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Interview mit Dr. Petra Hauke
„Grüne Bibliothek“ – Nachhaltige Trends in deutschen Bibliotheken

Nachhaltige Workshops
Nachhaltige Workshops am Goethe-Institut Budapest | © Goethe-Institut

„LeihBars“, Tauschbörsen und Repair-Cafés – Der Begriff „Grüne Bibliothek“ hat sich in Deutschland mittlerweile nicht nur etabliert, sondern wurde auch schon weit über das ursprüngliche Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit ausgeweitet. Welche Trends und Entwicklungen es in den letzten Jahren gab, aber auch welche Anforderungen und welches Potenzial Bibliotheken im Thema Nachhaltigkeit in Zukunft noch haben können, behandelt Dr. Petra Hauke in ihrem Interview.

Von Dr. Petra Hauke

In welche Richtungen müssen sich Bibliotheken aus der Sicht der Nachhaltigkeit entwickeln? Was sind die neusten Trends?
     

Bibliotheken positionieren sich in ihren Kommunen zunehmend als engagierte Akteure für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Das Label "Grüne Bibliothek", ursprünglich nur im Sinne von ökologischer Nachhaltigkeit verstanden, umfasst auch wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit, da zum Schutz des Lebens auf diesem Planeten alle drei Aspekte zusammen gesehen werden müssen. Ein Selbstverständnis als "Grüne Bibliothek" beginnt sich langsam durchzusetzen, vermehrt dokumentiert auch auf den Webseiten der Bibliotheken. Das Interesse am Thema wird auch an den beeindruckenden Teilnehmerzahlen der "Ideen Cafés" des Netzwerks Grüne Bibliothek und den Webinaren des Deutschen Bibliotheksverbandes zum Thema Nachhaltigkeit deutlich.
     
Wo stehen die Bibliotheken in Deutschland zum Thema Nachhaltigkeit? Wo gibt es noch Entwicklungspotenzial, was läuft gut?
       

Öffentliche Bibliotheken stellen sich langsam, aber zunehmend dem Auftrag der IFLA, Nachhaltigkeit als ihre gesellschaftliche Aufgabe "Sustainability is Libraries' Business!" im Sinne der Agenda 2030 der Vereinten Nationen in ihrem Selbstverständnis zu verankern. Ein Grund dafür mag in ihrer per se auf Sichtbarkeit nach außen angelegten Arbeit liegen sowie in den avisierten Zielgruppen außerhalb der eigenen Einrichtung – im Unterschied zu Wissenschaftlichen Bibliotheken, die eher eine interne Community im Blick haben. Viele positive Beispiele dafür liefern die Plattformen „Biblio2030“ der deutschsprachigen Bibliotheksverbände und „SDG Stories“ der IFLA, aber auch vermehrte Beiträge in den Fachzeitschriften. Auf Initiative des Netzwerks Grüne Bibliothek wurde 2020 – bisher einzigartig – in das Rahmenkonzept für die Bibliotheksentwicklungsplanung der Berliner Öffentlichen Bibliotheken deren Rolle für die Erfüllung der Agenda 2030 aufgenommen: „Bibliotheken als Akteure für Nachhaltigkeit und Klimaschutz".
      
Welche einfachen Schritte wären auch für die Bibliotheken möglich, die wenig Geld haben und sich wenig leisten können?
         

Meist laufen die Argumente darauf hinaus, dass sowohl das nötige Personal als auch die Geldmittel fehlen, um attraktive Projekte zum Thema Nachhaltigkeit anzubieten. Aber: Bibliotheken haben zum einen Räume, zum anderen ein Publikum - und beides ist interessant für mögliche Projektpartner wie Nachhaltigkeitsreferate der Kommunen, Volkshochschulen, Nachhaltigkeitsexperten, NGOs oder auch potenzielle Sponsoren (Grüne Unternehmen, Baumärkte, Banken), die es sich lohnt anzusprechen –  ganz im Sinne von Ziel 17 der Agenda 2030: "Partnerschaften zur Erreichung der Ziele".
          
Die Probleme sind im Bereich des Klimaschutzes riesengroß, wie können Bibliotheken zur Verbesserung der Situation beitragen, die Bibliotheken selbst und mit ihren Inhalten?
         

Bibliotheken können zuächst einmal beispielhaft ihren eigenen ökologischen Fußabdruck kontrollieren und gezielt Einsparungen vornehmen, z.B. beim Energieverbrauch oder beim Ressourcen schonenden Umgang mit Materialien jeglicher Art, wie Verzicht auf Ausdrucke oder Verwendung von Öko-Bons, Verzicht auf das Foliieren von Büchern, Verzicht auf Einweggeschirr in der Caféteria, Bevorzugung von regionalen Produkten und Lieferanten etc. An ihr Publikum adressiert tragen sie bei durch das Angebot entsprechender Medien, Ausstellungen und Veranstaltungen zum Thema, oder Beteiligung z.B. an Foodsharing- oder Foodsaver-Initiativen. Im Rahmen der Kampagne „Berlin is(s)t klimafreundlich“ kooperiert z.B. die Heinrich-Böll-Bibliothek mit der Verbraucherzentrale Berlin für ein Modellprojekt zur Eindämmung der Lebensmittelverschwendung durch das Aufstellen eines Foodsharing-Kühlschranks – und wie der WWF ermittelt hat, gehen etwa zehn Prozent aller Treibhausgasemissionen auf das Konto der Lebensmittelverschwendung.
       
Welche Best-Practice-Beispiele sind für Sie die besten der letzten Zeit im Bereich Umwelt?
     

Das Angebot einer "Bibliothek der Dinge" – auch unter so phantasievollen Namen wie „LeihBar“, „LeihGut“, „Zeusch für Eusch“, „Gedönsothek“, „Stuff4U“ etc. – nimmt nun auch in Deutschland offenbar regelrecht Fahrt auf. Auch Repair-Cafés und Upcycling-AGs erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Dazu kommen Veranstaltungsreihen zum Thema Urban Gardening, als Anregung zum eigenen Anbau von Kräutern oder Gemüse auf dem Balkon oder im Blumenkasten, ergänzt durch Saatgut-Bibliotheken oder -Tauschbörsen oder auch durch Hochbeete im Außenbereich der Bibliothek. Die Beispielsammlung auf "Biblio2030.de" wird laufend mit neuen interessanten Beispielen ergänzt.

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