Natalia Kryvda
Mythen über Europa, Mythen über Grenzen

tiger and turtle
(с) Zabrodskaya

Die Geschichte der menschlichen Existenz und der wesentliche Inhalt künftiger Mythen wie auch der ältesten „heiligen Erzählungen“ über diese Existenz beruhen darauf, den Kosmos vom Chaos zu trennen, das den Fremden gehört; Vorstellungen von ZENTRUM und GRENZE sind also von zentraler Bedeutung. Eine Interpretation der Symbole von Zentrum und Grenze bedeutet zugleich, Zeit, Raum, Leben und Tod, das Menschliche und das Göttliche, Kultur und Barbarei zu verstehen … Was auch immer man untersucht, die „semantischen Felder“ von Zentrum und Grenze sind immer schon da.

Ein immanentes Merkmal antiker Kulturen und Zivilisationen mit einem hochentwickelten mythischen Bewusstsein ist die Konstruktion von Weltmodellen, die von einem Zentrum ausgehen. Für die Menschen der Antike dehnt sich die Welt in alle Richtungen aus; das Benennen von Dingen, Prozessen und Menschen bewirkt eine Dekonstruktion von Raum und Material – die Erde wird „gefüllt“ und bevölkert sich und beginnt erst durch Namensgebungen zu existieren. Es ist kein Zufall, dass O. Losvey die Schaffung von Mythen als eine existenzielle Handlung beschrieben hat. Der Omphalos der griechischen Antike (ein Kultstein, den Chronos ausgespuckt hatte, nachdem Rhea ihm diesen eingewickelt zum Verschlingen gegeben hatte, um den neugeborenen Zeus zu retten), befand sich im Heiligtum des Apoll. Mit diesem Kultstein beginnt nicht nur die dritte Generation der Götter; er steht zugleich für die räumliche und kulturelle Ausdehnung der hellenischen Welt. Der römische Umbilicus Urbis ist nicht nur der Mittelpunkt Roms, des Römischen Reichs und damit der Welt, sondern auch Mundus, der Eingang zur Unterwelt. Dabei geht es nicht nur um ein horizontales Modell des Raums, sondern auch um die Verbindung zwischen zwei Welten, eine Grenze oder einen Übergangspunkt zwischen den Lebenden und den Nichtlebenden. Das Felsplateau des Tempelbergs, wo einst der erste Tempel Jerusalems stand, dessen Platz heute vom islamischen Felsendom eingenommen wird, gilt als Eckstein der Weltordnung; an dieser Stelle begann Gott mit der Erschaffung der Welt. Wo liegt hier – an diesem Chronotopos des Zentrums dreier Religionen, diesem Einstein’schen „Raum-Zeit-Kontinuum“ – die Grenze? Wie trennt man Himmel und Erde, Judentum, Islam und Christentum? Jerusalem – die Stadt, die „der Herr […] erwählt hat“ – gilt als Mittelpunkt der christlichen Welt. Noch in der Zeit der Helena von Konstantinopel wies man darauf hin, dass der Mittelpunkt des Universums gegenüber dem Eingang zum Heiligen Grab lag. Solche Vorstellungen vom Aufbau des Universums finden sich als Schlüsselgedanke in allen Kulturen: Der chinesische Berg Song, der Machu Picchu der peruanischen Quechua-Sprecher, die Stadt Cusco des Inka-Reichs – die Namen des Mittelpunkts der Welt sind verschieden, doch ihr Sinn und ihre Bedeutung gleichen sich.

Das mythische Bewusstsein erzeugt gemeinsame Inhalte (die Juri Lotman als Semiosphäre bezeichnet). Es entwickelt Konstruktionsprinzipien und ein Weltmodell (Bild), das offenkundig bipolar ist; es entsteht aus der Beziehung zwischen dem Menschen und höheren Mächten, zwischen anthropos und sacrum. Die Trennung des Kosmos (der geordneten Welt) vom Chaos (der fremden, ungeordneten Nichtwelt oder anderen Welt) erfordert es, zwischen den eigenen Leute und den Fremden zu unterscheiden. Nur die eigenen Leute sind auch tatsächlich „Menschen“: Die Namen von Ethnien wie Aleuten, Nenzen, Ewenken, Mordwinen, Wainachen (so bezeichnen die Tschetschenen sich selbst) werden einfach mit „ein Mensch“ übersetzt [9, S. 97]. Man spricht mit seinen eigenen Leuten, und die Fremden sind dumm – für die Ostslawen „nimtsi“ (Deutsche), für die Hellenen „Barbaren“.

