Gesellschaft Grundeinkommen: Ein Leben ohne finanziellen Druck

Mehr Zeit und mehr Geld, so der Wunsch der meisten Menschen. Weniger Zeit, weniger Geld, so die Realität. Das bedingungslose Grundeinkommen könnte das ändern. Schon 1000 Euro im Monat würden uns aus der finanziellen Abhängigkeit holen. 

Von Lisa Winter

Grundeinkommen © Flickr
Im reichen Deutschland leben immer mehr arme Menschen. Statistiken zufolge war im vergangenen Jahr ein Fünftel der Deutschen von Armut betroffen. Auch die Zahl der Kinder, die in Armut leben müssen, stagniert seit Jahren bei zirka 20 Prozent. Ähnlich ist die Lage für Rentnerinnen und Rentner, ihre Armutsgefährdungsquote lag 2018 bei etwa 15 Prozent. Eine faire, soziale und unabhängige Alternative muss her: Ein fixer monatlicher Betrag von 1000 Euro könnte die Existenz sichern und die Freiheit aller Bürgerinnen und Bürger stärken. Das bedingungslose Grundeinkommen würde unsere Gesellschaft gerechter machen und es jedem und jeder Einzelnen ermöglichen am sozialen Leben teilzuhaben.

Armut. Als Alleinerziehende gehört meine Mutter zu einer der am stärksten gefährdeten Gesellschaftsgruppen. Bis zu meinem 18. Lebensjahr waren wir auf Sozialhilfeleistungen angewiesen, Geld hatten wir nur für das Nötigste. Meine Mutter verdiente nicht genug, mein Vater zahlte keinen Unterhalt. Klassenfahrten, Urlaube und Kindergeburtstage waren ein Luxusgut, auf das wir lange sparen mussten. Dabei zählt nach heutigem Verständnis auch gesellschaftliches Miterleben zum Grundbedarf eines Menschen –  das finanzielle Minimum muss soziale Teilhabe ermöglichen. In Realität verbrachte ich die Nachmittage bei meinen Großeltern, weil meine Mutter zu Überstunden gezwungen war, um uns ein gutes Leben zu finanzieren. 1000 Euro extra im Monat hätten sie entlastet. Sie hätte nicht wählen müssen,  zwischen einem Nachmittag mit ihrem Kind im Park, oder Geld zu verdienen für die nächste Klassenfahrt.

Mehr Zeit ist der Wunsch der meisten Menschen, die an der Verlosung von mein-grundeinkommen.de teilnehmen. Ein gemeinnütziger Verein sammelt per Crowdfunding, um einem*einer glücklichen Gewinner*in ein Jahr lang monatlich 1000 Euro auszuzahlen – ohne Bedingungen. Die Teilnahme an der Verlosung ist kostenlos.

Dem Verein zufolge haben bereits 388 Menschen das Bedingungslose Grundeinkommen gewonnen. Auf der Webseite können Interessierte nachlesen, was die Gewinner*innen mit dem Geld gemacht haben. Gabi zum Beispiel spart das Geld für einen Schüleraustausch ihrer Kinder, möchte ihre Schulden zurückzahlen und „meinem Sohn ein E-Piano kaufen und mir einen super Friseurbesuch spendieren“.

Das bedingungslose Grundeinkommen kann nicht nur dabei helfen, Lebensträume zu verwirklichen, sondern Existenzen sichern. Bei Alleinerziehenden sowie bei pflegenden Angehörigen. Der Barmer Pflegereport von 2018 meldet: 2,5 Millionen der pflegenden Angehörigen in Deutschland sind überfordert und gestresst. Grund dafür seien zum einen die körperliche und psychische Belastung, zum anderen litten pflegende Angehörige massiv unter finanziellen Sorgen. Nur etwa ein Drittel aller Betroffenen gehe arbeiten, jede*r Vierte habe seine*ihre Arbeit aufgrund der Pflege reduzieren oder aufgeben müssen.

Etwa 12 Stunden täglich sind die meisten der Angehörigen beschäftigt: mit Medikamentenversorgung, Hilfe bei Essen, Mobilität und Hygiene. Etwa 20 Prozent der für den Barmer-Report Befragten haben Zukunfts- und Existenzängste. Expert*innen und Betroffene fordern schon lange eine Entlastung der pflegenden Angehörigen. Das bedingungslose Grundeinkommen wäre eine gerechte Antwort. Es ist die Basis, auf der sich alle Bürger*innen selbstbestimmt und unabhängig in die Gesellschaft einbringen können. Allein aus ethischen und sozialen Gründen ist es unabdingbar, wirtschaftlichen Reichtum zu verteilen – auf alle Mitglieder unserer Gesellschaft.