Job

Auf die Fledermaus gekommen

Foto: © Magdalena SchluckhuberFoto: © privat
Anna Nele Herdina mit einer Zwergfledermaus, Foto: © privat

Andere Mädchen interessierten sich für Ponys oder Katzen. Nicht so Anna Nele Herdina. Sie war schon in der Schulzeit in Fledermäuse vernarrt und fand sie süß. Heute hat sie die Liebe zu diesen Tieren zu ihrem Beruf gemacht.

Foto: © PrivatarchivAnna Nele Herdina legt millimetergroße Penisknochen mit einer Pinzette unter ein Mikroskop. In mühevoller Kleinarbeit werden sie bearbeitet, ihre Form begutachtet und manchmal bunt eingefärbt. Anna Nele hat beruflich mit Penisknochen von Fledermäusen zu tun. Sie untersucht sie für ihre Dissertation, „um zu sehen, ob Penisknochen derselben Art aus Kroatien etwa anders ausschauen als jene aus Russland“, erklärt die Wienerin. Für Laien: Anna Nele untersucht, ob man anhand der Penisknochen feststellen kann, um welche Fledermausart es sich handelt und welche Funktionen dieser Knochen überhaupt hat. Sie will herausfinden, ob der Penisknochen ein Unterscheidungsmerkmal ist zwischen der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und der Mückenfledermaus (Pipistrellus Pygmaeus).

Denn vom Aussehen her sind diese beiden Unterarten nur sehr schwer zu unterscheiden.

Forschungslücke entdeckt

Wenn andere Menschen sich ekeln oder schreiend davon laufen, kann die Fledermausforscherin und -liebhaberin das nicht nachvollziehen. Fledermäuse sind für sie süß und faszinierend, vor allem die langen Ohren mancher Arten haben es Anna Nele angetan. „Woher meine Faszination für diese Tiere genau kommt, weiß ich nicht. Aber schon bei meinem Abiturspezialthema wollte ich über Fledermäuse sprechen, das hat mich schon damals besonders interessiert“, erklärt die heute 33-Jährige.

Dieser Linie ist die Biologin treu geblieben. Auch in ihrer Diplomarbeit beschäftigte Anna Nele sich mit den fliegenden Säugetieren, genau genommen eben mit den Penisknochen dieser Tiere. Damit hat sie eine Forschungslücke entdeckt – die sie mit ihrer Dissertation nun zumindest teilweise schließt.

Tschechisch lernen für die Fledermaus

Foto: © PrivatarchivDie Knochen, die sie untersucht, stammen aus einer großen Sammlung aus Prag, da das Fledermausinstitut an der Karlsuniversität eine gewisse Vorreiterrolle in der Forschung innehat. Ein Studienaufenthalt lag somit nahe. Deshalb hat Anna Nele begonnen, Tschechisch zu lernen. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass eine ihrer ersten Vokabeln netopýr (Fledermaus) war.

Neben den Fledermäusen verbindet Anna Nele Herdina aber auch noch ihre Familie mit Tschechien. „Meine Urgroßelterngeneration ist nach Wien gekommen. Irgendein Uronkel hatte der gesamten Familie irgendwann ein E gekauft, um uns einzudeutschen, bis dahin hießen wir Hrdina [auf Deutsch Held, Anm. d. Redaktion].“

Großer Teil ihres Lebens

Penisknochen sind für Anna Nele das normalste auf der Welt. Und dennoch kann sie erstaunte Blicke nachvollziehen, wenn sie über ihren Beruf spricht. „Es ist schon ein bisschen verrückt“, lacht sie. Auch mit ihren Zusatzqualifikationen und Nebenjobs als Höhlenführerin, Tauchlehrerin oder Tierpräparatorin sorgt sie stets für Verwunderung, wenn sie neue Leute kennen lernt.

„Fledermäuse nehmen einen großen Teil meines Lebens ein, aber nicht alles. Ich mache auch ‚normale‘ Sachen“, schmunzelt sie, „Torten backen oder Kitesurfen zum Beispiel.“


Copyright: Goethe-Institut Prag
Februar 2013

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