Zwischen dem Eigenen und dem Fremden zu unterscheiden, ist eine grundlegende, ja womöglich die wichtigste menschliche Erfahrung seit dem Moment, in dem ein Mensch beginnt, sich als Individuum zu entwickeln. „Mit der Entfaltung und Entwicklung des Ich geht fortschreitend die Erfahrung verschiedener Grade von Fremdheit bzw. umgekehrt verschiedener Grade von Zugehörigkeit und Gebundenheit in größere oder kleinere Gruppen […] Hand in Hand.“ [12, S. 400]. Die individuelle Persönlichkeit und die Selbstdefinition einer Ethnie, einer Nation oder eines Staats entwickeln sich – ebenso wie die Definitionen von Zentrum, Grenze, Landesgrenze und Peripherie – aus der Geschichte der Verbindungen zwischen dem „Eigenem“ und dem „Fremdem“.

Die Entstehung der antiken griechischen und römischen Zivilisation, die zugleich den Beginn der europäischen Zivilisation markiert, ereignet sich unter den Geburtsschmerzen, eine Welt durch die Trennung von einer fremden Welt hervorzubringen.I Im homerischen Zeitalter sind alle, die nicht dem Familienkreis oder dem Herrscherhaus angehören, Fremde; doch die wirklichen Fremden, die jenseits der Grenzen der Zivilisation stehen, sind die Zyklopen, die weder Götter noch Gesetze kennen. Zusammen mit der feindseligen Einstellung gegenüber dem Fremden entwickelt sich die heilige Pflicht, einen Gast aufzunehmen und zu schützen; hierüber wacht Zeus Xenius. Die Grundlage internationaler Beziehungen ist zunächst, im Ausland Freunde zu haben, und danach wird aus der privaten Gastfreundschaft proxenium, die „ursprüngliche“ Diplomatie.

Herodot betonte angesichts der Bedrohung durch die Perser die Notwendigkeit, ein panhellenistisches Bewusstsein zu entwickeln. Die Demokratie entwarf ein Bild des Bürgers und seines Gegenteils: Der Barbar war ein Antipode des griechischen Tugendideals der arete (Vortrefflichkeit). Die Demokratie der Polis bringe in einem Hellenen Weisheit, Gerechtigkeit und Mut hervor, während der persische Despotismus die Barbaren verdorben, eitel, gierig und lüstern mache. Ein Fremder verkörpere das, was in der eigenen Psyche unbekannt und beschämend ist, und es sei beängstigend, sich selbst in den Eigenschaften des Fremden wiederzuerkennen. Auch die Frau werde zur Fremden, weil sie weich und, ebenso wie die Barbaren, moralisch unvollkommen sei. Barbaren, Sklaven und Frauen sind „Fremde“; sie stehen außerhalb der Grenzen der Gesellschaft, und ihnen werden a priori negative Eigenschaften zugeschrieben.

Die klassische Antike definierte das „Östliche“ als verschwenderisch, verweichlicht, furchtsam und treulos. Mit den siegreich geführten Perserkriegen wurden die Definitionen verfeinert: Die Perser, das heißt die Barbaren, stehen demnach außerhalb des geordneten Kosmos. Das eigene Volk wiederum wahre die allgemein akzeptierten Normen; die Fremden seien Zerstörer und stiften als Krieger Chaos. Eine neue Definition von Werten beginnt im Zeitalter Alexander des Großen, dessen Weltreich sich nur auf der Grundlage einer Gleichheit von Hellenen und Barbaren aufrechterhalten ließ; doch im Denken gewöhnlicher Menschen hielten sich hartnäckige Vorurteile gegenüber den Nicht- oder Halbhellenen. Das römische Recht wird jedem freien Bürger des Reichs Bürgerrechte garantieren, doch die römischen Vorurteile hielten sich hartnäckig, bis Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. Trajan zum ersten römischen Kaiser wurde, der aus einer Provinz stammte.

Zentrum und Peripherie, „das eigene Volk“ und „die Fremden“ – von der Antike bis zum Mittelalter erscheint diese Interaktion „als eine starre soziale, kulturelle und vor allem auch religiöse Entgegensetzung“ [5, S. 415]. Angesichts des universalen Anspruchs der christianitas ist die Basis für Kontakte mit fremden Kulturen die „überlegene“ christliche Religion und Kultur. Die Ausdehnung gesellschaftlicher und kultureller Kontakte zwischen Ländern/Gemeinschaften führte dazu, dass man etwas über die eigene Welt erfuhr, und wurde zu einem Instrument der kollektiven Selbsterkenntnis.

In der Entwicklung der mittelalterlichen Kultur des 13. Jahrhunderts kommt auch eine Krise des Katholizismus zum Vorschein. Die Häresie, die bis dahin kaum eine Rolle spielte, tritt nun an die Oberfläche des gesellschaftlichen Lebens. Es zeigen sich unterschiedliche Grade der Feindseligkeit gegenüber Häretikern und Ungläubigen. Man führt Kriege gegen Moslems, doch ihre Ansichten werden nicht in Predigten behandelt. Einen Sarazenen kann man zum eigenen Glauben bekehren; zu Häretikern sind solche Beziehungen nicht möglich, denn sie verbergen sich in den Tiefen „unserer eigenen“ christlichen Welt und „sind schädlicher als Juden und Heiden“ [2, S. 293].

