrumente mit kurdischen Bezügen aus unterschiedlichen geografischen Regionen zusammen. Zahawy spielt auf der Daf bewusst mit Rhythmen in Double- oder Tripletime, experimentiert mit Performance- und Spieltechniken und den verschiedenen Klängen des Instruments.
Da kurdische Kultur stark auf mündliche Überlieferung setzt, spielt Musik eine wichtige Rolle dabei, Ereignisse von Geburt bis Tod, von Eroberungen bis zu Massakern zu dokumentieren. Sie bezieht sich häufig auch auf religiöse Motive und saisonale Events, wie die Erntezeit. Die Daf untermalt diese Geschehnisse und Geschichten durch ihre Rhythmen. Anders als andere Schlaginstrumente benötigt sie beide Hände gleichzeitig und wodurch es sehr herausfordernd ist, sie zu spielen.
Für diese Komposition erneuerte und erweiterte Zahawy seine eigene Spieltechnik. Er arbeitete hauptsächlich mit Rhythmen, die er aus rituellen Sufi-Zeremonien kannte und fest in seinem Gedächtnis verankert hat. Außerdem kreiert er atmosphärische Klänge durch die Verwendung von Sound Design.
“Ich habe bewusst Rhythmen in Double- und Tripletime auf der Daf gespielt, mit performativen und spielerischen Techniken und den Klängen des Instruments experimentiert.”
(Hajar Zahawy)
Text: keine Angabe
Komposition: Hajar Zahawy
Arrangement: Hajar Zahawy
Instrumentierung: Daf, Bendir, Daira (Aserbaidschan), Bass Drum, Synthesizer, verschiedene traditionelle Arten von Rahmentrommeln
Originalkomposition/Datum: keine Angabe
Aufnahme: August 2021
Das Warum hinter der Musik
Kurdische Kultur und Musik sind so divers wie die Gegenden in welchen sie sich entwickelt haben, vom Irak bis in den Iran, nach Armenien, Syrien und in die Türkei. Durch die jahrhundertelange geographische Zersplitterung des kurdischen Volkes, seine Unterdrückung und die Abwesenheit zentraler kurdischer Kulturinstitutionen hat sich kurdische Musik hauptsächlich aus Folklore und Alltagspraktiken entwickelt. So brachte jede Region ihre eigenen musikalischen Charakteristiken hervor, die sich in Aufführungsformen (oder “Ada’ أداء”), Gesang, Rhythmen, Instrumentierung und Formationen niederschlagen.
Als kurdischer Künstler wollte ich schon immer mein eigenes musikalisches Erbe lebendig halten und das Wissen über seine Fülle und seinen Reichtum so weit wie möglich verbreiten. Das ist mir umso wichtiger, als das wir, das kurdische Volk, bisher durch die Diskriminierung und die Ungerechtigkeiten, denen wir ausgesetzt waren, kaum eine Möglichkeit hatten, unsere Kultur bekannt zu machen. Für diese Ausstellung wollte ich also die Vielfältigkeit kurdischen Kulturerbes durch meine musikalischen Kompositionen zusammenführen.
Dabei gestaltete es sich schwierig, Archivmaterialien zu finden, mit denen ich arbeiten konnte. Die Dokumentation, Verbreitung und Bewahrung kurdischer Kulturgüter durch kulturelle Institutionen ist ein eher gegenwärtiges Phänomen der letzten drei Jahrzehnte. Kurdische Kultur wird noch immer vor allem mündlich weitergegeben, deshalb sind auch meine Kompositionen neben den verfügbaren kurdischen Aufnahmen statt durch Archivmaterial hauptsächlich von dem reichhaltigen praktischen Inventar inspiriert, das unsere Lehrer und Musiker zu gesellschaftlichen Anlässen und beim sozialen Zusammenkommen ihren Schülern weitergegeben haben.
In meiner Komposition für Mirath:Music kombiniere ich Klänge aus dem sufischen Erbe mit solchen aus kurdischem Repertoire, hauptsächlich über Schlaginstrumente wie der kurdischen Rahmentrommel Daf, der Bendir und Elementen der Dichtkunst. Durch die Verwendung digitaler Technologien verschmelze ich diese Elemente mit zeitgenössischen Sounds, da Innovation für mich der ideale Weg ist, kulturelles Erbe zu bewahren.
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November 2021