Das Phänomen des Fremden spielt im Hochmittelalter eine integrale Rolle für die Definition eigener Werte, Ursprünge und Bräuche. Ein Europäer ist zwischen „schönen fernen Ländern“ und „feindlichen fremden Ländern“ hin- und hergerissen. Samt und Seide, Edelsteine und Glas aus dem Orient waren Boten einer Märchenwelt, und das Aroma von Gewürzen wurde als ein Hauch vom Paradies wahrgenommen, während „ein schrecklicher Gestank ein sicheres Zeichen für die Anwesenheit des Teufels ist“ [2, S. 304]. Jerusalem ist der Mittelpunkt der Welt und Schauplatz der Heilsgeschichte, und die Landkarte ist nicht mehr topologisch, sondern als axiologisches System zu verstehen. Das Raummodell als Verkörperung der christlichen Weltanschauung teilt die Welt nach Werten ein; christliche Gesellschaften und Kulturen verstehen sich als die einzigen, die „normal“ sind. Es ist wichtig, die zerstörerischen, als „Kreuzzüge“ durchgeführten Kriege, die um christliche Reliquien geführt wurden, als eine spezifische Form von Selbstdefinition zu bewerten. Gleichzeitig „entwickelt“ das europäische Bewusstsein eine andere Art kultureller Kontakte: Eine Koexistenz des byzantinischen Reichs und des Kalifenreichs ist möglich. Ein Byzantiner schreibt, dass Sarazenen und Römer wie Brüder leben sollten und „einander nicht aufgrund unterschiedlicher Gebräuche, Lebensweisen und Religionen fremd sein sollten.“

Seit dem 12. Jahrhundert entwickeln sich die innereuropäischen Beziehungen dynamischer, der ethnische und sprachliche Austausch nimmt zu, und die Einheit Europas wird durch die gemeinsame Religion und Wissenschaftssprache gefördert. Dennoch prägten die Nationen ihre jeweils eigenen Lebensweisen, wobei das Christentum und das Lateinische keineswegs die einzigen Optionen darstellten. Aus verschiedenen Bräuchen, Festen, lokalen Götterwelten, deren Kulte sich durch örtliche Besonderheiten auszeichneten, und Nationalsprachen entstanden schließlich unterschiedliche kulturelle Umfelder, und all dies führte zu Spaltungen. Das Verständnis von Differenzen innerhalb der eigenen Kultur hängt zusammen mit „der Entstehung eines ‚pränationalen Bewußtseinsʻ, das seinen Ursprung in Vorurteilen und Ressentiments unter den europäischen Völkern hatte“ [5, S. 423]. Etwas Fremdes wurde als „Gegenstand intellektueller Wahrnehmung“ objektiv bewertet, wenn man traditionelle Feindbilder durch die Erfahrung der persönlichen Kommunikation überwinden konnte. Kenntnisse über das Leben und die Bräuche anderer Menschen führen zur Anerkennung von Alternativen. Händler, Kreuzfahrer und Reisende sahen die Grenzen der Welt mit ihren eigenen Augen; zuvor waren diese tabuisiert. Es setzt eine allmähliche Rationalisierung des Lebens ein, und Religiosität wird zur Privatsache – ein Prozess, den Max Weber als „Entzauberung der Welt“ beschrieb.

„Das eigene fremde Land“ ist in allen Gesellschaften implizit gegenwärtig. Neben dem negativen Bild des kulturell und gesellschaftlich Fremden erzeugt jede Gesellschaft auch ein positives Objekt des „Fremden“ –mit seinen Wundern, seinen übernatürlichen Kräften, seinem besonderen Habitus und seiner Askese jenseits des Menschenmöglichen wurde der Heilige in den Augen der anderen zu einer höchst angesehenen Figur.

Was das Verhältnis von Zentrum und Grenze, von Fremdheit im In- und Ausland betrifft, so kam es in Europa nach dem Fall von Konstantinopel 1453 zu einer Akzentverschiebung. Europa beginnt, sich gegen die türkische Bedrohung zu verteidigen; auf dem Kontinent steht eine kulturelle und religiöse Neuordnung auf der Agenda. Es gilt auch anzumerken, dass bereits in der Spätantike Auseinandersetzungen mit asiatischen Nomaden in Osteuropa, insbesondere auf den Gebieten der Ukraine, Russlands und Polens, eine bedeutende Rolle spielten. Sie wurden im Mittelalter zu einem Faktor der zivilisatorischen Entwicklung, als sich Gemeinschaften durch die Bekämpfung von Hunnen, Awaren und Mongolen zu militärischen und frühstaatlichen Formationen verfestigten. Die Geschichte der Kiewer Rus und die Entwicklung der Ukraine sind geprägt von den Widrigkeiten der Steppe, wo agrarische und nomadische Kulturen aufeinandertrafen. Der gemeinsame Konsolidierungsfaktor Europas ist die türkische Expansion des 15. und 16. Jahrhunderts, als sich die Türken allmählich von einem unbekannten Steppenvolk zu einer bedeutenden Militärmacht entwickelten. Peter Millar vermutet, „daß sich erst durch die türkische Bedrohung ein rudimentäres gemeineuropäisches Identitätsgefühl entwickeln konnte“ [4, S. 429], sodass die Rolle der „Fremden“ im Mittelalter und in der Neuzeit auch konstruktiv und kreativ war.

Trotz der Angst, die die türkischen Osmanen den Europäern aufgrund ihrer siegreich geführten Kriege und ihres orientalischen Lebensstils einflößten, kamen beide Parteien rasch zu der politischen Übereinkunft, dass der Handel mit Luxusgütern nicht eingestellt werden sollte. Bücher und Tagebuchaufzeichnungen beschreiben die gefährlichen, exotischen Türken als lüstern und der freien Liebe zugeneigt, was vollständig der verbreiteten Tendenz entspricht, „unerfüllte Sehnsüchte und Wünsche auf die Fremde zu projizieren“ [4, S. 430], die sich bis in die Moderne fortsetzt (Mozart, Die Entführung aus dem Serail, 1782).

Ein anderer Aspekt, der für Europa und seine Grundwerte prägend war, ist das tragische Verhältnis zur jüdischen Nation. Nachdem Granada 1492 von Spanien erobert worden war, stellte man die Juden und muslimischen Moriscos vor die Wahl „Glaube oder Land“. Die zweite Kategorie von „Fremden“ in der christlichen Gesellschaft des Westens sind (nach den Häretikern) die Juden, wie Aaron Gurjewitsch bemerkt [2, S. 299]. Seit dem Spätmittelalter wurden Juden in Europa, und insbesondere in Deutschland, radikal dämonisiert und kriminalisiert; selbst ihre gesetzliche Stärkung durch den Staat konnte die feindliche Haltung der Bevölkerungen, die sich zu Pogromen steigerten, nicht überwinden. Jede gesellschaftliche Krise führt zu einer Suche nach den Schuldigen. Der Antisemitismus erreichte einen Höhepunkt unmittelbar vor dem Beginn der Reformation; eine „fremde“ Minderheit wurde zu einer Art Blitzableiter. Deutsche Historikerinnen und Historiker stellen mit Verbitterung fest, dass die Ideen und die Rhetorik Martin Luthers, der gegenüber Nichtchristen eine aggressive Haltung an den Tag legte, in den 1930er- und 1940er-Jahren von den Nationalsozialisten übernommen wurden [4, S. 433].

Eine andere „Grenze“ des europäischen Bewusstseins bilden die Bevölkerungsgruppen der Roma, die ethnisch wie kulturell immer und überall fremd waren. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, als die Fremden ihren Zauber als „ägyptische Pilger“ allmählich verloren und zum Gegenstand von Vertreibungspolitik wurden, begannen die säkulare Gesellschaft und die Kirche, die Zauberei und die Gewerbe der Roma aggressiv zu diskriminieren.

Vorstellungen von Zentrum und Grenze, Wertvollem und Wertlosen, erhalten durch den tragischen Dialog zwischen Europa und der Neuen Welt eine neue Bedeutung. Die Europäer – die Eroberer der Welt und Vollender der göttlichen Vorsehung – verübten einen blutigen Völkermord und strebten danach, die kulturelle und religiöse Vielfalt des amerikanischen Doppelkontinents dem von ihnen erforschten Raum einzuverleiben. Vor Kolumbus’ Ankunft lebten in der Neuen Welt zwischen 100 und 145 Millionen Menschen; diese Zahl sank innerhalb von zweihundert Jahren um neunzig Prozent. Kolumbus war der erste, der die Methode der Massenerhängungen einsetzte; seine Sonderkommandos löschten ganze Bevölkerungen aus. Die unendliche Grausamkeit der Kolonisatoren war, wenig überraschend, durch die vorangegangene Entwicklung der europäischen Mentalität vorbereitet worden. Der Vatikan, der den Sklavenhandel unterstützte und es lediglich verbot, Christen als Sklaven zu halten, erlaubte es 1366, „die dem Ursprung nach Ungläubigen“ „aus dem Land und der Rasse der Ungläubigen“ zu verkaufen, selbst wenn diese zum Christentum bekehrt worden waren. Der Grundsatz, dass die Sklaverei zu rechtfertigen sei, wandelte sich von einem religiösen zu einem ethnischen Prinzip, und dies bedeutete ein Schritt in Richtung Genozid. Die medizinische und philosophische Theorie des „geteilten und ungläubigen Ursprungs“, die Paracelsus Anfang des 16. Jahrhunderts formulierte, behauptete, dass Afrikaner und die indigene Bevölkerung Amerikas nicht von Adam und Eva abstammten, sodass diese folglich … keine Menschen seien.

Das europäische Bewusstsein, europäische Werte und europäische Identität entstehen also durch eine scharfe – bis hin zur Auslöschung reichende – Abgrenzung von anderen, nichteuropäischen Gemeinschaften und Ethnien. Ein Mensch, der im Hinblick auf seine Hautfarbe, seine Religion oder seinen Status anders ist, fungiert als eine Art Auslöser der Selbstidentifikation und der Abgrenzung, um sich selbst zu definieren und allzu oft dem Anderen Schuld zuzuweisen. Daher waren antijüdische Stimmungen im Spätmittelalter und in der Neuzeit weit verbreitet, um wirtschaftliche Mitbewerber auszuschalten; den Roma warf man soziale Probleme und Armut vor; türkischen Menschen schrieb man eine exotische Erotik zu, um sein eigenes verborgenes Begehren abzuwehren, und amerikanische Ureinwohner wurden ermordet, um das eigene Selbstwertgefühl als Christen und Kinder Adams hochzuhalten.

Die tragische Erfahrung des 20. Jahrhunderts ist eine grausame Geschichte der Kämpfe zwischen verschiedenen „Ismen“, die auf der Unterscheidung zwischen dem „Eigenen“ und dem „Fremden“ beruhen. Im 21. Jahrhundert lässt sich die Gewalt gegenüber ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchteten meistens durch die Frustration im eigenen Umfeld, durch individuelle Unzufriedenheit erklären. Die Haltung gegenüber Fremden als Element der Kultur hat sich im Vergleich zu früher verändert, „doch ist die Funktion des Fremden als solche bis heute weitgehend die gleiche geblieben: es dient als Projektionsebene nicht zugelassener Wunschphantasien und als Ziel anders kaum auslebbarer Aggressionen.“ [4, S. 446]

Die Einzigartigkeit einer Kultur entsteht aus der Haltung gegenüber dem „Fremden“; das Bewusstsein beginnt mit einer Differenzerfahrung, die Koordinaten liefert, einen Raum für Bedeutungen erzeugt und dadurch das Selbstbewusstsein, die Existenz und Kultur der Menschen ermöglicht. Der Dialog mit dem „Anderen“ ist von entscheidender Bedeutung; er erinnert daran, sich zwischen dem Eigenen und dem Fremden hin‑ und herzubewegen. Man zerstört eine Kultur, wenn der oder das „Fremde“ zusammen mit dem Raum der Bedeutung vernichtet wird. Eine oder einen „Fremden“ anzuerkennen, ihm oder ihr näherzukommen, ihn oder sie zu berühren, trägt hingegen zur Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit und Kultur bei. „Per aspera ad astra“ kann man daher aus meiner Sicht mit „Durch den Fremden zu sich selbst“ übersetzen.

Die Philosophie und Kulturwissenschaften des 20. und 21. Jahrhunderts haben über die Kategorien von ZENTRUM_GRENZE und von EIGENEM_FREMDEM nachgedacht und wichtige Diskurse entwickelt, um auf der Grundlage dieses Paradigmas kulturelle Überlegungen, Bewusstsein und Werte aufzubauen. Edmund Husserl formulierte in seinen Cartesianischen Meditationen (1931) das Problem des „Fremden“ als eine Frage der Intersubjektivität. Wir sind ständig auf der Suche nach dem „Fremden“ neben uns, und wenn wir den Unterschied zu ihm wahrgenommen haben, versuchen wir, ihn zu verstehen, das heißt, ihn anzunehmen. Wenn kein Verständnis erreicht werden kann, wird „fremd“ zu „feindlich“. Es ist unmöglich, die Schwelle der „Fremdheit“ ein für allemal zu überwinden; doch es gibt ein gewisses Maß an Verständnis, bei dem sich etwas „Fremdes“ bis zu einem gewissen Punkt in ein verständliches „Etwas vom Eigenen“ transformiert. Dieses Thema wird in den Werken von Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre (die Idee der Abwendung von der Innerlichkeit als Dialog mit dem „Fremden“), Maurice Merleau-Ponty und Emmanuel Lévinas sowie in den Theorien von Jacques Lacan weiterentwickelt. Die Berücksichtigung gewisser psychoanalytischer Überlegungen zur Beziehung zwischen dem Eigenem und dem Fremden finden sich auch in Julia Kristevas Buch Fremde sind wir uns selbst. Andere Untersuchungen über den „Fremden“ verlagern die Debatte in einen ethischen Kontext; die Verantwortung für einen „Fremden“ oder eine „Fremde“, der Dialog mit ihm/ihr, die Feindseligkeit und deren Überwindung sind zentrale Motive in den Überlegungen von Bernhard Waldenfels. Im Raum zwischen dem Bewusstsein und der Welt, dem „Ich“ und dem „Fremden“, zwischen einem kulturellen Feld und einem anderen, überlagern und verbinden sich die Vektoren der Kommunikation von Call-and-Response. Lévinas (Die Zeit und der Andere [1946] 2003; Ethik und Unendliches [1982] 1996; Zwischen uns. Versuche über das Denken an den Anderen [1991] 1995) spricht von der Verantwortung für den „Anderen“ als eine für die menschliche Subjektivität grundlegende ethische Idee: „‚Ichʻ bin in dem Maße ich, in dem ‚ich‘ verantwortlich bin […] für die Handlungen des Anderen, bis zur Erlösung.“ [7] Die intersubjektive Haltung ist immer asymmetrisch, wenn der „Andere“ allein durch die Tatsache seiner/ihrer Existenz meines Eingreifens bedarf, ohne dafür Dankbarkeit oder eine Belohnung zu versprechen: „Das Ich hat immer ein Mehr an Verantwortlichkeit als alle anderen.“ [6, S. 76]. Beginnend mit dem Moment der Begegnung wird ein „Anderer“ jemand, für den ich Verantwortung tragen muss; doch er/sie ist nicht dazu verpflichtet, dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Das Ersuchen des „Anderen“ geht einem bilateralen Diskurs auf der Grundlage von Gleichheit voraus. Die wesentliche Haltung gegenüber dem ersten Menschen, dem man begegnet, ist Erbarmen, Liebe und Verantwortung; das heißt, dass die barmherzige Liebe entscheidend ist.

Zu den Vertretern einer dialogischen Richtung der Philosophie und Kulturwissenschaften gehören unter anderem Martin Buber, Franz Rosenzweig, Michail Bachtin und Wladimir Bibler; sie beschäftigen sich mit dem Verhältnis zwischen der „eigenen“ Kultur mit der Kultur eines  [B1] „Anderen“ oder eines „Fremden“. „Kultur ist nur dann Kultur, wenn sie personalisiert ist, wenn die Kommunikation zwischen den Kulturen durch die Kommunikation von Persönlichkeiten stattfindet“, schreibt Bibler [1, S. 8]. Die Achse des „Eigenen – Fremden – Anderen“ erklärt die Komplexität von Phänomenen wie der Personalisierung, der Kommunikation und des Dialogs zwischen den Kulturen, die postmoderne Philosophen, insbesondere Gilles Deleuze, unter positivem Vorzeichen aufgezeigt haben.

Die Funktionsweise und Entwicklung einer Kultur beruhen auf einem spezifischen Typus menschlicher Handlungen, die auf eine Transformation des Selbst abzielen. Die „Selbstheit“ des Menschen, die aufgrund von vorhandenen kulturellen Bedeutungen und Formen überbordend ist und von W. Malachow als „Subjektivität“ definiert wird, sorgt dafür, dass das Streben nach kultureller Entwicklung erhalten bleibt. Subjektivität manifestiert sich durch die Präsenz eines anderen Subjekts und aktualisiert sich durch die Koexistenz und Interaktion mit diesem. Es zeigt sich, dass das Paradigma des intersubjektiven Dialogs für die Kultur ontologisch von grundlegender Bedeutung ist. Das kreative Potenzial, die intensive Sozialisation und die kulturelle Kompetenz einer Persönlichkeit werden im Grunde definiert durch die Effizienz ihrer Kommunikationen und die Qualität ihrer Dialogerfahrungen, ihrer Erfahrung einer Beziehung zu „anderen“.

Der Mensch ist ein Akt, keine Fakt; seine Existenz geht immer über Grenzen hinaus. Der Mensch ist eine Ansammlung von Ereignissen, wie Merab Mamardaschwili schrieb: „ […] wir sind gar nicht da […] Wir sind danach.“ [8, S. 342]. Ein menschliches Wesen sollte nie in seinen Anstrengungen nachlassen. Das Bewusstsein wird bestimmt durch seine Anstrengungen, die auch das Bemühen um die Kommunikation und Interaktion mit anderen einschließen.

Für Paul Ricœur (Das Selbst als ein Anderer, 1996) beruht die Entwicklung der Persönlichkeit auf dem Prinzip und der Technik der „Selbstentfremdung“; das heißt, dass „die Andersheit nicht von außen her zur Selbstheit hinzukommt […], sondern daß sie zum Sinngehalt und zur ontologischen Konstitution der Selbstheit gehört“ [10, S. 382]. Dabei handelt es sich um eine komplizierte Persönlichkeitsstruktur, deren Funktionsweise auf dem Mechanismus des inneren Dialogs beruht. Der Mensch sollte das Universum des Gewissens und des existenziellen Bewusstseins wiederherstellen; zahlreiche Texte aus dem Bereich der Kultur erzeugen einen Mechanismus und ein bedeutendes Feld der eigenen Wiederherstellung, indem sie Archetypen von Weltanschauungen, stereotypische Verhaltensweisen, Symbole, Werte und Fertigkeiten produzieren und fördern. Die Kreativität eines Individuums besteht nicht nur in der Aneignung kultureller Texte, sondern vielmehr in einer Aktivität, die auf dem Call-and-Reply-Prinzip beruht; die verinnerlichten kulturellen Bedeutungen kehren „unabhängig subjektiviert“ – das heißt überarbeitet und angereichert mit individuellen Erfahrungen aus der Interaktion mit anderen – in das Feld kultureller Bedeutungen zurück.

Der Mythos der Grenze erzeugt immer auch den Mythos der „Grenzperson“, des Außenseiters. Außenseiter leben, abhängig von äußeren und inneren Umständen, im ewigen Exil, leiden unter mangelnder Anpassung oder Parasitentum, oder sie werden zu Visionären und charismatischen Führungspersönlichkeiten. Visionäre „brechen die Erstarrung der Tradition auf und gründen neue ethnische Einheiten“, schrieb Lew Gumiljow, und Michail Bachtin ergänzte, dass Kultur an der Grenze zwischen Kulturen entsteht. Auch Tamotsu Shibutani [11, S. 314–317], einer der Begründer der Marginalitätstheorie, zeigte das kreative Potenzial der Marginalität auf: Individuen und soziale Gruppen können gleichermaßen als Innovationsquellen dienen. Marginalität lässt sich als ein Verzweigungspunkt beschreiben, an dem ein System mit einer Wahlmöglichkeit konfrontiert ist.

Die Menschheit begann mit der Grenze und dem großen symbolischen Feld des Zentrums, dessen Sakralität die Grenze und die Grenzperson in etwas Profanes transformierte, in einen Außenseiter, der angeblich „nicht allzu real“ war, „nicht wirklich existierte“, und daher ethisch verdächtig war, weil die positive Aura des Zentrums ihn oder sie nicht erreichte [9, S. 99]. „Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen?“ lautete das jüdische Sprichwort, das die Leute zitierten, als sie von einem Prediger aus der Provinz hörten, der später Jesus Christus werden sollte. Ein Außenseiter ist ein Mensch aus einem Grenzgebiet und einer Übergangszeit. Epochenschwellen und Zeitalter der Außenseiter: Nicht Peter der Große, sondern sein Zeitalter machten aus Alexander Menschikow ohne adelige Abstammung einen Vertrauten des Zaren und einen Feldmarschall; nicht Lenin, sondern sein Zeitalter besetzte Ministerposten mit Matrosen, also Außenseitern, und machte Köche zu Parlamentariern. Die Renaissance ist „die Zeit der ‚Pig Kingsʻ, die sich selbst zu Kirchenoberhäuptern erklären, der Eroberer, Piraten, Bastarde und ‚Selbsternanntenʻ, das Goldene Zeitalter der Außenseiter“, schreibt M. Nowikowa [9, S. 104].

Der dramatische Widerspruch des Marginalen ist es, eine „Person zweier Kulturen“ zu sein, ein bikultureller Bewohner am „Scheideweg“ eines Staates oder Kulturraums. Ein bikultureller Mensch hat oft eine doppelte Selbstidentifikation, eine neue doppelte Ethnizität – die marginal ist und die eine Definition oder Verwirklichung von verschiedenen Ethnizitäten in verschiedenen Kontexten vorsieht. Der massive geopolitische „Auflösungsprozess“, der Anfang der 1990er-Jahre in Osteuropa stattfand, war kein rein politischer oder konfessioneller Aufruhr; es war ein Aufruhr von bi-/polykulturellen Menschen. Die Nationen – deren Bevölkerungen nicht „die eigenen Leute“ waren, da sie keine gemeinsame Religion oder Sprache, Augenform oder Tradition hatten – versuchten, ihre eigene Existenz zu definieren und, ausgehend von den Rändern, in einen neu geschaffenen Kulturraum aufzubrechen, um diesen von den Randgebieten oder Provinzen in ihre eigene „heilige Mitte“ zu transformieren.

Auf welche Weise wird die Mitte profaniert und die profane Grenze geheiligt, und warum ist eine marginale Person nicht nur eine Zerstörerin, sondern zugleich eine kreative Person? Die Erforschung von Marginalität besteht nicht nur darin, zeitgenössische soziokulturelle Prozesse/Objekte (Migrationen und Migranten, ethnische Minderheiten, Subkulturen etc.) zu untersuchen; die Einflussbereiche marginaler kultureller Felder erstrecken sich heute über Nationalstaaten, Wertsysteme, ethnische Klischees und psychische Persönlichkeitsstrukturen. Auch sollten wir das kreative Potenzial von Marginalität wahrnehmen, da der Außenseiter eine zentrale Figur für den Kontakt zwischen verschiedenen Kulturen und die Gestaltung einer neuen globalen Welt ist. Er/Sie operiert dort, wo sich Kulturen überlagern; er/sie ist eine bikulturelle Person, ein kulturelles Hybrid, das oft eine doppelte Selbstidentifikation aufweist und eine neue doppelte Ethnizität entwickelt hat – eine Person, welche die Verwirklichung verschiedener Ethnizitäten in verschiedenen Kontexten vorsieht. Wenn man sich für den Dienst an der Idee der Nation nicht zugunsten der Selbstbehauptung, sondern zugunsten der Kultur entscheidet, dann ist die Nation nur noch ein Aspekt unter anderen.

Der Mythos von Europa ist eine Geschichte der Prägung von Werten. Reale und imaginäre Grenzen stecken zuerst Wertbereiche ab und werden erst danach auf Territorien übertragen. Die europäische Identität ist immer noch ein strittiges Konzept; die Ukraine der zurückliegenden Jahre, in der Definition von Timothy Snyder „die Poesie Europas“, scheint die Grenze des Raums europäischer Werte zu markieren. Julia Kristeva [3] schreibt: „Nachdem wir uns den Dogmen der Identität bis zum Blutvergiessen gebeugt haben, zeigt sich allmählich ein europäisches Wir. Sei es auch nur, weil Europa der Barbarei erlegen ist – dies gilt es nie zu vergessen und stets weiter zu ergründen –, sich damit aber besser auseinandergesetzt hat als andere, trägt es eine Identitätsvorstellung und ‑praxis in die Welt, die als fragende Besorgtheit daherkommt. Wir haben einen Punkt erreicht, an dem es möglich ist, das europäische Erbe anzunehmen und es als Mittel gegen identitäre Spannungen zu denken: die unsrigen und solche aller Art.“
 

 
Dr. Natalia Kryvda, ist Professorin am Lehrstuhl für Ukrainische Philosophie und Kultur an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew
Akademische Direktorin der Edinburgh Business School (Eastern Europe)
an der Heriot-Watt University, UK


 
Literaturangaben
 
Библер В. С. О сути диалогизма / В. С. Библер // Вопросы философии. — 1989. — № 7. — С. 7—8. — (Диалог и коммуникация — философские проблемы : материалы "Круглого стола"). [W. S. Bibler, „Über den Sinn des Dialogismus“, in: Fragen der Philosophie, Nr. 7, 1989, S. 7 f. – Dialog und Kommunikation – philosophische Probleme: Beiträge des Podiumsgesprächs.]
Гуревич А. Я. Культура и общество средневековой Европи А. Я .Гуревич— М. : Искусство, 1989. — 368 с. [A. Y. Gurevich, Die Kultur und Gesellschaft im mittelalterlichen Europa in der zeitgenössischen Rezeption, M: Kunst, 1989, S. 368.]
Julia Kristeva, „Homo Europaeus: Existiert eine europäische Kultur?“, aus dem Französischen von Astrid Näff, in: Europa. Die Zukunft der Geschichte, hrsg. von Cathérine Hug in Zusammenarbeit mit Robert Menasse, Ausst.-Kat. Kunsthaus Zurüch, Zürich 2015, S. 88–93, hier S. 89.
Albrecht Classen, „Neuzeit“, in: Europäische Mentalitätsgeschichte. Hauptthemen in Einzeldarstellungen, hrsg. von Peter Dinzelbacher, Stuttgart: Kröner 1993, S. 429–450.
Harry Kühnel, „Mittelalter“, in: Dinzelbacher 1993 (wie 4,), S. 415–428.
Emmanuel Lévinas, Ethik und Unendliches. Gespräche mit Philippe Nemo, aus dem Französischen von Dorothea Schmidt, hrsg. von Peter Engelmann, Graz/Wien: Böhlau 1986.
< > Lévinas, „Philosophie, Justice et Amour“, in: Esprit, Nr. 80/81, Aug./Sept. 1983, S. 8–17.Мамардашвили М. К. Картезианские размышления / М. К. Мамардашвили. — М. : Прогресс, 2001. — 352 с. [M. K. Mamardaschwili, Kartesische Meditationen (Januar 1981), 2. Auflage. М: Progress 2001, S. 352.]
Новикова М. Міфи та місія / М. Новикова. — К. : Дух і Літера, 2005. — 432 с. [M. Nowikowa, Mythen und Mission, Duh і Litera 2005, S. 432]
Paul Ricœur, Das Selbst als ein Anderer, aus dem Französischen von Jean Greisch, München: Fink 1996.
Tamotsu Shibutani, Social Processes. An Introduction to Sociology, Berkeley/Los Angeles/London: University of California Press 1986.
Dagmar Stutzinger, „Antike“, in: Dinzelbacher 1993 (wie 4.), S. 400–415.
 [B1]alien = anderer
stranger = Fremder